LK 1166, 601 040/199 680. Höhe 530 m.
Datum der Grabung: 21.9.2004-9.3.2005
Bibliographie zur Fundstelle: P. Hofer, Die Wehrbauten Berns, Burg Nydegg und Stadtbefestigung vom 12.-19. Jahrhundert. Bern 1953; P. Hofer, Die Kunstdenkmäler des Kantons Bern. Die Stadt Bern, Bd. 2, Gesellschaftshäuser und Wohnbauten. Basel 1959; JbSGUF 82, 1999, 303f.; A. Baeriswyl, Stadt, Vorstadt und Stadterweiterung im Mittelalter. Archäologische und historische Studien zum Wachstum der drei Zähringerstädte Burgdorf, Bern und Freiburg im Breisgau. Schweizer Beiträge zur Kulturgeschichte und Archäologie des Mittelalters 30, 159-238. Basel 2003.
Geplante Notgrabung (Gesamtsanierung des Hauptgassenzugs). Größe der Grabung ca. 600 m².
Siedlung.
Die Kram- und Gerechtigkeitsgasse mit einer Breite von 25-30 m und einer Länge von rund 600 m war im Mittelalter die Hauptachse der 1191 gegründeten Stadt Bern. Sie diente nicht nur als Hauptverkehrsstrang, sondern auch als Marktplatz und Gerichtsort.
Die Befunde in den 10 ausgewählten Arealen von 6 m Breite in Gassenmitte können wie folgt zusammengefasst werden:
I. Der gewachsene Boden, sandig-kiesiges Moränenmaterial, weist eine unruhige Oberfläche mit Kuhlen, Senken und Kuppen auf.
II. Als erste Baumaßnahme wurde das Gelände abhumusiert.
III. Darauf zeichnen sich Benutzungsspuren, Gruben und eine Bachrinne, Anzeichen der ersten Besiedlung ab (um 1200).
IV. Eine bis zu 1,5 m starke Kiesplanie gleicht die Unebenheiten des natürlichen Geländes aus. Weitere Planierungen, die jedes Mal die Erhöhung der hölzernen Stadtbachrinne zur Folge hatten, folgten offenbar in nur geringem zeitlichen Abstand (mittleres 13.-1. V. 14. Jh.). Minimale Spuren von Holzkonstruktionen beim Stadtbach sind vielleicht als Reste von Marktbauten zu interpretieren.
V. Auf gemörtelten Fundamenten an der Kreuzgasse erhoben sich wohl der aus Schrift- und Bildquellen bekannte Richtstuhl sowie der Schandpfahl (Pranger). Aufgrund des Mauercharakters und der Funde sind sie ins Spätmittelalter zu datieren und damit wahrscheinlich Nachfolger älterer Bauwerke mit der gleichen Bestimmung. Weitere Fundamente sind Hinweise auf die ursprünglichen Standorte von später verschobenen Figurenbrunnen des 16. Jh. Auch ins Spätmittelalter gehören die ersten mit Tuff- und Sandsteinquadern gemauerten Stadtbachrinnen.
VI. Planierungsschichten und zugehörige gemauerte Stadtbacherneuerungen markieren einen weiteren Anstieg des Gassenniveaus. Sie datieren aufgrund der Funde ins 17./18. Jh.
VII. Im 19. Jh. wurde der Stadtbach mit gestellten Granitplatten erneuert. Der Bau der ersten Tramway-Linie im Jahr 1890 führte zur Abdeckung der bis anhin großenteils offenen Stadtbachrinne.
VIII. Mit der Umstellung auf Busbetrieb wurden 1940 die Tramgeleise entfernt und die aktuelle Pflästerung eingebracht. Dabei verschwand der Stadtbach endgültig aus dem Straßenbild.
Die an sich nicht spektakulären Ergebnisse sind zentral für die frühe Stadtgeschichte, denn sie liefern folgende Erkenntnisse zu bisher umstrittenen Punkten:
- Es gibt keine Hinweise auf eine Siedlungstätigkeit vor der Zeit um 1200; rund 50 römische Dachziegelfragmente stammen aus zugeführtem Planiermaterial.
- Die ältesten Siedlungsbefunde datieren aufgrund der Funde in die Zeit um 1200, was für die chronikalisch belegte Stadtgründung im Jahr 1191 spricht.
- Es gibt keine Hinweise für eine mitunter postulierte Stadtbegrenzung im Bereich der heutigen Kreuzgasse; die Gründungsstadt erstreckte sich wohl bis zum heutigen Zytgloggeturm, wo sich ein tiefer nacheiszeitlicher Quergraben zur Anlage der ersten Stadtbefestigung anbot (JbSGUF 86, 2003, 253).
- Die Gasse wies von Anfang an ihre heutige Breite auf.
- In der Mittelachse der Gasse verlief seit der Stadtgründung in einer offenen Holzrinne der Stadtbach, ein natürlicher Bach aus dem Wangental.
- Die in den Schriftquellen vom 13. bis in die 2. H. 15. Jh. genannten Marktbauten, Brotschal, Fleischschal, Fischbank und Gerbhaus, sind archäologisch kaum nachweisbar. Die wenigen Spuren ergeben keine Grundrisse.
- Das heutige Gassenniveau liegt rund 1,7-2 m über dem originalen.
Faunistisches Material: rund 3 t Tierknochen.
Probenentnahmen: Makroreste.
Datierung: archäologisch; historisch. 1200 („1191“)-20. Jh.
ADB, A. Baeriswyl und Ch. Kissling.
Bern BE, Kram- und Gerechtigkeitsgasse
Consulter le PDF original
Détail de la chronique
Commune
Bern
Canton
BE
Lieu-dit
Kram- und Gerechtigkeitsgasse
Coordonnées
E 2601040, N 1199680
Altitude
530 m
Numéro de site cantonal
--
Numéro d'intervention cantonal
--
Nouveau site
--
Prélèvements
restes botaniques
Analyses
--
Institution
--
Date de la découverte
--
Surface (m2)
600 m2
Date de début
21 septembre 2004
Date de fin
09 mars 2005
Méthode de datation
historique, archéologique
Auteur.e
--
Année de publication
2006
Époques
Moyen Âge, Époque moderne, Époque contemporaine
Type de site
habitat
Type d'intervention
fouille (fouille de sauvetage/préventive)
Mobilier archéologique
--
Os
ossement d'animaux isolés
Matériel botanique
--
×