LK 1176, 2761 710/1 200 237. Höhe 546 m.
Datum der Grabung: 23.11.-1.12.2022 und 10.7.-27.7.2023.
Bibliografie zur Fundstelle: Seifert, M. (2003) Zizers Friedau (Parzelle 325). Jahresber. Arch. Dienst u. Denkmalpfl. Graubünden 2002, 154-155; Seifert, M. (2012) Zizers GR-Friedau - mittelneolithische Siedlung mit Hinkelsteinkeramik im Bündner Alpenrheintal (Schweiz). In: A. Boschetti-Maradi/A. de Capitani/S Hochuli et al. (Hrsg.) Form, Zeit und Raum. Grundlagen für eine Geschichte aus dem Boden. Festschrift für Werner E. Stöckli zu seinem 65. Geburtstag. Antiqua 50, 79-94. Basel.
Geplante Notgrabung (Überbauung Mehrfamilienhäuser). Grösse der Grabung ca. 150 m².
Siedlung

In Zizers soll rund 60 m südlich der hochmittelalterlichen Burgruine Friedau, im Bereich der Flur Vorburg, ein Bauprojekt mit mehreren Mehrfamilienhäusern realisiert werden. In unmittelbarer Nähe der zur Bebauung vorgesehenen Parzelle wurden in den Jahren 2000-2003 rund 2.5-3 m unter der modernen Oberfläche neolithische Siedlungsbefunde erreicht, die keramisches und lithisches Fundmaterial der Hinkelstein-Gruppe (ca. 4800 v. Chr.) bargen, weshalb der Archäologische Dienst Graubünden im Vorfeld der Überbauung geophysikalische Messungen und Sondagegrabungen durchführte.
Die von den Voruntersuchungen betroffene Fläche liegt am Westrand einer von Osten nach Westen abfallenden Rheinterrasse. Insgesamt wurden vier Sondageschnitte angelegt, anhand derer die Ausdehnung des neolithischen Horizontes und allfällig vorhandene Siedlungsstrukturen erfasst werden sollten.
In den Schnitten 1 und 3 wurde die neolithische Schicht in einer Tiefe zwischen 2 und 2.4 m unter dem heutigen Niveau flächig freigelegt. Es wurden keine eigentlichen Siedlungsspuren gefasst, nur ein vereinzeltes Stück handaufgebauter Keramik verweist auf eine anthropogene Nutzung des Horizontes. Im Profil von Schnitt 2 zeigte sich, dass auf der Parzelle mit mehreren, durch Kies- und Schandschichten voneinander getrennten neolithischen Horizonten zu rechnen ist. In der stratigrafisch ältesten Schicht, die laut C14-Analyse zwischen 5201 und 4849 v. Chr. datiert, liess sich ein vereinzeltes Staketenloch nachweisen. Die jüngeren Horizonte datieren hingegen bereits 4041-3804 v. Chr.
Vom älteren neolithischen Horizont wurden systematisch umfassende Sedimentproben gezogen (Abb. 6). Erste Schlämmversuche des Materials zeigen, dass sich darin ein relativ hoher Anteil organischen Materials - vor allem Samen und Pflanzenreste - erhalten hat.
Schnitt 4 zielte auf die Untersuchung einer linearen Steinkonzentration ab, die sich in den Zeit-/Tiefenscheiben der Georadar-Messungen bereits 0.5-0.6 m unter der rezenten Oberfläche abzeichnete. Sie besteht aus klein- und mittelformatigen, dicht gelegten bzw. geschütteten Bruch- und Rollsteinen, bei denen es sich um die Reste einer trocken gesetzten Terrassierungsmauer handeln dürfte. Zwischen den Steinen sowie in der darüber liegenden Lehmschicht fand sich vereinzelt handaufgebaute prähistorische Keramik. Den besten Hinweis auf die Datierung der Struktur lieferte allerdings eine zwischen den Steinen gefundene Pfeilspitze aus Buntmetall (Abb. 7). Die 4.1 cm lange, 2.2 cm breite und 0.35 cm starke Pfeilspitze ist 4.1 g schwer und wurde im einschaligen Guss hergestellt. Sie besitzt zwei lange, nachträglich überarbeitete und geschärfte Flügel, die beinahe bis an das untere Ende der 1.7 cm langen, 0.45 cm breiten und 0.3 cm starken Schaftzunge gezogen sind. Derartige Jagdpfeilspitzen treten ab der späten Bronzezeit vermehrt auf und sind bis zum Ende der Urnenfelderzeit in der Schweiz mehrfach belegt.
Der spätbronzezeitliche Terrassierungsbefund lässt sich mit ähnlichen Strukturen im Bereich des Areals Ackermann in Chur-Welschdörfli vergleichen. Dort fanden sich ebenfalls 20-30 m lange, hangparallel verlaufende «Steinwälle». Früh- bis mittelbronzezeitliche Kleinfunde deuten dort eine mehrphasige Entstehung der als Hangterrassierungen gedeuteten Strukturen zu verschiedenen Epochen der Bronzezeit an.

Archäologische Funde: Holz/Holzkohle, Keramikfragmente, Buntmetall.
Probenentnahmen: C14-Proben, Sedimentproben.
Datierung: archäologisch. Neolithikum; Bronzezeit. - C14. Beta 650914, 6070 ± 30 BP, 5201-4849 BC, cal. 2sigma. Beta-650913, 5140 ± 30 BP, 4041-3804 cal BC, cal. 2sigma. AD GR, Ch. Baur.