LK 1212, 2702572/1176494. Höhe 2820 m. Datum der Dokumentation: 5. und 27.8.2015
Neue Fundstelle. Zufallsfund ohne Ausgrabung. Abbauort. Werkplatz Im Zentralalpengebiet um den Gotthard- und Oberalppass wurden insbesondere in den vergangenen zehn Jahren wiederholt archäologische Fundstellen aus dem Mesolithikum sowie jüngeren Epochen entdeckt, deren lithisches Material eine prähistorische Gewinnung von lokalem Bergkristall bezeugt. Eindeutige und auch datierbare primäre Abbaustellen dieses Kluftminerals waren im hochalpinen Gebiet für die Urgeschichte allerdings bislang unbekannt. Im Herbst 2013 entdeckte der Urner Strahler Heinz Infanger im Bereich der Fuorcla da Strem Sut (2831 m ü.M., Gem. Silenen UR) eine Gesteinskluft mit sehr reichem und qualitätvollem Bergkristallvorkommen. Die halbhöhlenartige Formation war noch bis vor kurzem vom Brunnifirn überdeckt. Erst mit dem Abschmelzen der mächtigen Eismassen im Zuge der gegenwärtigen Klimaveränderung kam die Kluft am aktuellen Gletscherrand zum Vorschein. Die Fundstelle selbst liegt in rund 2820 m Höhe und etwa 60 m nordöstlich der Stremlücke, einem abgelegenen hochalpinen Übergang, der das Bündner Vorderrheintal bei Disentis-Sedrun über das Val Strem und das Brunnital mit dem Urner Maderanertal bzw. über die Fuorcla da Cavardiras mit dem Bündner Val Cavardiras verbindet. Beim Freischmelzen und Ausräumen der Kristallkluft legte der Strahler im Oktober 2013 im vorderen, sandigen und durch den Permafrost gefrorenen Bereich der Fundstelle ein inzwischen völlig zerfallenes Rehgeweih sowie nur wenig daneben im März 2014 die vorzüglich erhaltene, bearbeitete Geweihstange eines Rothirsches frei (Abb. 1). Letzteres Objekt gelangte zusammen mit ebenfalls geborgenen Holzfragmenten (Arve, Pinus cembra) über die Abteilung Natur- und Heimatschutz (Fachbereich Archäologie) des Kantons Uri an Walter Imhof/Muotathal, der die außerordentliche Bedeutung der Funde erkannte und deren naturwissenschaftliche Datierung anregte. Im Frühjahr bzw. Herbst 2015 durchgeführte Radiokarbondatierungen wiesen die Artefakte schließlich ins frühe 6. Jtsd. v.Chr., sodass die wohl als Gezähe eingesetzten Objekte (Strahlerstock?) in Kombination mit dem Auffindungsort auf einen bereits in spätmesolithischer Zeit ausgebeuteten Abbauplatz für Bergkristall schließen lassen. In Abstimmung mit dem Nachbarkanton Uri hat der zuletzt auch verstärkt im Bereich der Gletscherarchäologie agierende Archäologische Dienst Graubünden in weiterer Folge die professionelle Dokumentation dieses außergewöhnlichen Fundplatzes übernommen. Bei einer ersten Begehung mit dem Entdecker am 5.8.2015 war das Gebiet noch teilweise schneebedeckt. Offensichtlich wurde allerdings, dass der originale archäologische Befund total zerstört war und bis auf die schon bekannten Hinweise bedauerlicherweise keine weiteren Informationen oder Funde gewonnen werden können. Drei Wochen später war die Fundstelle völlig eis- und schneefrei und wurde mit einer Kombination aus terrestrischer und Luftbild-gestützter digitaler Vermessung dokumentiert. Dabei wurden auch Proben des ausgezeichnet bearbeitbaren, glasklaren Bergkristalls mitgenommen.
Die obere Surselva und ihre benachbarten Gebiete werden seit langem intensiv und ganzjährig von Strahlern aufgesucht. Der massive Bergkristallabbau sowie das starke Abschmelzen des Gletschereises stellen für mögliche weitere prähistorische Abbaustellen eine große Bedrohung dar. Eine engere bodendenkmalpflegerische Kontrolle und Zusammenarbeit mit den Gemeinden und Strahlern ist daher bereits ab dem Frühjahr 2016 zwingend notwendig. Archäologische Funde: Geweihstange eines Rothirsches (Bestimmung durch J. Schibler, IPNA, Univ. Basel); Holzfragmente (Analysen im Labor für Dendrochronologie, AD GR). Probenentnahmen: Bergkristall. Datierung: C14. ETH-59449, 7030 ± 28 BP (5988-5846 calBC, 2 sigma); ETH-63155, 7060 ± 32 BP (6011-5886 calBC, 2 sigma) ETH-63156, 6991 ± 33 BP (5983-5783 calBC, 2 sigma), Spätmesolithikum, 1. Viertel 6. Jtsd. v.Chr. Im Auftrag der Abteilung Natur- und Heimatschutz UR: ProSpect GmbH, Ch. Auf der Maur; Archäologischer Dienst Graubünden, Th. Reitmaier, Ch. Walser und M. Seifert; Institut für Kulturforschung Graubünden, Projekt kAltes Eis, L. Reitmaier-Naef.
Silenen UR, Stremlücke/Fuorcla da Strem Sut
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Détail de la chronique
Commune
Silenen
Canton
UR
Lieu-dit
Stremlücke/Fuorcla da Strem Sut
Coordonnées
E 2702572, N 1176494
Altitude
2820 m
Numéro de site cantonal
--
Numéro d'intervention cantonal
--
Nouveau site
Oui
Prélèvements
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Analyses
14C
Institution
--
Date de la découverte
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Surface (m2)
--
Date de début
05 août 2015
Date de fin
27 août 2015
Méthode de datation
14C
Auteur.e
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Année de publication
2016
Époques
Paléolithique, Mésolithique
Type de site
artisanal/industriel (usine)
Type d'intervention
découverte fortuite
Mobilier archéologique
matériel organique (outil), matériel organique (objet en bois)
Os
--
Matériel botanique
--
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