LK1068, 622 330/259 380. Höhe 323 m. Datum der Grabung: Mai/Juni 2005. Bibliographie zur Fundstelle: R. Marti, Zwischen Römerzeit und Mittelalter. Forschungen zur frühmittelalterlichen Siedlungsgeschichte der Nordwestschweiz (4.-10. Jahrhundert). Archäologie und Museum 41A, bes. 180-183; 41B, 163-167. Liestal 2000; www.archaeologie.bl.ch (Aktuell). Geplante Notgrabung (Umbau des Chores). Größe der Untersuchung ca. 54 m². Kirche.

Die 1942 anlässlich der letzten großen Renovation durchgeführten Grabungen in der Stadtkirche Liestal markierten den Beginn einer Kirchenarchäologie in der Region. Nach Abschluss der Grabungen glaubte man, «ein beinahe lückenloses Bild der Geschichte des Standortes der Liestaler Kirche von der Römerzeit bis auf den heutigen Tag» gewonnen zu haben. Spätere Auseinandersetzungen mit der Dokumentation zeigten jedoch rasch, dass die damalige Vorgehensweise mittels Sondiergräben, in denen man vornehmlich nach älteren Fundamenten suchte, mehr Fragen eröffnete als beantwortete. Die erneute Öffnung des Chorbodens war deshalb mit der Hoffnung verbunden, mehr Licht in die nach wie vor dunkle Vergangenheit der Stadtkirche bringen zu können. Die Ergebnisse der Nachuntersuchungen sind trotz der bescheidenen Grabungsfläche äußerst bemerkenswert.

So ließ sich nachweisen, dass eine 1942 rekonstruierte «romanische» Kirche mit Halbrundapsis gar nie existierte und die Baugeschichte im Chor wesentlich komplexer war, als man seinerzeit meinte (Abb. 43). Eine verbindliche Baugeschichte wird sich jedoch erst erarbeiten lassen, wenn dereinst auch das Schiff neu untersucht werden kann. Die ältesten Bauteile im untersuchten Bereich sind ein Rechteckchor mit nachträglich angefügten seitlichen Annexen, der ins Hochmittelalter datieren dürfte. Er wurde im Spätmittelalter von einem massiven und daher wohl überwölbten Rechteckchor abgelöst, der östlich anschloss und 1506/07 durch den heutigen Polygonalchor abgelöst wurde. Der zugehörige Chorbogen blieb bis zur Renovation 1942 erhalten. Spektakulär ist der Fund einer Geldbörse mit 36 Denaren des 10. Jh. (Konrad der Friedfertige von Hochburgund, Basel 937-993).

Sie lag als Beigabe in einer Dreierbestattung, die von der Ostwand des hochmittelalterlichen Chors überlagert wurde. Reste von etwas abweichend orientierten, tiefgelegenen Erdgräbern sowie eines Steinplattengrabes deuten darauf hin, dass an der Stelle schon im 8./9. Jh. bestattet wurde. Insgesamt wurden 102 Bestattungen und zwei neuzeitliche gemauerte Grüfte dokumentiert. Vereinzelt zeugen Lesefunde zudem von der römerzeitlichen Nutzung des Areals.

Probenentnahmen: C14, Mörtel, unbearbeitet. Datierung: archäologisch; numismatisch. Römische Zeit; 8./9. Jh.; Neuzeit. AMBL, R. Marti.