LK 1166, 594 070/196 380. Höhe 600 m.
Datum der Grabung: 8.3.-7.9.2000.
Bibliographie zur Fundstelle: JbSGU 30, 1938, 133; 31, 1939, 110; 33,1942,102
Geplante Notgrabung (Wohnbauprojekt/Ackerbau). Grösse der Grabung ca. 500 m².
Siedlung, röm. Gutshof(?). Grab, frühmittelalterliches Gräberfeld.

Im Jahre 1936 waren im Areal Gschick sechs frühmittelalterliche Gräber mit Beigaben gefunden worden. Die Realisierung einer Überbauung löste 1999 die Planung von Rettungsgrabungen im Überbauungsperimeter aus. Dabei kamen weitere Gräber zum Vorschein, welche teils dicht unter der Grasnarbe lagen, was eine Erweiterung der Notgrabungen in den landwirtschaftlich genutzten Perimeter erforderlich machte. Ihre Befunde lassen drei Epoche zuweisen: Bronzezeit, Römische Zeit, Frühmittelalter.
Eine Schwemmschicht und eine Grube enthielten bronzezeitliche Scherben und sind damit Hinweise auf eine prähistorische Besiedlung. Von einem römischen Gebäude waren bloss noch Reste der untersten Fundamentlagen, z.T. gar nur noch ein «letzter Hauch» von Fundamentspur vorhanden. Die Befunde zum Gebäudegrundriss sind indessen derart knapp, dass über Grösse und Funktion des Gebäudes nur spekuliert werden kann. Reste von Wandverputz, welche in einer Planieschicht zum Vorschein kamen, weisen immerhin auf einen gehobeneren Ausstattungsstand hin. Sie gehören zu einer illusionistisch ocker und grün gemalten Sockelverkleidung.
Im Frühmittelalter wurde im Ruinen-Areal bestattet. Von den 49 in Reihen und in unterschiedlicher Tiefe angelegten Gräbern wies ungefähr jedes dritte Beigaben auf: Gürtelgarnituren, bronzenem Schmuck, Perlenketten (Bernstein, Glasfluss), Messer und Saxe. Sie weisen die Verstorbenen einer romanisch-burgundischen Bevölkerung zu.
Im Gegensatz zum nächstgelegenen Niederwangen (JbSGUF 82, 1999, 311; 2000, 262f.), wo man einen speziellen Abschnitt des Gräberfeldes mit ungewöhnlichem Bevölkerungsaufbau erfasste, bietet Oberwangen für die Erwachsenen ein bezüglich Anthropologie erwartungsgemässeres Bild: Nachgewiesen sind Erwachsene aller Altersstufen und etwas mehr Männer als Frauen (ein leichter Männerüberhang ist von vielen frühmittelalterlichen Bevölkerungen bekannt). Der Kinderanteil ist klein - nur ein Kind wurde bisher gefunden. Dies dürfte z. T. eine Folge besonderer Bestattungsformen für Kinder sein. Ähnlich wie in Köniz-Niederwangen und Köniz-Buchsi waren die Menschen von Oberwangen von nur mässigem Körperwuchs und mittlerer Robustizität. Ausnahmen bestätigen aber die Regel: Mit einer Körperhöhe von 179 cm überragte der Mann aus Grab 42 sprichwörtlich seine Zeitgenossen. Am Oberschenkel dieses schlank gebauten hochwüchsigen Mannes ist eine schnittartige Läsion vorhanden. Ob sie als Hiebverletzung (mit dann wahrscheinlicher Todesfolge) oder aber durch die maschinelle Landbearbeitung entstand, wird erst nach der Untersuchung der Knochen im Labor zu entscheiden sein. Wurden schon in Niederwangen mehrere Hiebverletzungen an den Schädeln festgestellt - alle aber überlebt -, sind solche auch bei zwei Männern von Oberwangen ausgebildet. Die eine, eine Impressionsfraktur mit Durchschlagen des Stirnbeins, führte innert kurzer Zeit zum Tode.
Auffallend für das Wangental sowie für das gesamte Gebiet westlich von Bern ist die Häufung von Gräberfeldern mit verhältnismässig reich ausgestatteten Gräbern des Frühmittelalters. Die jüngst archäologisch dokumentierten Gräberfelder von Köniz-Buchsi (Ch. Bertschinger et al., Köniz-Buchsi. Monografien ADB. Bern 1990) und Köniz-Niederwangen sowie das am längsten bekannte von Bern-Bümpliz liegen nur wenige hundert Meter entfernt. Die Neufunde zwingen zu einer Reihe von Fragen, insbesondere nach der Bedeutung der Königshöfe Köniz und Bümpliz und nach der Lokalisierung der legendären Schlacht bei «Wangas»; vielleicht fand der bislang in der Region des solothurnischen Wangen oder des oberaargauischen Wangen lokalisierte Vorstoss der Alamannen gegen die Burgunder unter Theudebert mit der legendären Schlacht des Jahres 610/11 im Wangental bei Köniz statt.

Anthropologisches Material: Untersuchung S. Ulrich-Bochsler.
Faunistisches Material: im ADB.
Probenentnahmen: Makroreste, C14-Proben.
Datierung: archäologisch. Bronzezeitlich; römisch; 6.-17. Jh.
ADB, D. Gutscher, Ch. Kissling und S. Ulrich-Bochsler: