LK 1067, 611 430/260 370. Höhe 303 m.
Datum der Grabung: Oktober-Dezember 2014.

Bibliografie zur Fundstelle: R. Marti, Zwischen Römerzeit und Mittelalter. Forschungen zur frühmittelalterlichen Siedlungsgeschichte der Nordwestschweiz (4.-10. Jahrhundert). Archäologie und Museum 41 A, bes. 278 f.; B, 222-240, Taf. 246-262. Liestal 2000; R. Marti, «Luteo operi, sine quo tamen non transigetur» Frühmittelalterliche Keramik im Spiegel gesellschaftlicher und kulturräumlicher Veränderungen in der Nordwestschweiz. In: G. Graenert/R. Marti/A. Motschi et al. (Hrsg.) Hüben und drüben - Räume und Grenzen in der Archäologie des Frühmittelalters. Festschrift Max Martin. Archäologie und Museum 48, 191-215. Liestal 2004; JbAS 96, 2013, 234; www.archaeologie.bl.ch, Rubrik «Fundstellen».

Geplante Notgrabung (Bau eines Mehrfamilienhauses). Grösse der Grabung 1850 m².
Ländliche Siedlung. Töpferofen. Einzelgrab.

Seit 1989 war der Ortskern von Reinach wiederholt Schauplatz grossflächiger Notgrabungen. Sie zeigen, dass hier seit dem mittleren 6. Jh. kontinuierlich gesiedelt wurde. Das neu untersuchte Areal liegt am mutmasslichen Nordrand, westlich der Grabung Gemeindezentrum (2001) und östlich der Grabung Brunngasse (2012), wo jüngst der westliche Abschluss der früh- und hochmittelalterlichen Siedlung erfasst worden war.

Die Untersuchungen von 2014 förderten nebst Hunderten von Pfostengruben und einigen Gräben auch die Überreste von sechs Grubenhäusern und eines Töpferofens zu Tage. Das schlecht erhaltene Exemplar passt typologisch gut ins Bild der bereits bekannten kleinen Brennöfen mit kreisrunder Feuerkammer und Mittelzunge. Speziell war eine nur wenig eingetiefte geostete Bestattung inmitten der frühmittelalterlichen Siedlung. Es scheint sich um eine Hofgrablege zu handeln, wie sie verschiedentlich vor allem aus dem späteren 7. und 8. Jh. bekannt sind. Aus den vielen Pfostengruben lassen sich einige Grundrisse ebenerdiger Pfostenbauten rekonstruieren.

Das umfangreiche Fundmaterial stammt hauptsächlich aus den Verfüllungen der Grubenhäuser. In zwei Grubenhäusern des 6. Jh. und der Zeit um 600 fanden sich - wie in analogen Befunden der Grabung Gemeindezentrum - zahlreiche Scherben handgeformter, eindeutig fremdartiger Keramik wohl germanischer Provenienz, darunter eine gerippte Schale. Sie dürften den Zuzug von Personen aus dem Oberrheintal anzeigen. Unter den Knochenresten gibt es klare Hinweise auf Beinverarbeitung. Die vier weiteren Grubenhäuser wurden - soweit schon beurteilbar - im Laufe des 7. und 8. Jh. bzw. um 800 verfüllt. Erwähnenswert ist eine komplett erhaltene eiserne Schmiedezange. Die weitere Auswertung wird zeigen, ob in den übrigen Strukturen noch jüngeres Fundmaterial lag wie in der benachbarten Grabung Gemeindezentrum, wo die Befunde erst nach 1100 abnehmen. Die Neuzeit ist hauptsächlich in Form von Gruben repräsentiert, die in den damaligen Hinterhofbereichen zur Entsorgung von Tierkadavern, Haushaltsabfällen und Bauschutt gedient hatten.

Archäologische Funde: Gefässkeramik, Baukeramik, Metall (u.a. Münzen, Gewandnadel, Schmiedezange), Bein (Kämme, Nadeln), Glas, Schlacken, Tierknochen (auch Werkabfälle); alles noch ungereinigt.
Antbropologisches Material: ein Skelett, unbearbeitet.
Faunistisches Material: Tierknochen, unbearbeitet.
Probenentnahmen: Erdproben, C14 (unbearbeitet)

Datierung: archäologisch. 6.-8. Jh.; Neuzeit
Archäologie Baselland, R. Marti und J. von Wartburg.