LK 1227, 2619 648/1 163 806. Höhe 718 m.
Datum der Untersuchung: Oktober - November 2019.
Neue Fundstelle.
Bibliografie zur Fundstelle: Amstutz, M./König, K. (2022) Reichenbach, Kientalstrasse 12. Bauernhaus oder Sust? Ein prächtiges Gebäude mit Baujahr 1466. ArchBE 2022 (in Vorbereitung).
Geplante Bauuntersuchung (Umbau des Gebäudes).
Siedlung.

Prächtig thront der stattliche Blockbau am Osthang von Reichenbach, wo die alte Straße durchs Frutigtal zwischen Dorfkirche und Gasthof Bären (1542d) vorbeiführte. Der mächtige dreigeschossige Bau mit drei markanten Heidenkreuzen steht unmittelbar an der Verbindungsstraße vom Frutig- ins Kiental. Dendrochronologisch konnte der Bau nach 1465/66 datiert werden. Geplante Umbaumaßnahmen am Objekt lösten Ende 2019 eine zweimonatige Bauuntersuchung aus.

Das gegen Osten in den ansteigenden Hang eingetiefte Gebäude weist einen Grundriss von 12.5 x 12.5 m Seitenlänge auf. Das Sockelgeschoss und Teile des hangseitigen Stubengeschosses bestehen aus einem in hervorragender Qualität erbauten Bruchsteinmauerwerk. Von Beginn an mit vier Kellerräumen ausgestattet, befanden sich die Zugänge unter einem gewölbten Kellerhals auf der Südseite. Einzig in den nördlichsten und größten Kellerraum, möglicherweise eine Stallung, gelangte man von Westen. Waren die Keller auf der Westseite bereits von äußerst guter Qualität, so steigerte sich dies in den südöstlichen Kellern noch - sie verfügen über Mörtelgussböden sowie Verputzmörtel mit Fugenstrich.

Das Stubengeschoss wurde am stärksten durch frühere Umbauten verändert, so dass hier der ursprüngliche Grundriss nicht vollständig zu rekonstruieren ist. Belegt ist, dass der hangseitige Steinbau zusammen mit dem Kellergeschoss gemauert und mit Mörtel und Fugenstrich geziert wurde. Der Steinbau weist eine dreiräumige Gliederung auf, wovon zwei Räume ostseitig aus dem Hausgrundriss vorkragen. Beim dritten Raum handelt es sich um die bis zum Dach hin offene Rauchküche, die den Zugang zum Haus bildete und über eine doppelarmige Treppe auf der Südseite erreicht wurde. Westlich der Rauchküche lagen drei Räume, wovon zwei als Stuben anzusprechen sein dürften. Sie waren miteinander verbunden, die Binnenwand zum dritten Raum wurde erst nachträglich mit einem Durchgang versehen. In den Stuben konnten mehrere Zeichen des Volksglaubens, v. a. Geisterbanndübel, aber auch Verpflöckungen und Flämmchen dokumentiert werden. Durch die Erweiterung des Hauses nach Norden und den Einbau eines Ladens im Nordosten wurde in diesem Teil nahezu die gesamte bauzeitliche Substanz zerstört.

Das Gadengeschoss besaß ursprünglich nur eine Gadenkammer im Südwesten, daran schloss im Südosten die offene Rauchküche an. Wie der übrige Raum im Ursprung gestaltet und genutzt wurde, ist ebenso unbekannt wie die Erschließung des Gadens. Nach 1695/96 wurde direkt nördlich an den Gaden anstoßend eine zweite Gadenkammer eingebaut, die sich in der Westfassade als Ständerbohlenbau abzeichnet. Erst im späten 18. oder frühen 19. Jh. wurden weitere Räume auf der Ostseite zu Wohnraum ausgebaut. Ausstattung, Raumverteilung und die verkehrstechnisch günstige Lage im Ort ließen die Frage nach einer möglichen Nutzung des Hauses als Sust aufkommen. Gut ausgestattete Kellerräume könnten der Einlagerung der Waren gedient haben, der große Raum als Stallung für die Saumtiere. In einer Quellenrecherche fanden sich weitere, allerdings nicht ganz eindeutige Hinweise auf eine solche Nutzung, so etwa, dass sich das Haus bei seinem ersten nachweislichen Verkauf Mitte des 18. Jh. in bäuertvögtlichem Besitz befand und dass bei einer Hausratsversteigerung um 1805 ein „eingemauert Suste Keße in der Kuchi…“ erwähnt wird.

Archäologische Funde: Keramik, Leder, Metall, Garn, Tierhaar.
Probenentnahmen: Bohrkerne an Konstruktionsholz.
Datierung: dendrochronologisch. Mittelalter; Neuzeit.
A D B, M. Amstutz und K. König.