LK 1070, 2660 545/1 260 560. Höhe 338.6 m (OK römische Kulturschicht).
Datum der Grabung: Februar/März 2022. Bibliografie zur Fundstelle: JbAS 105, 2022, 267.
Notgrabung vor Neubau EFH. Untersuchte Fläche ca. 600 m². Siedlung.

Im Gebenstorfer Ortsteil Vogelsang wurde im Frühjahr 2022 ein Einfamilienhaus abgerissen und durch vier neue Reiheneinfamilienhäuser ersetzt. Der Bauplatz ca. 2 km östlich des Legionslager Vindonissa liegt in einem Areal mit römischen Siedlungs- und Grabfunden, die erst in den letzten Jahren entsprechende Beachtung fanden. Schon beim Bahnbau 1856 kamen unmittelbar südlich des jetzigen Bauprojekts drei römische Grabsteine von Soldaten der in Vindonissa stationierten 11. Legion und diverse Brandgräber zum Vorschein. Erst 1999 fand man in diesem Areal dann eine weitere römische Brandbestattung. Gut 130 m östlich des Bauprojektes liegt ein ausgedehnter Siedlungskomplex mit römischen Steinbauten, der zwischen 2017 und 2021 geophysikalisch und mit Baggerschnitten sondiert wurde. Nach Abbruch der bestehenden, vollunterkellerten Liegenschaft begleitete die Kantonsarchäologie den tiefreichenden Aushub von ca. 600 m² für die neuen Untergeschosse und Technikräume. Ausgehend von einem Profil entlang der ehemaligen Baugrube wurde eine ausgedehnte römische Kulturschicht auf Niveau ca. 338.6 müM beobachtet und ausschnittweise freipräpariert. Dieser Schicht konnten keinerlei Baubefunde, insbesondere auch keine Brandgräber zugewiesen werden. Sie enthielt auffallend viele unverbrannte Amphorenscherben (ausschließlich Öl-, Wein- und Garum-Typen des 1. Jh. n. Chr.), südgallische Sigillata des 1. Jh. n. Chr., ein feinkeramisches Schälchen vom Typ Vindonissa 226, einige Scherben sog. Legionskeramik, ansonsten aber nur wenige Dachziegel und Knochen. Trotz Einsatz eines Metalldetektors wurden, abgesehen von einem militärischen Gürtelbeschlag des 1. Jh. n. Chr., kaum Metallobjekte gefunden. Beim weiteren maschinellen Abtrag ergaben sich an einzelnen Stellen jeweils Scherbenkonzentrationen, die bei weiterer Präparation aber ohne Besonderheiten blieben. Ein im Profil zunächst als älteste Kulturschicht angesprochener Befund erwies sich in der Fläche als etwa Nord-Süd verlaufendes Gräbchen mit Amphorenscherben und verbrannten Lehmbrocken in seiner Verfüllung. Das Gräbchen könnte funktional zu einer ofenartigen Struktur gehört haben, die in der nördlichen Baugrubenwand gerade noch angeschnitten wurde. Der verhältnismäßig große Erdaufschluss von 2022 ohne eindeutige Hinweise auf römische Brandgräber grenzt die bis heute nur ansatzweise bekannte maximale Ausdehnung der 1856 entdeckten römischen Nekropole östlich der Reuss weiter ein. Zudem scheinen sich die bislang erfassten römischen Steinbauten im östlich liegenden Areal «Steinacher» nicht sehr viel weiter nach Westen erstreckt zu haben. Der Charakter dieser Siedlungsstelle - möglicherweise ein vicus extra leugam des Legionslager Vindonissa - muss vorderhand weiter offenbleiben.

Archäologische Funde: Römische Keramik (v.a. Amphoren, südgallische Sigillata, etwas Legionskeramik), wenige Dachziegel, Beschlag eines Militärgürtels, Bruchstück einer Münze.
Datierung: archäologisch. Römische Kaiserzeit, vorwiegend 2. Hälfte 1. Jh. n. Chr. KAAG, J. Trumm.