LK 1068, 2621 161/1 265 485. Höhe 268 m.
Datum der Grabung: 18.3.2021 (Baugrundsondierungen); 3.5.-30.6.2021 (Sondiergrabung).
Bibliografie zur Fundstelle: JbAS 102, 2019, 187f.; Jber Stiftung Pro Augusta Raurica 35, 1971, 9-11; JbAK 25, 2005, 87-115; 35, 2014, 241-331; 40, 2019, 59-88; 43, 2022 (im Druck).
Geplante Notgrabung (Baugrundsondierungen und Sondiergrabung im Vorfeld eines Bauprojektes). Grösse der Grabung 92 m² Grab.

Auf den Parzellen 185 und 758 in der Flur «Schürmatt» in Kaiseraugst ist eine Überbauung mit drei Mehrfamilienhäusern und gemeinsamer Einstellhalle geplant. Bezogen auf die antike Topografie liegen die beiden Parzellen westlich des Castrum Rauracense. Bei der Begleitung von Werkleitungsarbeiten kamen 2018 in der Schürmatt (KA 2018.002) neun Körperbestattungen zum Vorschein. Sie gehören zum bereits seit längerer Zeit bekannten spätantiken Bestattungsplatz Kaiseraugst Höll. Deshalb hat die Kantonsarchäologie die geologischen Baugrundsondierungen im März des Berichtsjahres begleitet.
Aufgrund der Resultate der fünf Sondagen ist auf beiden Parzellen mit archäologischen Hinterlassenschaften in Form von Siedlungsbefunden (mittlere Kaiserzeit) zu rechnen. Im Norden der Parzelle 185 ist zudem eine weitere Körperbestattung aufgedeckt worden. Zur präziseren Abschätzung der Belegungsdichte und Ausdehnung des Gräberfeldes hat die Kantonsarchäologie vom 3. Mai bis zum 30. Juni auf dieser Parzelle eine Sondiergrabung durchgeführt. Dabei sind ein Nord-Süd sowie ein Ost-West orientierter Suchschnitt angelegt worden. Darin konnten insgesamt 13 Körperbestattungen dokumentiert werden. Lagen die Bestattungen komplett innerhalb des Suchschnitts, wurden sie geborgen. Bei Gräbern, die nur teilweise innerhalb der Grabungsfläche lagen, wurde auf eine Bergung verzichtet. Die Erhaltung der Gräber war unterschiedlich. Während einzelne durch nachantik erfolgte Bodeneingriffe (Sickergruben, Bodenabträge und dergleichen) zum Teil erheblich gestört waren, waren die restlichen gut bis sehr gut erhalten. Die nur schemenhaft erkennbaren Grabgruben zeichneten sich als leicht dunklere Bodenverfärbungen ab. Das antike Gehniveau konnte nirgends mehr festgestellt werden. Die Gräber präsentieren sich als einfache Erdgräber ohne erkennbare Einfassungen oder Einbauten. Die mehrfach dokumentierten Nägel am Rand der Grabgruben dürften von Särgen oder Totenbrettern stammen. Fünf Gräber waren Südwest-Nordost, vier Nordost-Südwest, drei Südost-Nordwest und ein Grab Nordwest-Südost orientiert. Die unterschiedlichen Graborientierungen könnten Hinweis auf eine längere Belegungszeit sein. Auffällig und bereits mehrfach beobachtet ist der Umstand, dass sich die Gräber offenbar an den Hauptausrichtungen der Nordwestunterstadt orientieren. Grabüberschneidungen konnten keine festgestellt werden. Es machte vielmehr den Anschein, dass die Gräber in Reihen angelegt worden sind. Das Gräberfeld ist hier relativ dicht belegt, wobei seine Belegungsdichte von West nach Ost und gegen Süden abnimmt.
Grabbeigaben oder Trachtbestandteile konnten lediglich in drei Gräbern festgestellt werden. In zwei Gräbern hat man den Verstorbenen jeweils eine Glasperle mitgegeben. In einem Grab fand sich eine Riemenzunge, die ebenfalls als Trachtbestandteil zu interpretieren ist. In einem weiteren Grab fanden sich seitlich der Bestattung Tierknochen, die als Fleischbeigabe anzusprechen sind. Die übrigen Bestattungen waren beigabenlos. Eine Datierung der Bestattungen ist wegen der Beigabenarmut kaum möglich. Aufgrund der Bestattungs- und Beigabensitte (praktisch beigabenlose Körperbestattungen) ist anzunehmen, dass die Gräber frühestens in die zweite Hälfte des 4. Jhs. n. Chr. datieren. Eine Belegung dieses Bestattungsplatzes auch noch im 5. oder gar 6. Jh. n. Chr. ist nicht auszuschliessen.
Die neu aufgedeckten Gräber demonstrieren erneut, dass die Nekropole Kaiseraugst-Höll viel ausgedehnter war, als angenommen. Es ist davon auszugehen, dass sich dieser Friedhof in west-östlicher Richtung auf mindestens 160 m und in nord-südlicher Richtung auf mindestens 50 m erstreckte. Aufgrund der Lage dieses Bestattungsplatzes entlang einer der Ausfallstraßen aus dem Kastell ist die Nekropole als eine der Kastellnekropolen anzusprechen. Östlich des Castrums liegt mit dem Gräberfeld Rinau eine weitere solche Nekropole. Diese beiden entlang der Ausfallstraßen angelegten Bestattungsplätze unterstreichen folglich die Bedeutung dieser Ost-West-Verbindung in der Spätantike.

Archäologische Funde: Bronze, Eisen, Keramik; im Römermuseum Augst.
Faunistisches Material: Tierknochen, unbestimmt; im Römermuseum Augst.
Anthropologisches Material: 13 Körpergräber, anthropologischer Vorbericht liegt vor.
Faunistisches Material: unbestimmt; im Römermuseum Augst.
Datierung: archäologisch. Spätantike bis Frühmittelalter.
KAAG, J. Baerlocher.