LK 1091, 2699 115/1262680. Höhe 474 m.
Datum der Grabung: 9.2.2015-12.2.2016.
Bibliografie zur Fundstelle: Th. Pauli-Gabi/Ch. Ebnöther/P. Albertin, Ausgrabungen im Unteren Bühl. Die Baubefunde im Westquartier. Ein Beitrag zum kleinstädtischen Bauen und Leben im römischen Nordwesten. Beiträge zum römischen Oberwinterthur - Vitudurum 6. Monogr. Kantonsarchäologie Zürich 34. Zürich/ Egg 2002; B. Hedinger/F. Hoek/R. Janke et al., Ausgrabungen auf dem Kirchhügel und im Nordosten des Vicus 1988-1998. Beiträge zum römischen Oberwinterthur - Vitudurum 9. Monogr. Kantonsarchäologie Zürich 35. Zürich/Egg 2001.
Geplante Notgrabung (Bauprojekt). Grösse des untersuchten Areals 350 m².
Römischer Vicus.

Für eine geplante Neuüberbauung wurde ein älteres Wohnhaus an der Lindbergstrasse 1 abgerissen sowie ein Parkplatz zu einem Restaurant an der Römerstrasse aufgehoben. Das Areal befindet sich im sogenannten Nordquartier des Vicus, unmittelbar gegenüber dem Zentrumsquartier auf dem heutigen Kirchhügel. Der südöstliche Rand der Grabungsfläche ist rund 30 m von der Vicus-Hauptstrasse entfernt. Somit liegt das untersuchte Gelände im Bereich der Hinterhöfe der auf diese Strasse ausgerichteten Streifenhäuser sowie einer unmittelbar dahinter liegenden Reihe von Gebäuden, die um die Mitte des 2. Jh. in Stein errichtet worden waren.
Zu den ältesten Strukturen im Areal gehören zahlreiche Gruben, die über das ganze Grabungsgelände verteilt waren. Ihre Durchmesser betrugen zum Teil mehrere Meter, einige hatten eine Verschalung aus Holz. Sie könnten u.a. der Materialentnahme für den Bau der ersten Strassen (Kies) und die Errichtung der ältesten Gebäude mit Flechtwerkwänden (Lehm) in ihrer Umgebung gedient haben. Die Verfüllung bestand durchwegs aus organischem Material, das schon während der römischen Zeit, aber auch noch später allmählich zersetzt wurde. Dieser Prozess führte zu einem teilweise sogar senkrechten Absacken der jüngeren Siedlungsschichten über den Gruben, was das Verfolgen von Schichtverläufen während der Ausgrabung enorm erschwerte. Dafür blieben in den Gruben Schichten aus der Zeit bis über die Mitte des 3. Jh. hinaus erhalten, die sonst bei jüngeren Bodeneingriffen entfernt worden wären und im Vicus vielerorts fehlen.
Im Verlauf des 1. Jh. n.Chr. entstanden entlang der Vicus-Hauptstrasse Streifenhäuser mit einer Länge bis zu 45 m. Das hofseitige Ende eines solchen Holzgebäudes wurde an der Lindbergstrasse 1/Römerstrasse gefasst. Da der Bau abgebrannt war, blieben diverse Schwellbalken in verkohlter Form erhalten. Zur Raumausstattung gehörten Mörtelböden und zum Teil mit bemaltem Putz dekorierte Wände. In einem Raum fand sich eine Herdstelle aus Ziegeln, in einem anderen ein in die Wand eingebauter Ofen. Nordwestlich des Gebäudes stiessen wir im Hof auf Reste eines weiteren, einfacheren Holzbaus. Darin kam ein weiterer Ofen zum Vorschein, der aus Ziegelfragmenten und Lehm aufgebaut war.
Von einem ersten, wohl erst zu Beginn des 2. Jh. hinter den älteren Streifenhäusern teilweise in Stein errichteten Gebäude ist zurzeit nur eine Mauer mit zugehörigem Mörtelboden bekannt.
Gegen die Mitte des 2. Jh. wurde schliesslich das nordwestliche Areal mit einem Steingebäude überbaut, das die ganze Parzellenbreite einnahm. Mörtelböden und bemalte Wände gehörten zur Standardausstattung der Räume. Es wurden mehrere Umbauphasen festgestellt. In der jüngsten, vermutlich bereits im 3. Jh., erhielt der grosse Gebäudekomplex einen hypokaustierten Raum mit Badebecken unmittelbar neben dem zugehörigen Praefurnium. Das zentral gelegene Praefurnium war Teil eines grösseren Bedienungsraums, den weitere kleinere und grössere Räume säumten. Einen anderen Bereich, in dem weder Mörtel- noch Lehmböden beobachtet wurden, darf man vielleicht als offenen Innenhof deuten.

Archäologische Funde: Keramik, Glas, Lavez, Metall, bemalter Wandverputz, Baukeramik.
Faunistisches Material: grosse Mengen an Tierknochen, unbearbeitet.
Probenentnahmen: Holzkohlen für die Holzartenbestimmung, Bodenproben für Archäobotanik/-zoologie.
Datierung: archäologisch; numismatisch. 1.-4. Jh.
KA ZH, M. Roth