LK 1172, 2690435/1 195 320. Höhe 435 m.
Datum der Bauuntersuchung: Mai-November 2016 (tageweise).
Datum der Grabung: 18.7.-9.8./25.8./6.9.2016.
Neue Fundstelle.
Bibliografie zur Fundstelle: H. Gasser, Die Kunstdenkmäler des Kantons Uri II, Die Seegemeinden, Kunstdenkmäler der Schweiz 78, 61-138. Bern 1986; P. Garnin-Inderbitzin, Das Haus zum Ochsen. Flüelen 1978.
Geplante Bauuntersuchung/Notgrabung (Umbau, Bodenerneuerung). Grösse der Grabung 120 m².
Siedlung.

Der Umbau des ehem. Gasthauses Ochsen (das Haus 1546, als Gasthaus zum „Oxen“ 1595 erstmals schriftlich erwähnt) bedingte sowohl eine bau- als auch eine bodenarchäologische Untersuchung. Zwei Drittel des gesamten Bodens wurden erneuert, während ein Drittel im Hinterhaus belassen wurde.

Dabei ließ sich ein mutmaßlich dreiraumtiefer und 13 m breiter Vorgängerbau nachweisen. Dieser war wie der heutige Bau mit dem Giebel nach Süden zur Dorfstraße ausgerichtet, allerdings leicht nach Norden gedreht. Im Süd- wie im Westteil des Vorderhauses waren Mörtelböden festzustellen. Im südlichen Raum deutete ein Lehmfundament auf einen Kachelofenstandort hin.

Reste umgelagerter Ofenlehmfragmente wie Napf- und Tellerkacheln, die typologisch ins 14. Jh. datieren, fanden sich in jüngeren Störungen. Der mit einem Lehmboden ausgestattete Mittelteil beherbergte möglicherweise zwei Feuerstellen, eine ebenerdige und einen abgehobenen Herd, und ist als offene Rauchküche zu verstehen (Abb. 44). Über diesen Raum dürften die beiden anderen Hausteile sowie die oberen Geschosse erschlossen worden sein.

Das Hinterhaus war - zumindest für die Ostseite nachgewiesen - gemauert. Ein Brand hatte den Mittelteil zerstört, wie der stark hitzegerötete Lehmboden, verkohlte Hölzer und Brandschutt belegen. Nach Ausweis einer C14-Datierung von verkohltem Getreide ereignete sich der Brand im 14. Jh. (ETH-72162, 628 ± 23 BP, 1290-1329 AD [38,1 %], 1340-1397 AD [57,3 %]).

Auf den ersten Blick decken sich die Ergebnisse der bodenarchäologischen Untersuchungen räumlich nicht mit den Resultaten der Bauforschung, wohingegen eine zeitliche Übereinstimmung erkennbar ist. Nach dem Entfernen der modernen Wandverkleidungen zeigte sich, dass das Gebäude Teile zweier Blockbauten birgt, die durch eine außerordentlich qualitätvolle Zimmermannsarbeit bestechen. Ein Bau, der hier um 1328 (dendrodatiert) erbaut worden sein dürfte, zeichnete sich durch überdurchschnittliche Dimensionen aus (Breite 13 m, Raumhöhe 2,6 m).

Die 8,8 × 6,3 m große Stube war mit einer Bohlen-Balken-Decke mit gerundeten Balken und Scheiben dekoriert. Der Raum war gegenüber dem Bodenbefund leicht abgedreht. Der ursprüngliche Standort des zweiten Baus (1327, dendrodatiert) ist unbekannt, er war weniger aufwendig dekoriert, weist aber ebenfalls ungewöhnliche Raumhöhen auf.

Um 1350 (dendrodatiert), womöglich nach dem erwähnten Brand, entstand an der aktuellen Stelle ein 15 × 20 m großer und 2,4 m hoher gemauerter Sockel, auf den ein Balkenrost gelegt wurde. Darauf wurden die beiden Blockbauten gesetzt. Vermutlich reihte sich ein Raumkranz um eine Art Atrium, das die Funktion eines Treppenhauses mit Korridoren hatte, von denen aus die einzelnen Räume erschlossen wurden.

Um 1608 (dendrodatiert) erfolgte ein massiver Umbau, der dem Gebäude seine heutige stattliche Gestalt mit seinem 6 m hohen Dachraum gab: Ab dem zweiten Wohngeschoss wurde ein Riegelwerk mit Mauerwerksausfachung erstellt.

Bemerkenswert sind zudem einige an die Wände geklebte Druckgrafiken sowie die Zeugnisse des Volksglaubens, die von Geisterbanndübeln, über einen in einen Schwundriss gelegten Angelhaken bis hin zu verpflöckten Mensch- und Tierhaaren reichen, die böse Geister oder unliebsame „arme Seelen“ vom Hause fernhalten sollten.

Die Untersuchungen erbrachten zum einen die ältesten bisher bekannten Holzbauten im Kanton (bisher galt das Haus Buchholz in Seelisberg mit dem datierten Baujahr von 1340/43 als ältestes Holzhaus), zum anderen vertiefte Erkenntnisse zu dem in seiner Dimension und seiner Ausstattung beachtenswerten Bau, der mit großer Wahrscheinlichkeit im Kontext des Gotthardtransits stand.

Funde: Geschirr-, Ofen- und Baukeramik, Glas, Metall, Druckgrafiken.
Anthropologisches Material: Menschenhaare.
Faunistisches Material: kalzinierte und unkalzinierte Tierknochen, Tierhaare.
Probenentnahmen: Erdproben, Getreideproben, Holzkohleproben.
Datierung: archäologisch-archivalisch. Spätmittelalter; Neuzeit. dendrochronologisch. 1327/28. - C14. 12.-14. Jh.
Im Auftrag der Abt. Natur- und Heimatschutz des Kantons Uri: BAB Gollnick, Bauforschung - Archäologie - Beratung, U. Gollnick; ProSpect GmbH, Ch. Auf der Maur.