LK 1068, 621226/265144. Höhe 273 m. Datum der Grabung: 2.4.-31.10.2012 (Lehrgrabung: 11.6.-20.7.2012). Bibliografie zur Fundstelle: JbAS 90, 2007, 168f.; 95, 2012, 191f.; L. Berger, Führer durch Augusta Raurica? Basel 2012; T. Tomasevic-Buck, JbAK 4, 1984, 83-87; 5, 1985, 278-293; 8, 1988, 1727.27-30; U. Müller JbAK 10, 1989, 181-184; U. Müller et al. JbAK 28, 2007, 101-108; 30, 2009, 237f.; C. Grezet et al. JbAK 33, 2012, 58-93; 34, 2013 (im Druck). Forschungs- und Lehrgrabung (mittel- bis längerfristiges Bauprojekt von Mehrfamilienhäusern, 2. Etappe). Größe der Grabung 482 m². Siedlung

Während der zweiten Etappe (von vier geplanten) wurden wieder 18 Studierende der Universität Basel (Vindonissa-Professur) für ein sechswöchiges Feldpraktikum in die laufende Ausgrabung integriert. Da wir nach wie vor keine komplett zusammenhängende Fläche dokumentiert haben, werden hier nur einzelne Befunde oder Funde vorgestellt, obwohl die Siedlungsdynamik in diesem Quartier immer klarer wird. Die drastische Abnahme der Schichtmächtigkeit gegen Süden ist auf große Erdverschiebungen zwischen der 2.H. 3.Jh. und der Spätantike/dem Frühmittelalter zurückzuführen. Der Grund hierfür ist unbekannt. Jedenfalls führten die Bewegungen dazu, dass von der Steinbauperiode im Großen und Ganzen bloß noch die Fundamente erhalten sind.

Die 2011 oberflächlich freigelegte und im Bericht im JbAS 2012 als Schmiede-Esse interpretierte Struktur entpuppte sich als kleiner Ofen. Er war Teil einer kleinen Werkstatt (Abb. 22), die durch ein kleines Pultdach geschützt war, das ursprünglich an die Lehmfachwerkwand im hinterhofseitigen Teil des ältesten Holzbaus angelehnt war. Die zahlreichen Fragmente von orangefarbenen, irdenen Venus- und Taubenstatuetten sowie von noch unbestimmten gebrannten Tonflechtwerken in den Ofenverfüllungen sprechen für eine lokale Produktion solcher im Normalfall in Mittelgallien aus Pfeifenton hergestellten Objekte.

Die je nach Parzelle zwei bis drei Holz- und Lehmfachwerkbauzustände waren gut erhalten und somit auch einfach zu fassen. Allen gemeinsam ist die Konstruktion auf Balkenlagern, die in den meisten Fällen aus massiven Kalkbruchsteinen bestanden. In seltenen Fällen war sogar noch ein letzter Rest der aufgehenden Lehmwand mit Kalkendverputz zu erkennen. Die angetroffenen Böden waren sehr verschieden: Oberkante einer älteren lehmigen Planie, Lehmestrich, Kiesboden und in einem Fall ein Mörtelgussboden. Als Inneneinrichtungen sind die zahlreichen Feuerstellen und ein noch gut erhaltener Kamin zu erwähnen.

In der Kampagne von 2012 kam die Heizkammer eines dritten Töpferofens innerhalb des Grundrisses eines etwa um die Mitte des 3.Jh. aufgegebenen großen Steingebäudes zutage. Wenn man die vielen anderen Öfen in der näheren Umgebung berücksichtigt, muss man von einem eigentlichen Töpfereibezirk sprechen, der sich im Bereich der ehemaligen Überbauung etablierte. Man muss somit von einer Verlagerung, bzw. von einer Verkleinerung der Unterstadt von Augusta Raurica ab den ersten Jahrzehnten des 3.Jh. ausgehen.

In einem Sodbrunnen wurden (zurzeit noch schätzungsweise) mehr als 100.000 Keramikscherben, darunter zahlreiche Fehlbrände, entsorgt. Es ist unbestritten, dass sie aus einer oder mehreren der Töpfereien stammen, auch wenn man den genauen Produktionsstandort (noch) nicht kennt. Die Auswertung und Analyse der riesigen Fundmasse wird uns auf alle Fälle mehr über das Produktionsspektrum der Keramik aus Augusta Raurica lehren. Der um die Mitte des 3.Jh. verfüllte Sodbrunnen ist bisher der einzige unserer Grabungsfläche, der vollständig geleert wurde, da dies mit viel Aufwand verbunden ist. Der untersuchte Brunnen reicht 14 m tief in den Boden hinein, wovon etwa 10 m durch den anstehenden Fels gehauen sind. Das Grundwasser ist heute konstant; im Brunnen sind stets 1.30 m Wasser vorhanden. In der Verfüllung fanden sich nebst vielen Scherben auch das Skelett einer jungen Frau, mehrere Skelettteile von Kleinkindern, ein Dutzend Hundeskelette und etwas mehr als 60 Münzgussförmchen.

Archäologische Funde: Keramik, Glas, Bronze, Eisen, Blei, Silber, Knochen, Baukeramik, Stein, Münzen; im Römermuseum Augst. Faunistisches Material: unbestimmt; im Römermuseum Augst. Probenentnahmen: Schlämmproben, Mikromorphologieproben, nicht untersucht; im Römermuseum Augst. Datierung: archäologisch; numismatisch. Mitte 1.Jh.-Frühmittelalter. KA AG, Ausgrabungen Kaiseraugst, C. Grezet.