LK 1070, 2658 274/1 256943 (Mittelpunktkoordinate Wasserleitung). Höhe 380.2 m (OK Deckplatte Wasserleitung im Südprofil).
Datum der Grabung: September 2020.
Bibliografie zur Fundstelle: Trumm, J. (2011) Vindonissa. Stand der Erforschung II. Der zivile Komplex. Jber. GPV, 3-22, bes. 13-15.
Geplante Notgrabung (vor Baggeraushub für Neubau Tiefgarage und Kellergeschoss). Beobachteter Bauperimeter ca. 2000 m²; dokumentierte Strecke der römischen Wasserleitung ca. 43 m.

Sonstiges: Gemauerte römische Frischwasserleitung.

Das römische Vindonissa wurde bekanntlich von zwei Wasserleitungen (aquaeductus oder rivus) versorgt, die größtenteils unterirdisch verliefen. Eine heute noch intakte, wasserführende Leitung nimmt im Bereich der Gemeinde Hausen Grund- und Hangwasser auf und führt es auf einer Gesamtlänge von ca. 2.4 km in den Bereich des ehemaligen Klosters Königsfelden. Dieses monumentale Bauwerk konnte in den letzten Jahren Parzelle für Parzelle unter Denkmalschutz gestellt werden. Bis heute leider nicht unter gesetzlichem Schutz steht die längere, nicht mehr intakte Leitung. Sie alimentierte sich im Bereich zwischen Hausen und Lupfig vermutlich aus einem gestauten Fließgewässer, um das kostbare Nass in einer ca. 3.3 km langen Freispiegelleitung an die Südwestecke des Legionslagers zu führen. Auf ihrem letzten Abschnitt wurde diese Leitung oberirdisch als Aquäduktbrücke weitergeführt, von der bislang etwa 30 Pfeilerfundamente archäologisch nachgewiesen werden konnten.

Im Süden der stark wachsenden Gemeinde Hausen wurde auf einer der letzten unbebauten, zuletzt als Wiesland genutzten Parzelle ein Wohn- und Atelierhaus einer Behinderten-Stiftung geplant. Quer durch den Bauplatz verläuft von Süden nach Norden die genannte, nicht mehr Wasser führende (sog. tote) römische Wasserleitung. Der exakte Verlauf der antiken Leitung auf dem künftigen Bauplatz wurde 2019 durch drei gezielte Baggersondagen ermittelt (Hus. 019.2). Unmittelbar nördlich war die Wasserleitung bereits 1990 durch eine Baubegleitung und Sondage (Hus.90.2/Hus. 90.3), unmittelbar südlich durch eine Notgrabung (Hus.98.1) erfasst worden. Der damals angetroffene Zustand unter einer Überdeckung von Humus und Schwemmlehm war durchwegs gut und die Deckplatten überall erhalten; in der Grabung von 1998 wurde überdies ein Absetz- und Kontrollschacht freigelegt.

Der geplante Neubau umfasst ein großes Kellergeschoss samt Tiefgarage, die an eine 1998 erstellte Einstellhalle anschließen soll. Nach den Sondagen 2019 musste deshalb im Herbst 2020 eine Rettungsgrabung durchgeführt werden, um diesen Abschnitt der toten Wasserleitung vor seiner vollständigen Zerstörung zu dokumentieren.

Die ca. 1.6 m breite und bis zu 1.2 m hohe Leitung wurde im gesamten aufgedeckten Bereich auf einer Länge von ca. 43 m nur wenige Dezimeter unter dem Wiesland in vollkommen intaktem, ungestörtem Zustand angetroffen (Abb. 30). Schächte waren nicht vorhanden, ebenso wenig Zu- oder Ableitungen. Andere archäologische Befunde fehlten ebenfalls, sodass keine stratigraphischen Anhaltspunkte für eine exaktere Datierung des Bauwerks vorliegen. Die OK der zumeist aus Braunem Jura (Dogger) gesetzten Deckplatten lag im Norden des Grabungsareals bei 380.12 m ü. M., im Süden bei ca. 380.2 m ü. M. Eine über die Deckplatten eingebrachte Schicht von tonigem Lehm diente offenbar als zusätzlicher Schutz vor verschmutztem Sickerwasser. Ein ähnlicher Lehm war auch an den vertikalen Baugrubenwänden der Kanalwangen vorhanden. Die mit Terrazzomörtel verkleidete Kanalsohle wies von Süd nach Nord ein Gefälle von ca. 2.8 Promille auf, also 28 cm Höhendifferenz auf 100 Metern Fließstrecke.

An zwei Stellen wurde kleinteiliger römischer Ziegelbruch flächig zwischen den steinernen Deckplatten angetroffen. Daraus stammt ein gestempelter Ziegel der 11. Legion, die zwischen ca. 70 und 101 n. Chr. in Vindonissa stationiert war. Möglicherweise wurde hier eine antike Flickstelle in der sicher schon zuvor, wohl von der 13. Legion, erbauten Wasserleitung erfasst.

Nach Dokumentation und Entnahme von Gesteins- und Sedimentproben musste dieser hervorragend erhaltene Abschnitt der toten Wasserleitung leider vollständig dem Neubau weichen, was einen weiteren Teilverlust dieses bislang nicht unter Denkmalschutz stehenden Monuments bedeutet.

Archäologische Funde: Römische Ziegelbruchstücke, einer mit Stempel der 11. Legion.
Probenentnahmen: Gesteinsproben; mikromorphologische Probe.
Datierung: Archäologisch. Römisch, 1. Jh.n. Chr.
K A A G, J. Trumm.