LK 1047, 2611 645/1 267 075. Höhe 269 m.
Datum der Grabung: ab 16.10.2018, läuft noch.

Bibliografie zur Fundstelle:
- Helmig, G. (1988) St. Alban-Graben (A) 1986/10. Jber ABBS, 184-191
- Helmig, G. (1988) Schaufenster zur Stadtgeschichte. Basler Stadtbuch, 255-268. Basel
- Allemann, M. (2019) 2018/32 St. Alban-Graben (A) 5/Luftgässlein. Jber ABBS, 49-51.

Ungeplante Notgrabung (Bau eines unterirdischen Parkhauses im ehemaligen Stadtgraben und darüber hinaus). Grösse der Grabung ca. 3760 m².

Siedlung.
Grab
Sonstiges (Stadtmauern, Wasserleitungen).


Der Bau eines unterirdischen Parkhauses im Graben zur Inneren Stadtmauer des frühen 13. Jh. machte eine archäologische Baubegleitung nötig - umso mehr, als das Projekt statt wie zuerst geplant unterirdisch doch obertägig erbaut und sein Perimeter über den Stadtgraben hinaus erweitert wurde. So waren nicht nur Nutzung und Verfüllung des Grabens zu dokumentieren, sondern auch Stadt- und Kontermauer und Reste des antiken Vicus.

Der Aufschluss im Bereich des Vicus ist zu kleinflächig, um ohne Auswertung für sich alleine verstanden zu werden. Fassbar waren mächtige schwarze Schichten, kleinteilige Kieselpflästerungen und Balkengräben. Überraschend war ein Teuchelring in einem Leitungsgraben für Basel wohl der erste antike Nachweis. Auffällig rar war Keramik. Münzen, besonders spätantike, waren dagegen zahlreich und gut erhalten.

Zwei Neonatenbestattungen, die in der Antike ja oft in den Wohnbauten lagen, legen nahe, dass auch hier, deutlich außerhalb des Münsterhügel-Plateaus, noch Häuser standen. Das zeigt, dass sich der Vicus vom Münsterhügel nicht nur nach Osten in die nachmalige St. Alban-Vorstadt hinein erstreckte, sondern auch nach Süden, und erst durch den spätmittelalterlichen Stadtgraben von der bekannteren Siedlung in der Rittergasse abgetrennt wurde.

Der Rest eines spätmittelalterlichen Brandhorizontes ließ sich neben dem Kunstmuseum fassen, ansonsten waren aus dem Mittelalter nur noch Stadtmauer- und Grabenbefunde erhalten. Die Stadtmauer wurde vom Projekt stark beeinträchtigt - immerhin erlaubten es die Bauarbeiten, zahlreiche Maueransichten (aber nur wenige Profile) zu dokumentieren. In der Flucht des heutigen Luftgässleins wurde sie durchschlagen. Hier erinnerte die stadtseitige Schale hinsichtlich Material, Bauweise und Mörtel stark an die Burkhardsche Stadtmauer, während Kern und grabenseitige Schale gleich aussahen wie in den anderen Aufschlüssen der Inneren Stadtmauer. Ob hier wirklich die Vorgängerbefestigung des 11. Jh. so direkt integriert wurde, wird eine Auswertung zeigen müssen.

Die Kontermauer musste dem Projekt komplett weichen und wurde dokumentiert, wobei sich - wie auch an der Stadtmauer - zahlreiche Etappen und Reparaturen fassen ließen. Der Stadtgraben war zum Zeitpunkt seiner «offiziellen» Auffüllung mit Bauschutt im späten 18. Jh. schon mehrere Meter tief mit schwarzem Lehm, wohl Gartenerde, angefüllt. Innerhalb des Grabens kamen zudem ehemalige Einbauten zu Tage, unter anderem eine mehrphasige Aquäduktbrücke der spätmittelalterlich-neuzeitlichen Fliesswasserversorgung des Münsterhügels und ein noch rund 2 m tief erhaltener Latrinenturm einer Liegenschaft, die dahinter innen an die Stadtmauer stößt. Dessen Verfüllung enthielt sehr viele Tierknochen, ein reichhaltiges Geschirrkeramikensemble, v.a. des 15. Jh., und darunter, recht überraschend, das komplette Skelett eines jung ausgewachsenen männlichen Berberaffen.

Beim Abbau von zwei Kanalisationsschächten des 19. Jh. kamen, wie schon 1984 erstmals, Fragmente von jüdischen Grabsteinen der Zeit der ersten Gemeinde zum Vorschein, die nach dem Pogrom von 1349 und der Vertreibung der Juden aus der Stadt zunächst - wie Klammerlöcher zeigen - als Abdecksteine der Kontermauer gedient hatten. Nach der etappenweisen Verfüllung des Stadtgrabenabschnitts zwischen 1786 und 1820 wurden sie in dritter Verwendung in der Überwölbung von Kanalisationsschächten wiederverwendet.

Der untertägige Aushub des Parkhauses wird voraussichtlich erst 2021 abgeschlossen.


Archäologische Funde: u.a. sR-Münzen, MA- und NZ-Keramik, u.a. großes Ensemble aus Latrine.
Anthropologisches Material: 2 römerzeitliche Neonatenbestattungen.
Faunistisches Material: Tierknochen, v.a. aus der Latrine, u.a. komplettes Skelett eines Berberaffen (Macaca sylvanus).
Probenentnabmen: Mikromorphologie (R-Schichten, Stadtgraben), Mörtel- und Steinproben (Stadtmauern), Schlämmproben (Latrinenverfüllung).
Sonstiges: mehrere Fragmente jüdischer Grabsteine der Spätmittelalter-Gemeinde (Friedhof Petersplatz).
Datierung: archäologisch. Römische Zeit, v.a. 1. und 4. Jh. n. Chr.; Spätmittelalter (Stadtmauern 11. und 13. Jh., Brandschutt 14. Jh., Latrine 15. Jh.); Neuzeit (Aquädukt, Grabenverfüllung, Einbauten darin).

ABBS, M. Allemann