LK 1070, 658 250-658 290/259 240-259 300. Höhe ca. 350.30 m. Datum der Grabung: 3.3.-11.12.2008. Bibliografie zur Fundstelle: Jber. GPV 1909/10, 4f.; 1911/12, 101-120; 1956/57, 75; 2000, 62f.; 2002, 44-46; 2003, 52f.; 2005, 71f.; 2006, 90-93; ASA N.F. 9, 1907, 313; 12, 1910, 105-107.215; 14, 1912, 101-120; Jber.SGU 1, 1908, 83; 2, 1909, 102; 5, 1912, 181 183; JbAS 2007, 177f.; 2008, 211f. Geplante Notgrabung (Campusüberbauung Vision Mitte). Grösse der Grabung ca. 2000 m². Siedlung (vicus/canabae).

Eine der diesjährigen Grabungsflächen lag beidseits der Strasse nach Augusta Raurica (Augst/Kaiseraugst) und nördlich der Strasse nach Aventicum (Avenches), die, 2007 untersucht, durch das zivile Quartier (vicus) führten, das dem Legionslager Vindonissa im Nordwesten vorgelagert war. Zu den frühesten Anlagen römischer Zeit ist ein Urnengrab zu zählen, das am Rand der Zivilsiedlung zum Vorschein kam. Es lag inmitten eines Grabgartens, südlich der Strasse nach Augusta Raurica, in der gleichen Reihe wie die 2007 weiter westlich erfassten Gräber. Sie bilden den Anfang der bekannten Gräberreihe entlang der Alten Zürcherstrasse, die durch die Altstadt von Brugg führte. Hier dürfte eine stark mediterran geprägte Bevölkerungsgruppe ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Bemerkenswert ist, dass man später, ohne Rücksicht auf die Gräber zu nehmen, einen grossen Platz anlegte. Bevor das Gelände beidseits der Strassen überbaut wurde, legte man zahlreiche Gruben an, um die anstehenden Kiese abzubauen. Diese wurden wohl zum Bau oder zur Ausbesserung der Strassen verwendet. Da man anschliessend die Gruben mit Holz und organisch durchsetztem Siedlungsabfall verfüllte, müssen sie für die spätere Überbauung ein grosses Problem dargestellt haben. In den Senken über den Gruben blieben späte Schichten erhalten, die ausserhalb vollständig der Erosion zum Opfer gefallen waren. Vom zivilen Quartier wurden in der Fortsetzung der 2006 erfassten Häuserzeile nördlich der Strasse nach Augusta Raurica weitere vier Häuser freigelegt. Sie stellen die letzte Ausbauphase dar und dürften auch die ersten Bauten gewesen sein, die im 2. Jh. n. Chr. aufgelassen wurden. Die langgezogenen Häuser stiessen mit der Schmalseite an die Strasse und waren von dieser durch eine Portikus zu betreten. Anders als 2006 waren keine Steinbauten vorhanden. Die Häuser bestanden aus Lehmfachwerk. Hinter den Häusern kamen zahlreiche tiefe Gruben zum Vorschein, die Holzeinbauten aufwiesen und mehrheitlich zur Vorratshaltung von Lebensmitteln dienten. Eine von ihnen ist als Latrine anzusprechen. Neben Koprolithen kamen auf dem Grund 29 Münzen zum Vorschein, die sich ursprünglich wohl in einem Beutel befunden hatten. Kleinere und weniger tiefe Gruben dienten wohl gewerblichen Zwecken, etwa als Einweichbottiche von Gerbereien. In einigen waren deutliche Abdrücke von Holzfässern zu sehen. Pfostengräbchen belegen, dass dieser gesamte Bereich in mehrere Hinterhöfe unterteilt war, die den einzelnen Häusern zugeordnet waren. Auch südlich der Strasse nach Augusta Raurica kamen mehrere Häuser zum Vorschein, deren ebenfalls mit zahlreichen verschalten Gruben ausgestatteten Hinterhöfe an die nach Aventicum führende Strasse grenzten. Weiter wurden einige mit Steinen ausgekleidete Schächte freigelegt, die ebenfalls der Vorratshaltung dienten, aber aufgrund der Funde später, ins späte 2. und frühe 3. Jh., zu datieren sind. Bemerkenswert ist, dass fast jedes dieser Häuser einen gemauerten Keller aufweist, von denen man drei schon 1911 entdeckt hatte. Keller im Hausinnern sind in unserem Gebiet selten. Vielleicht lebte hier eine aus dem nördlichen Obergermanien zugezogene Bevölkerung, zu deren Bautradition derartige Keller gehörten. Die Häuser waren bis ins frühere 3. Jh. bewohnt. Ausserdem wurden zahlreiche Objekte des täglichen Lebens und verschiedener Gewerbe (Gerberei, Schmieden, Textilherstellung, Wagner) geborgen.

Archäologische Funde: u.a. Keramik, Hammerschlag und Schmiedeschlacken, Münzen. Anthropologisches Material: Urnengrab mit Leichenbrand. Faunistisches Material: Tierknochen. Probenentnahmen: Schlämmproben; Proben für Mikromorphologie. Datierung: archäologisch. 1.-3. Jh. n. Chr. KA AG, C. Schucany und H. Flück.