LK 1134, 2727 441/1 220 305. Höhe 744 m. Datum der Grabung: 7.-11.3.2022. Bibliografie zur Fundstelle: Legler-Staub, F. / Laur-Belart, R. / Grüninger, I. (1960) Ein frührömischer Wachtposten bei Filzbach auf dem Kerenzerberg. JbHist.Ver. Glarus 59, 5-32; Laur-Belart, R. / Legler-Staub, F. / Grüninger, I. (1960), Ein frührömischer Wachtposten auf dem Kerenzerberg bei Filzbach (GL). US 24,1, 3-24; Roth-Rubi, K. / Schaltenbrand Obrecht, V. / Schindler, M. P. / Zäch, B. (2004) Neue Sicht auf die «Walenseetürme». Vollständige Fundvorlage und historische Interpretation. JbSGUF 87, 33-70; Martin-Kilcher, S. (2021) La présence romaine dans les Alpes au Ier siècle av. J.-C. In: G. L. Gregori / R. Dell'Era (Hrsg.) I Romani nelle Alpi. Storia, epigrafia e archeologia di una presenza. Studi umanistici 51, 157-185. Roma; Schwarz, P.-A. (2022) Jahresbericht der Vindonissa-Professur 2021. Jber. GPV 2021, 97-106 bes. 104-105 und mit Abb. 2; 10. Geplante Sondierung (Abklärung Erhaltungszustand und Umfang der archäologischen Substanz infolge Bauvorhaben). Grösse der Grabung ca. 30 m². Wachturm/Befestigung.

Der Wachturm Filzbach-Vordemwald (Abb. 39), ein Denkmal von nationaler Bedeutung (KGS-Nr. 2689), ist durch ein Bauvorhaben gefährdet. Die Vindonissa-Professur (VP) wurde deswegen von der Hauptabteilung Kultur des Kantons Glarus gebeten, zusammen mit ProSpect GmbH einen aktualisierten, georeferenzierten Gesamtplan zu erstellen und archäologische Vorabklärungen vorzunehmen. Dies nachdem die VP im Rahmen eines Forschungsprojekts zu den Alpenfeldzügen Roms bereits umfassende Archivrecherchen zu den sog. Walenseetürmen vorgenommen hatte. In den Jahren 1955-1960 fanden unter der Leitung von Fritz Legler-Staub und Rudolf Laur-Belart mehrere Sondierungs- und eine Grabungskampagne statt. In den Vorberichten (Legler-Staub et al. 1960; Laur-Belart et al. 1960) wird der festgestellte Turm in frührömische Zeit datiert und in Zusammenhang mit den Anlagen auf dem Biberlikopf und der Strahlegg gebracht. Aufgrund der heute kontrovers diskutierten Datierung und Funktion kommt den drei Walenseetürmen nach wie vor eine wichtige Bedeutung in der Erforschung der frührömischen Okkupation zu (Roth-Rubi u. a. 2004; Martin-Kilcher 2021). Hauptgegenstand der im März 2022 durchgeführten Sondierungen waren die Flächen im Inneren des Turms bzw. im Keller der Liegenschaft Kerenzerbergstrasse 102. Zusätzlich wurden die konservierte Nordmauer des Turms vom Bewuchs befreit und dokumentiert und die Umgebung mit Metalldetektoren abgesucht. Die Nordmauer befindet sich - wie sich nach dem Entfernen des Bewuchses zeigte - in einem guten Zustand; Sanierungsbedarf besteht nur im unteren, d.h. antiken Teil der Mauerschale. Neu ist die Beobachtung, dass sie als Hangstützmauer konzipiert war. Überraschend ist die gute Erhaltung des in den Archivalien und Grabungsberichten erwähnten, aber unterschiedlich bezeichneten römischen Mörtelgussbodens. Wie wir heute wissen, bezieht sich die Bezeichnung «Terrazzoboden» auf den nur noch partiell erhaltenen Feinabrieb, die Bezeichnung «Scherbenboden» auf die als Zuschlag verwendeten Amphorenfragmente. Entgegen der Hypothese Laur-Belarts, der eine Zisterne postulierte (Laur-Belart in: Legler-Staub et al. 1960, 14), handelt es sich um den Fussboden des Erdgeschosses. Fundmaterial kam bei den Sondierungen kaum zum Vorschein. Erwähnenswert sind sechs römische Schuhnägel, die bei den Metalldetektorprospektionen in der Umgebung des Turms gefunden wurden. Sie passen - soweit feststellbar - in das Typenspektrum der Funde vom Septimerpass. Vorrömische oder mittelalterliche Funde kamen weder bei den alten noch bei den neuen Untersuchungen zum Vorschein. Die Frage, ob der Turm (lange) vor, während oder unmittelbar nach dem historisch überlieferten Alpenfeldzug im Jahr 15 v. Chr. errichtet worden ist (vgl. zuletzt Martin-Kilcher 2021), lässt sich also nach wie vor nicht mit Sicherheit beantworten. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die neuen Untersuchungen gezeigt haben, dass das archäologische Potential im Bereich des Wachturms nach wie vor erheblich ist. So steht u. a. fest, dass die antiken Nutzungshorizonte und der Mauerschutt im Süden und Osten noch in situ erhalten sind. Im Bereich des Parkplatzes sind wahrscheinlich auch die Westmauer und der dazugehörige Mörtelboden von jüngeren Eingriffen weitgehend verschont geblieben. Letzteres trifft auch auf die nicht unterkellerten Teile der Liegenschaft zu. Diese dürften - wie Martin Schindler bereits 1987 festgehalten hat - «fundträchtig» sein (Landesarchiv Glarus, PA 132-1-3-3/10).

Archäologische Funde: Keramik, Eisen, Glas (mehrheitlich neuzeitlich). Faunistisches Material: Knochen (wohl neuzeitlich). Probenentnahmen: Mörtel und Verputz. Sonstiges: Schuhnägel, römisch. Datierung: archäologisch. Römische Zeit (wohl augusteisch). Vindonissa-Professur, N. Hertig.