LK 1067, 2618 200/1263400. Höhe 287 m. Datum der Grabung: Juni-Dezember 2016.
Bibliografie zur Fundstelle: JbSGU 15, 1923, 102; 39, 1948, 72; JbSGUF 53, 1966/67, 150; 58, 1974/75, 189; 61, 1978, 208; JbAS 90, 2007, 172; 93, 2010, 253; www.archaeologie.bl.ch (Fundstellen; 12.1.17).
Geplante Notgrabung (Überbauung). Größe der Grabung 11000 m². Siedlung (villa).


Die römische Villa in der Flur Kästeli am Westrand von Pratteln gehört zu den bedeutendsten Anlagen ihrer Art im Umland der römischen Koloniestadt Augusta Raurica und ist seit der Mitte des 18. Jh. bekannt. Erste Ausgrabungen fanden in den 1840er-Jahren durch den Basler Altertumswissenschaftler Wilhelm Vischer-Bilfinger statt. 2009 untersuchte die Archäologie Baselland eine große Fläche im Übergangsbereich von der pars urbana zur pars rustica (JbAS 93, 2010, 253). Das Bauvorhaben einer Gerüstbaufirma auf der unmittelbar nördlich liegenden Parzelle rief die Fachstelle 2016 erneut auf den Plan. Auf diesem Areal war bereits 1971 ein großes Wasserbecken (wohl zur Fischhälterung) von 11,5 × 20 m freigelegt worden, dessen Boden komplett mit Buntsandstein-Platten ausgelegt war. Die Anlage - mittlerweile durch mehrmaliges Pflügen des Ackers ziemlich in Mitleidenschaft gezogen - wurde 2016 vor der endgültigen Zerstörung noch einmal untersucht. Dabei wurde eine Zweiphasigkeit in Form einer Erweiterung des ursprünglichen Beckens festgestellt. Wenig östlich davon kamen zwei latènezeitliche Gruben zum Vorschein, welche die einzigen vorrömischen Befunde darstellen. Die betroffene Fläche erlaubte eine eingehende Untersuchung der westlich anschließenden pars rustica. Anhand der Befunde lässt sich das Areal in zwei Zonen unterteilen. Die südlichere brachte lediglich zahlreiche Pfostenlöcher zum Vorschein, die teilweise beachtliche Durchmesser von bis zu 90 cm hatten. Aufgrund der Anordnung und der Stärke der Pfosten können in diesem Bereich eine Weide für Großvieh (Pferde?) sowie mindestens drei Holzbauten postuliert werden. Östlich davon trat eine mit Lehm abgedichtete große, rechteckige Grube zu Tage. Sie wurde als Einrichtung zur Dungreifung identifiziert, wie es der römische Agrarwissenschaftler Columella in seinem Werk über die Landwirtschaft (De re rustica) empfiehlt. Im nördlichen Teil standen mindestens drei Ökonomiegebäude mit zwei Sodbrunnen. Besonders erwähnenswert ist ein langgezogener Steinbau von rund 50 m Länge und 10 m Breite. Der größte Teil dieses Gebäudes bestand aus einer Halle, lediglich im Osten war ein Raum mit den Maßen 6 × 10 m abgetrennt. Eine erste Durchsicht der Funde legt den Schluss nahe, dass der Bau im 3. Jh. als Nachfolger eines älteren Gebäudes errichtet wurde und schon nach wenigen Jahrzehnten abbrannte. Genutzt wurde es vermutlich sowohl für Werkplätze (Spuren von Bronzeguss) als auch als Stall. Auf letzteres weisen rechteckige, flache Gruben hin, die als Aussparungen für Holzpodeste zur Aufstallung von Kleinvieh gedeutet werden. Eine erste Durchsicht der Funde bestätigt die in der Auswertung der Grabung von 2009 postulierte Belegungszeit vom 1. Jh. bis ins 4. Jh. Zu den Spitzenfunden der aktuellen Grabung gehört ein goldener Prunkfingerring des 3. Jh. (Abb. 36). Er dürfte in den bürgerkriegsartigen Wirren in der Zeit des Gallischen Sonderreichs (260-274) im Boden versteckt worden sein.


Archäologische Funde: Gefäßkeramik, Metall, Glas, Baukeramik, Schlacke, Stein. Faunistisches Material: Tierknochen (unbearbeitet). Probenentnahmen: C14; Erdproben; sedimentologische Proben; unbearbeitet. Datierung: archäologisch. Latènezeit; 1.-4. Jh. n.Chr. Archäologie Baselland, A. Fischer und J. von Wartburg.