LK 1072, 699 188/262 785. Höhe 470 m.
Datum der Grabung: 16.10.2006-31.12.2007, wird 2008 weitergeführt.
Neue Fundstelle.
Geplante Notgrabung (Bauvorhaben).
Grösse der Grabung ca. 720 m².
Siedlung.

Nachdem die Ausgrabungen im Bereich der Erschliessungsstrasse Kirchweg und der Pestalozzistrasse beendet waren, konnte die Grabung auf einer der letzten großen Freiflächen im Vicus gestartet werden. Einer geologischen Senke wegen ist die Erhaltung der zu Tage geförderten Hölzer außergewöhnlich gut. Insgesamt vier große Holzbauphasen mit zahlreichen Umbauphasen sind nachgewiesen. Als älteste Besiedlung ist ein flächendeckendes Balkenraster zu erkennen. In der zweiten Phase wurden Pfostenbauten errichtet; in der dritten Phase wurden die Häuser auf einen Schwellbalkenrahmen gesetzt. Ein spezielles Gebäude von 7.7 × 4.8 m bestand aus einem Stampflehmboden mit punktuellen Balkenauflagern aus vier massiven Eichenklötzen von fast identischen Ausmaßen (1.15 × 0.5 × 0.4 m). In der 2. H. 1. Jh. brannte der Bau vollständig ab. Ebenfalls zu den Holzbauphasen gehören zahlreiche Gruben, die mit organischem Material verfüllt waren und die wohl Rückschlüsse auf ein Handwerk geben können. Die Häuser waren über breite Kieswege erreichbar. Teilweise wurde dieselbe Parzellierung über einen längeren Zeitraum beibehalten. In der Regel markierten Holzzäune unterschiedlicher Konstruktionen die Parzellengrenzen. Zahlreiche Kanäle entwässerten seit dem frühen 1. Jh. das Gelände. In den Hinterhöfen befanden sich die Latrinen. Ebenso wie die Kanäle waren sie häufig aus Hölzern älterer Bauten konstruiert. Viele bearbeitete Bohlen, Ständer und Pfosten wurden geborgen.
Vermutlich gegen die Mitte des 2. Jh. entstand ein Steinbau, der bis ins 3. Jh. mehrfach umgebaut wurde. Möglicherweise waren die Aussenwände teilweise als Mauerwerk und teilweise in Fachwerk ausgeführt. Von der Inneneinrichtung fand sich eine bodenebene Feuerstelle aus Suspensura-Platten. Eine holzverschalte Latrine, etwa 10 m hinter dem Steinbau gelegen, wurde vermutlich im späten 2. Jh. verfüllt. Von einem zweiten Steinbau haben sich nur wenige Reste erhalten. Im 3. Jh. wurde ein trocken gemauerter Brunnen von über 3 m Tiefe gegraben. Stratigraphie und Keramik in seiner Verfüllung datieren seine Auflassung in die 2. H. 3. Jh.
Hinter den Häusern befanden sich damals die Gärten, wie dies zahlreiche botanische Funde (Samen, Kerne und Fruchtsteine, vor allem Pfirsiche) bezeugen. Aus dem feuchten Milieu der Gruben und Kanäle wurden zahlreiche organische Funde geborgen: mehrere Schreibtäfelchen aus Fichtenholz, ein Korbgeflecht aus Weide, ein hölzerner Spinnwirtel, eine Badesandale aus Buchenholz und ein Möbelteil aus Buche. In einer Latrinengrube des 1. Jh. lag sogar ein Paar Schuhleisten aus Ahornholz. Dies ist ein Beleg des Schuhmacherhandwerks vor Ort, der seinesgleichen sucht.

Probenentnahmen: Holz für Holzartenbestimmung, Dendroproben, Erdproben.
Datierung: archäologisch; dendrochronologisch. 1.-4. Jh. n. Chr.
KA ZH, V. Jauch.