LK 1207, 614 500/178 910. Höhe 562 m.
Datum der Grabung/Bauuntersuchung: 14.8.-9.10.2000.
Bibliographie zur Fundstelle: R. Glatz/D. Gutscher, Kanton Bern, in: Stadt- und Landmauern. Band 2, Stadtmauern in der Schweiz. Kataloge, Darstellungen. Veröffentlichungen des Instituts für Denkmalpflege an der ETH Zürich, Band 15.2, 88-92. Zürich 1996; Nachträge zu Band 2, 8f. Zürich 1998.
Geplante Untersuchung (im Zuge der Restaurierung).
Größe der Untersuchung ca. 600 m².
Siedlung.
Stadt.

Die Untersuchungen haben gezeigt, dass in der heutigen Mauer eigentlich deren zwei stecken. Folgende Hauptbauphasen lassen sich unterscheiden:
Phase I: In der Mitte des 13. Jh. entstand mit der ersten kiburgischen Stadterweiterung der untere Teil der heutigen Mauer, ab Terrain 7 m hoch, mit einem Zinnenkranz versehen. Die einstige Höhe muss mächtiger gewirkt haben, denn direkt vor der Mauer öffnete sich ein rund 3 m tiefer und 13 m breiter Graben (1974 und 1993 beobachtet), sodass die sichtbare volle Höhe der Mauer rund 9.5 m betrug. Zwischen rechteckigen Mauerfeldern von 1.8 m Breite und 1.25 m Höhe öffneten sich über inneren Brüstungen Verteidigungs-Luken von 1.5-1.6 m Breite. Von besonderer Bedeutung sind drei Besonderheiten im Bauablauf: 1. Auf Höhe 565 m ü.M., d.h. 3 m über heutigem Terrain, fand die Mauer einen provisorischen Abschluss, horizontal und ohne Zinnen. Offenbar hatten es die Erbauer - die Kyburger Grafen - eilig und strebten danach, möglichst rasch eine sichere Höhe zu erreichen; erst in einer zweiten Bauetappe folgte die Errichtung von Zinnenkranz und Wehrgang. 2. Mit der ersten Bauphase der Stadtmauer wurden im Stadtinnern bereits zwei rund 5 m breite Steinhäuser gebaut und 2 m bzw. 2.5 m über die Stadtmauerkrone hochgeführt. 3. Erst nach Vollendung der beiden Steinhäuser wurde in einem dritten Arbeitsgang schließlich der Wehrgang und Zinnenkranz aufgeführt.
Phase II: Im 15. Jh. wurde die Stadtmauer um rund 3 m erhöht und maß nun vom Graben aus rund 12 m. Wie ihr Vorgänger erhielt sie einen Zinnenkranz, allerdings nun mit regelmäßigen Öffnungen und Zinnen von je 1.8 m Breite. Die Wehrhaftigkeit wurde unterstrichen durch den Bau des über fünfeckigem Grundriss - wohl anstelle eines Vorgängers - errichteten Eckturmes (sog. Venner-Zyro-Turm). Als diese Erhöhung realisiert wurde, müssen bereits mindestens fünf Häuser direkt an die Mauerinnenseite angeschlossen haben. Fünf Türöffnungen von Latrinenausgängen - alle rund 7 m über der Grabensohle - wurden beobachtet und im sanierten Mauerwerk als Nischen markiert werden. Sie öffneten sich einst in hölzerne, «rucksackartige» Ausbauten; mit den Exkrementen und dem Unrat wurde der Stadtgraben direkt «beschickt» - eine den Feind sicher erfolgreich abhaltende Präventionsmaßnahme...

Probenentnahmen: Mörtel.
Datierung: archäologisch. Mitte 13. Jh.; 15. Jh.
A D B, D. Gutscher.