LK 1209, 2644805/1178583. Höhe 578 m.
Datum der Bauuntersuchung und Grabung: April/Mai 2016 und Juni-September 2017.
Neue Fundstelle.
Bibliografie zur Fundstelle: V. Herrmann/L. Büchi, Brienz, Ober dorfstrasse 92/94. Ein ungewöhnliches Oberländerhaus des 15./16. Jahrhunderts. ArchBE 2018 (im Druck).
Geplante Notgrabung und Baudokumentation (Umbau und Sanie rung). Grösse der Grabung 50 m².
Siedlung,
Erstmals konnte in Brienz ein Oberländer Haus aus dem ausgehenden Mittelalter untersucht werden. Die westliche Haushälfte war bereits 1984 ohne Untersuchungen für die Nutzung als Geigenbauschule umgebaut worden. Deshalb konzentrierten sich die Forschungen von 2016/17 auf die noch weitgehend intakte Osthälfte. Nach Abschluss der Bauarbeiten sind vom historischen Bestand nur noch Teile der gemauerten Rückwände und das als Blockbau gefügte Giebelfeld erhalten.
Die an einer ganzen Reihe von Hölzern des Blockbaus ermittelten Dendrodaten belegen ein im Kanton Bern bislang nur vereinzelt nachgewiesenes frühes Baudatum. In zwei kurz aufeinander folgenden Bauetappen wurde demnach der alpine Blockbau in den Jahren 1495 und 1498 errichtet. Von der Strassenseite betrachtet, fällt an dem Gebäude zunächst nichts Ungewöhnliches auf. Der breit gelagerte Giebel verläuft wie in der Region allgemein üblich parallel zur Strasse und steht vom Strassenraum leicht zurückgesetzt. Das weit vorspringende, ehemals wohl schindelgedeckte Dach ruht auf mächtigen Blockvorstössen. Vor dem Gadengeschoss wurde nachträglich eine Bühnenlaube eingebaut.
Die gemauerte, zweigeteilte Kellerzone erstreckt sich nur unter der vorderen Gebäudehälfte. Sie war sowohl direkt von der Strasse aus als auch über eine Treppe von der Küche aus zu erreichen. Für traditionelle Bauernhäuser der Region ist dies unüblich. Die hinteren, ebenfalls gemauerten, steinsichtigen Gebäudeteile sind nicht unterkellert und in den sanft ansteigenden Hang gestellt. Bis zum First hinauf sind die Rückwände in Stein errichtet, was wiederum nicht geläufig ist im traditionellen Hausbau des Oberlands (Abb. 53). Im hinteren Hausteil waren auffallend grosszügig mit Herdstellen und Öfen ausgestattete Küchen- oder Gewerberäume untergebracht, die anfangs als nach oben hin offene Rauchräume konzipiert waren, in denen die Rauchgase über den hinteren Teil des Obergeschosses abgeleitet wurden. Wohl ab dem 18. Jh. entstanden hier eine grosse Hütte und danach auch ein Kamin. Über dem Untergeschoss waren im Ursprungsbau zwei unterschiedlich grosse Blockstuben eingerichtet. Der Zugang zu den Wohnräumen erfolgte vermutlich über eine oder zwei Seitenlauben. Davon unabhängig, bestanden auf der Rückseite des Hauses weitere Zugänge zum Küchen- und Gewerbetrakt. Die beiden Gadenkammern im Obergeschoss wurden vermutlich nicht nur zum Lagern, sondern auch zum Schlafen genutzt.
In mehreren Etappen wurde das Gebäude erweitert. Als Erstes erfolgte der Ausbau des Küchenbereichs nach Norden. Im Zuge der Teilung des Hauses fügte man an den beiden Schmalseiten unterschiedlich grosse Anbauten an. Dort wurden nun neue Kellerräume eingebaut. Die besitzrechtliche Teilung in zwei Haushälften erfolgte wohl im 18. Jh. Die Inschrift am Giebel des westlichen Anbaus von 1730 dürfte auf diese Baumassnahmen zurückgehen. Spätere Einbauten in der Osthälfte, wie neue Mauern und ein Kaminzug in der Küche, Wandverstärkungen im Anbau sowie eine Trennwand im Keller und eine neue Laube mit angehängtem Abort schließen die Baugeschichte am Ende des 19. Jh. im Wesentlichen ab. Die ungewöhnliche Anordnung der Räume, der als mehrphasiger Steinbau errichtete Küchen- und Gewerbebereich und der Zugang der Kellerzone über eine Innentreppe deuten auf eine besondere Funktion des Gebäudes hin. Die Liegenschaft befindet sich im näheren Umfeld der Kirche und der dortigen Burg der Herren von Brienz. Zudem führten die Säumerwege zum Brünigpass und zur Grimsel am Haus vorbei. Zu denken ist demnach etwa an einen Gewerbebetrieb zur Versorgung und Unterbringung von Reisenden.
Archäologische Funde: Keramik, Tierknochen.
Probenentnahmen: 37 Dendroproben; eine C14-Probe.
Datierung: dendrochronologisch. 1495/1498 n.Chr. A D B, V. Herrmann.
Brienz BE, Oberdorfstrasse 92/94, Geigenbauschule
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Detail des Fundberichts
Gemeinde
Brienz (BE)
Kanton
BE
Ort
Oberdorfstrasse 92/94, Geigenbauschule
Koordinaten
E 2644805, N 1178583
Höhe
578 m
Signatur Fundstelle Kanton
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Signatur Ereignis Kanton
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Neue Fundstelle
Ja
Probenentnahmen
Holz/Holzkohle
Analysen
14C, Dendrochronologie
Institution
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Datum der Fundmeldung
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Oberfläche (m2)
50 m2
Datum Beginn
01 April 2016
Datum Ende
30 September 2017
Datierungsmethoden
14C, Dendrochronologisch
Autor*in
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Publikationsjahr
2018
Epoche
(Frühe) Neuzeit, Zeitgenössisch, Mittelalter
Art der Fundstelle
Siedlung
Art der Untersuchung
Ausgrabung (Rettungsgrabung)
Archäologische Funde
Keramik, organisches Material (Kleidungsbestandteil)
Knochen
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Botanische Funde
Holz/Holzkohle
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