LK 1185, 570 300/192 200, Höhe 453-460 m.
Datum der Grabung: 3.3.-2.6.1999.
Bibliographie zur Fundstelle: C. Bursian, Aventicum Helvetiorum. MAGZ XVI, 1867, 14; Fouilles (et réfections) de l'Association Pro Aventico. BPA 3-14, 1890-1944; E. Secretan, Aventicum, son passé et ses ruines 72-80. Lausanne 1919; G.Th. Schwarz, Die Kaiserstadt Aventicum, 60-66. Bern 1964; H. Bö- gli, Aventicum, La ville romaine et le musée. GAS 19, 1984 (1989², 19963), 30-33; J.-P. Dal Bianco et al., Le théâtre d'Aventicum sur le devant de la scène, Aventicum. Nouvelles informations de l'Association Pro Aventico 1998, 3; J. Morel, BPA 40, 1998, 211f.; J. Morel, JbSGUF 82, 1999, 280; G. Matter et al., Das römische Theater von Avenches, Sondierungen 1998/1999. BPA 41, 1999 (in Vorb.).
Geplante Sondierungen, 2. Etappe (Neugestaltung Bereich römisches Theater Avenches). Untersuchte Fläche ca. 320 m².
Theater, Strasse, Siedlung, Befestigung.

Die Sondierungen bildeten die Fortsetzung und den Abschluss der 1998 begonnenen Sondierungskampagne zur Untersuchung der vorhandenen archäologischen Substanz in und um das römische Theater von Avenches im Hinblick auf eine beabsichtigte Neugestaltung dieses Bereichs. Mit rund 20 Sondagen von unterschiedlichen Dimensionen wurde dieses Jahr insbesondere die Zone süd-westlich des Monuments - an der Aussenseite der halbrunden Umfassungsmauer und des westlichen aditus - sowie innerhalb des Monuments im westlichen aditus und in der orchestra untersucht. Ausserdem wurden im deambulatorium und in einzelnen vomitoria Abklärungen hinsichtlich der theaterzeitlichen Gehniveaus im Innern des Bauwerks vorgenommen.
Beim Theater selber handelt es sich nicht um einen homogenen Baukörper, vielmehr ist die Konstruktion heute ein Konglomerat von verschiedenen Umbauten und Reparaturen. Hinweise auf derartige Baumassnahmen fanden sich in beinahe allen Sondagen, in denen originale Mauerteile des Theaters freigelegt wurden. Es ist anhand dieser punktuellen Beobachtungen und ohne detaillierte Bauuntersuchung unmöglich, allgemeingültige Aussagen zur offenbar komplexen Geschichte des Bauwerks zu machen.
Spuren einer vortheaterzeitlichen Besiedlung fanden sich ausschliesslich im Bereich ausserhalb des Theaters. Es handelt sich dabei um Reste von Stein- und Holz/Lehmkonstruktionen, die auf eine Überbauung mit einfacheren Wohnbauten am leicht ansteigenden Hang im 1.Jh. n. Chr. hindeuten.
In der 2. Hälfte des 1. Jh. wurde eine Strasse angelegt, die östlich des späteren Theaters in südlicher Richtung schräg den Hang hinaufführte.
Am Beginn des 2. Jh. n. Chr. wurden die Bauten dieses Quartiers westlich der besagten Strasse im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Bauplatzes abgebrochen und mit der Errichtung des Theaters begonnen. Dieser zeitliche Ansatz erschliesst sich aus den Datierungen des Fundmaterials aus den Fundamentgruben und aus den z.T. massiven Planien, die im Zusammenhang mit der Konstruktion des Monumentes stehen. Besagte Planien bestehen zumindest teilweise aus Abbruchschutt der vortheaterzeitlichen Bauten.
In den Sondagen im westlichen aditus und der orchestra fanden sich keinerlei Spuren einer vortheaterzeitlichen Besiedlung. Die Konstruktionsplanien zum Theater liegen direkt auf dem natürlich anstehenden Sediment auf. Offenbar wurden hier beim Bau des Theaters massive Terrainabsenkungen vorgenommen.
Im Zusammenhang mit dem Theater wurde eine weitere Strasse gebaut, die in den Sondierungen südlich und südwestlich des Monuments nachgewiesen wurde. Sie mündet höchstwahrscheinlich in die oben angesprochene, schräg den Hang hinauf in Richtung Süden verlaufende Strasse. Damit war eine Wegverbindung gewährleistet, die hinten um das Theater herum führte. Dieser Weg scheint bis mindestens in die 1. Hälfte des 3. Jh. n. Chr. begangen worden zu sein, wie Funde aus den Benutzungsschichten belegen. Im Bereich vor und im Innern des Theaters (aditus, orchestra) sind die theaterzeitlichen Gehhorizonte grösstenteils nicht mehr vorhanden, sie lagen etwas höher als das aktuelle Gehniveau.
Ausserhalb des westlichen aditus wurde ein Zerstörungshorizont gefasst, der für eine zumindest partielle Zerstörung des Theaters spricht. Münzfunde ergeben einen terminus post quem von 260 n. Chr. für dieses Ereignis. Damit endete jedoch die Belegung des Theaters noch nicht, hingegen änderte sich dessen Nutzung. Ein offenbar um das gesamte Monument herum laufender Graben (Breite ca. 5-8 m, Tiefe ca. 2-3 m) spricht für eine Befestigung des Theaters. Bei den Münzfunden aus den Schichten, die in Zusammenhang mit der Benutzung dieses Verteidigungsdispositivs stehen, handelt es sich v. a. um Prägungen des Gallien, Postumus und Tetricus, also aus den 60er- und 70erJahren des 3. Jh. n. Chr. In zwei Sondagen waren in der Verfüllung des Grabens Planien zu beobachten, die aufgrund des in ihnen enthaltenen Fundmaterials aus Siedlungszusammenhang stammen dürften. Sie lieferten Keramik und zahlreiche Münzen aus dem 4.Jh. Die Schlussmünze, eine Prägung des Gratian (378-387), belegt eine Siedlungstätigkeit im Stadtgebiet von Aventicum bis mindestens ins letzte Viertel des 4.Jh. n. Chr.

Datierung: archäologisch; numismatisch. 1.-4.Jh. n. Chr.
Fondation Pro Aventico, G. Matter.