LK 1031, 2678 375/1 288 990. Höhe 480 m.
Datum der Grabung: 22.3.-6.4.2022, tageweise.
Neue Fundstelle. Ungeplante Notgrabung (Neubau Tennisplatz).
Grösse der Grabung ca. 1300 m².
Grab

Die Funderwartungen waren gering, als das Baugesuch für einen neuen Tennisplatz des Tennisclubs Schleitheim eingereicht wurde. Im Umfeld befand sich eine 1898 entdeckte, nicht genauer lokalisierbare bronzezeitliche Fundstelle. Darum begleitete die Kantonsarchäologie den Humusabstoss. Mehrere Pfostenstellungen, die wenig prähistorisches und römisches Fundmaterial enthielten, konnten schnell abgehandelt werden. Vier kreisförmige Bodenverfärbungen mit Glas, Keramik, Metall und kalzinierten Knochen erforderten jedoch mehr Aufmerksamkeit. Sie stellten sich als römische Brandschüttungsgräber heraus.
Die vier Grabgruben lagen in einer Südwest-Nordost ausgerichteten Reihe mit rund 3.5 m Abstand zueinander. Gemeinsam war allen vier Gräbern, dass sie im Zentrum eine Urne mit verbrannten menschlichen Knochen enthielten und dass die Grabgrube verfüllt war mit einem Gemisch aus Holzkohle, kalzinierten Knochen, angeschmolzenem Glas- und Buntmetallobjekten, verbrannter Geschirrkeramik und Dutzenden von Schuhnägeln. Im Detail zeigten sich Unterschiede im Grabbau.
Das westlichste gefasste Grab verfügte über eine trichterförmige Eintiefung im Zentrum der Grabgrube. Auf deren Sohle war ein scharfkantiger, kreisrunder Abdruck sichtbar. Die unterste Verfüllungsschicht bestand aus Holzkohle und kalzinierten Knochen. Der Leichenbrand dürfte in einem nicht erhaltenen, hölzernen Behältnis beigesetzt worden sein.
Das benachbarte Grab enthielt eine rechteckige Eintiefung. Darin befanden sich in einem im Grundriss quadratischen Bereich der Leichenbrand und ein Balsamarium aus opakem, hellblauem Glas (Abb. 47). Angrenzend an diese zentrale Eintiefung, in der offenbar ebenfalls eine Urne aus organischem Material niedergelegt worden war, bildete die Grabgrube eine Art Nische aus. Diese war - wie die restliche Grube - mit den eingesammelten Kremationsresten verfüllt und enthielt zudem einige gedrechselte Spielsteine aus Bein.
Die Grube des dritten Grabs reichte nur rund 25 cm tief in den Boden. Die Urne bestand aus einem in Form geblasenen Glasgefäss aus hauchdünnem, bläulichem Glas mit vertikalen Rippen und einem umgeklappten, aufgelegten Rand. Das Glas war bei der Auffindung stark zerscherbt, obschon die Bestattenden Gegenmassnahmen getroffen hatten. Die Urne stand auf einer grossen Amphorenscherbe und war mit drei weiteren Scherben überdeckt (Abb. 48). Der ursprüngliche Hohlraum war mit eingespültem Feinsediment verfüllt. Rund um diese 'Kapsel' mit der Urne lagen die verbrannten Beigaben. Darunter befand sich eine angeschmolzene Glasscherbe mit einer Bodenmarke und den Buchstaben 'GRAT'. Dies identifiziert sie als Bruchstück einer Vierkantflasche mit der Inschrift 'SALVIUS GRATUS' aus einer oberitalienischen Werkstatt, die im 1.-2. Jh. n. Chr. über eine Filiale in Augsburg verfügte.
Das östlichste Grab war durch den Bagger im oberen Bereich gestört. Von der Urne, einem zylinderförmigen, eher dickwandigen, türkisfarbenen Glas, hatte sich nur der untere Teil mit dem Leichenbrand erhalten. Sie stand leicht schräg in einer kastenartigen, zentralen Eintiefung.
Das Fundmaterial ist noch nicht gewaschen und bestimmt. Einzig die Glasurnen wurden restauriert und zusammengesetzt. Bereits jetzt steht fest, dass die Verstorbenen mit ihrer persönlichen Ausstattung und mehreren Keramik- und Glasgefässen verbrannt worden sind.
Die vier Gräber liegen rund 500 m nordöstlich des Vicus Iuliomagus und ca. 250 m südwestlich des Gutshofes 'Brühl'. Die Gräber könnten somit zur Kleinstadt oder zur Villa gehört haben. Sie dürften an der Römerstrasse gelegen haben, die am Vicus vorbei Richtung Hüfingen führte. Von einer Strasse wurde auf der Bauparzelle nichts gefunden. Bislang waren aus dem Umfeld von Iuliomagus lediglich vier Gräber bekannt, die schlecht erhalten und spärlich ausgestattet waren. Diese befanden sich südwestlich ausserhalb des Vicus. Die vier neu entdeckten Brandgräber werfen deshalb ein helles Licht auf die Bestattungssitten sowie auf die Einwohnerinnen und Einwohner von Iuliomagus oder die Villenbesitzer.

Archäologische Funde: Glas, Geschirrkeramik, Amphorenscherben, Buntmetall, Eisen, Spielsteine aus Bein.
Anthropologisches Material: kalzinierte Knochen.
Probenentnahmen: Sämtliches Erdmaterial aus den Grabgrubenverfüllungen
Datierung: archäologisch. Römische Zeit, 2. Jh. n. Chr.
KASH, K. Schäppi.