LK 1074, 2735 610/1 261950. Höhe 497 m.
Datum der Untersuchung: 21.11.2021.
Dendrochronologische Gebäudeuntersuchung. Gebäude

Die Liegenschaft Schottengasse 7, bekannt unter der historischen Bezeichnung Stiftsamtei, wurde im Sommer einer umfassenden Sanierung unterzogen. Im Rahmen des Umbaus zum Kirchenzentrum wurden bauhistorische und dendrochronologische Untersuchungen durchgeführt, die auch die Restaurierung der alten Bausubstanz unterstützen sollten. Die Freilegung der Holzkonstruktionen in sämtlichen Gebäudeteilen ermöglichte eine vertiefte Probennahme. Es wurden 21 Bauhölzer durch Bohrkernentnahme (Kerndurchmesser 6 mm) beprobt. Ausgewählt wurden Bauhölzer mit möglichst vielen Jahrringen und mit noch vorhandener Waldkante. Die Untersuchung erfolgte an den Deckenbalken der zwei Geschosse, dem Innen- und Aussenfachwerk und dem Dachstuhl. Bei 12 Balken aus dem Dachstuhl und den beiden Geschossen war die Waldkante noch mit Resten von Rindenbast vorhanden.
Es zeigte sich, dass ausschliesslich Tannen (Abies alba) mit Baumaltern zwischen 40 und 80 Jahren verwendet wurden; eine Baumart, die im Thurgau bisher relativ selten für Bauholz nachgewiesen ist. Von den rund 1200 Bauhölzern aus 160 untersuchten historischen Gebäuden des Thurgaus ist die Tanne nur mit etwa 10 % vertreten. Die deutlich am häufigsten genutzte Baumart für Balken und Bretter ist die Fichte (Picea abies) mit 63 %.
Die Jahrringserien von 19 Tannenbalken konnten synchronisiert werden. Die resultierende 79-jährige Mittelwertserie liess sich mit den regionalen Tannenreferenzchronologien aus dem Thurgau, Süddeutschland und dem Kanton Zürich zwischen 1587 und 1665 synchronisieren. Die Ähnlichkeit der Jahrringmuster lässt vermuten, dass alle Bäume zeitgleich in nur einem Waldstandort unmittelbar für den Bau des Gebäudes eingeschlagen wurden. Sehr wahrscheinlich erfolgte die Bauholzversorgung aus einer nahe gelegenen, stiftseigenen Waldung. Damit ergibt sich für die gesamten Holzkonstruktionen - vom Erdgeschoss bis zum Dachstuhl - eine einheitliche Erbauungsphase mit Tannen, die im Winterhalbjahr 1665/66 gefällt wurden.
Aus typologischer Sicht präsentiert sich die Stiftsamtei mit dem liegenden Stuhl im Dachgeschoss mit ausschliesslich gezapften Holzverbindungen als einen für die Mitte des 17. Jh. im Kanton Thurgau klassischen Bau. In Zukunft könnten noch Teile der Aussenmauern im unteren Gebäudeteil für Überraschungen sorgen. Bei Reinigungsarbeiten der rund 1 m dicken östlichen Wand wurde eine Fensterscharte entdeckt, deren Leibung ins Innere des Gebäudes weist. Vermutlich wurden hier Reste eines weitaus älteren Mauerwerks integriert.

Datierung: dendrochronologisch. Neuzeit, 1665/66.
Amt für Archäologie TG.