LK 1068, 2621 495/1 265 466. Höhe 270 m.
Datum der Grabung: 4.5.-16.9.2020.
Bibliografie zur Fundstelle: JbAK 37, 2016, 76-97; 40, 2019, 95-112; JbAS 102, 2019, 187.
Geplante Notgrabung (Neubau Reiheneinfamilienhäuser mit Unterkellerung). Grösse der Grabung ca. 300 m².
Siedlung.

Im Vorfeld einer Überbauung mit drei Reiheneinfamilienhäusern an der Kastellstrasse in Kaiseraugst grub die hiesige Grabungsequipe von Anfang Mai bis Mitte September 2020 ein Areal aus, von dem bereits 2015 (Heidemurweg 28, 2015.003) und 2018 (Heidemurweg, 2018.005) Bereiche ausgegraben wurden.
Bezogen auf die antike Topografie liegt die Grabungsfläche unmittelbar östlich der sogenannten Castrumstrasse und südlich des Castrum Rauracense. Entlang dieser Strasse bestand in der frühen und mittleren Kaiserzeit eine mehrphasige Bebauung in Form von Streifenhäusern. Dahinter befanden sich die dazugehörigen Hinterhöfe mit Latrinen, Schächten und handwerklichen Installationen. Im Zuge der Ausgrabung konnten nun mindestens drei Hauseinheiten teilweise ausgegraben werden. Es zeigte sich im Laufe der Grabung, dass das Gelände von Süden nach Norden und von Westen nach Osten abschüssig war. Die Bauten wurden der natürlichen Topografie angepasst und terrassiert angelegt, was die Befunderhaltung begünstigt.
Die ältesten Befunde bestehen aus mehreren Gräbchen und Gruben, die zu den frühen Holzbauphasen gehören dürften. Aus den spärlichen Befunden liessen sich jedoch keine Grundrisse mehr rekonstruieren. Gegen Ende des 1. Jh. n. Chr. sind die Holz-Lehmbauten durch Steinbauten ersetzt worden. In der Grabungsfläche sind mindestens drei Parzellen erfasst worden. Aus den jüngst ausgegrabenen Befunden und jenen aus Altgrabungen lassen sich mehrere Gebäude rekonstruieren. Im südlichen Bereich der Hinterhöfe konnte ein teilweise in den Hang gebautes Gebäude freigelegt werden, in das man durch einen Korridor gelangte. Aufgrund einer Feuerstelle im Innern ist eine handwerkliche Funktion anzunehmen. Nördlich davon lässt sich ein weiteres 16 m langes und 12 m breites Gebäude rekonstruieren. Der dazugehörige Hinterhof war gekiest. Darin befand sich ein kleines 0.8 m × 1.4 m grosses gemauertes Postament, dessen Funktion noch unklar ist.
Auf der nächst tiefer gelegenen Terrasse im Norden ist eine weitere Hauseinheit angeschnitten worden. Diese ist 16 m lang und 10 m breit. Der gesamte hintere Hausteil wird von einem riesigen Steinkeller eingenommen, der sich auf die gesamte Hausbreite erstreckt (Abb. 31). Der längsseitige Abschluss des Kellers lag ausserhalb der Grabungsfläche. Vom Hinterhof aus war über eine Rampe ein kleiner Halbkeller zugänglich, in dem sich ein Durchgang in den eigentlichen Keller befand. Der Kellerboden bestand aus Holz, wie verkohlte Balken und Bretter implizieren. Aufgrund der hitzeverfärbten Kellermauern und des Brandschutts in seinem Innern ist davon auszugehen, dass das Gebäude durch einen Brand zerstört worden ist. Nördlich der Parzelle mit dem grossen Steinkeller ist ein weiteres, 17 m langes Gebäude angeschnitten worden. Auch hier war im rückwärtigen Hausteil ein Keller bzw. Halbkeller eingebaut, der ebenfalls mit einem Holzboden ausgestattet war. Nach der Zerstörung durch einen Brand wurden diese Gebäude offenbar nicht mehr aufgebaut.
In der Spätantike errichtete man in einem der aufgegebenen Hinterhöfe eine Darre oder einen Räucherofen. Aus dem unmittelbaren Vorfeld des Castrum Rauracense sind bereits mehrere solche Einrichtungen zur Nahrungsaufbereitung bekannt. Ebenfalls spätrömisch - oder, wie die jüngsten Resultate der Grabung Kaiseraugst Sonne (2020.010) nahelegen, evtl. sogar nachrömisch - ist der sogenannte Grabenweg. Dieser wurde hier erneut erfasst. Er ist über den aufgegebenen Gebäuden angelegt worden. Zu diesem Zweck sind die Mauern des grossen Steinkellers teilweise eingerissen worden. Um im Bereich des ehemaligen Kellers Absenkungen vorzubeugen, bestand der Strassenunterbau hier aus grossen Sandsteinblöcken.

Archäologische Funde: Keramik, Eisen, Buntmetall, Münzen, Tierknochen; im Römermuseum Augst.
Faunistisches Material: unbestimmt; im Römermuseum Augst.
Probenentnahmen: Sediment- und Mörtelproben, noch unbestimmt.
Datierung: archäologisch. Frühe bis mittlere Kaiserzeit; Spätantike; Frühmittelalter.
KA AG, J. Baerlocher.