LK 1032, 707 300/279 010. Höhe 397 m.
Datum der Grabung: Mai-November 1997.
Bibliographie zur Fundstelle: V. Jauch, Eschenz-Tasgetium. Römische Abwasserkanäle und Latrinen. Archäologie im Thurgau 5, 1997, 9–11.
Ungeplante Notgrabung (Bauprojekt). Größe der Fläche ca. 150 m².
Siedlung (Uferbefestigungen, Kanalkonstruktionen, Brücke?).

Im April 1997 erhielt das Amt für Archäologie des Kt. Thurgau die Anzeige eines Bauprojektes in Untereschenz. Das für den Neubau eines Dreifamilienhauses vorgesehene Grundstück liegt direkt gegenüber der Insel Werd und westlich in nächster Nähe des 1939 entdeckten sog. «römischen Verkaufsmagazins». Bereits seit dem 18. Jh. sind aus dem Rhein römische Brückenreste überliefert, deren südliche Brückenköpfe stets im vom Bauprojekt betroffenen Gebiet vermutet worden sind. Die Aufnahmen von Pfahlfeldern im Rhein durch das Amt für Archäologie in den Jahren 1986 und 1994 haben zwar bestätigt, dass verschiedene römische Brückenkonstruktionen die Insel Werd als Zwischenpfeiler verwendet haben – die genaue Lage des südlichen Brückenkopfes konnte allerdings nicht festgelegt werden. Aus dem Südteil des Grundstücks waren Keramikfunde bekannt, die von Alfons Diener seit den sechziger Jahren bei kleineren Bauarbeiten aufgesammelt worden waren. Mehr war über die unmittelbar östlich des Grundstücks anschließende Fläche – den heutigen Parkplatz der Insel Werd – bekannt. Hier waren bei Leitungsverlegungen verschiedene Mauerzüge, Holzkonstruktionen und Kanäle beobachtet worden. Die westlich an die Parzelle anschließenden Grundstücke sind dagegen alle überbaut. Diese bereits mehrhundertjährigen Gebäude sind allerdings alle nicht unterkellert. Die Auswertung alten Planmaterials ergab, dass im Bereich der Untersuchung mit einem 1724 bestehenden, 1888 aber bereits verschwundenen Gebäude gerechnet werden musste.
Die Arbeiten begannen im Mai 1997 mit zwei von Hand ausgeführten Sondagen außerhalb des bestehenden Gebäudes und erbrachten in einem Falle nur die Bestätigung, dass bereits in relativ geringer Tiefe mit Wasser, aber auch mit diversen neuzeitlichen Störungen durch Leitungen u.a.m. gerechnet werden musste. Eine Sondage stieß relativ rasch auf Schichten, die römische Keramik des 2. Jh. enthielten. Ebenfalls angetroffen wurde eine Mauer des 1724 bekannten Gebäudes, das über die dendrochronologische Datierung der Fundamentbalken ins Jahr 1546 datiert werden konnte. Erste Messungen an römischen Hölzern ergaben dagegen ein Datum von 55 n. Chr.
Bei den folgenden Ausgrabungen, die unter schwierigen Terrainverhältnissen und unterhalb des Grundwasserspiegels stattfanden, wurden zahlreiche Holzkonstruktionen freigelegt. Außergewöhnlich war deren gute Erhaltung und die hohen Schichtüberdeckungen (der gewachsene Boden befand sich rund 3 m unter dem heutigen Bodenniveau). Die römischen Schichten waren durch das Gebäude von 1546 beeinträchtigt, zum Teil aber auch geschützt worden.
Die römischen Holzkonstruktionen lassen sich verschiedenen Bauphasen von den zwanziger Jahren bis ins spätere 1. Jh. n. Chr. zuweisen. Offensichtlich lag das Seeufer damals etwa 50 m südlicher als heute. Innerhalb des Grabungsgebietes verläuft auch ein deutlicher Geländeabsatz, der die Uferzone vom Festland abgetrennt haben dürfte. Der tiefer gelegene, wahrscheinlich häufig überflutete Teil diente offenbar während längerer Zeit als Abfalldeponie. Etwa um die Mitte des 1. Jh. n. Chr. wurden auf den Auffüllungen Bauten errichtet – dies belegen u.a. liegende Hölzer und auch eine N-S-verlaufende Kanalkonstruktion (Abb. 21). Im ganzen Bereich fanden sich mächtige Eichenpfähle, die ältere, liegende Konstruktionen zum Teil durchschlagen haben. Diese in den gewachsenen Boden reichenden Eichenpfähle mit einem Durchmesser von rund 30 cm waren sorgfältig zugespitzt und bis auf eine Länge von über 2 m erhalten. Die Anordnung dieser Pfähle entspricht einer etwa parallel zum Ufer ausgerichteten Rasterkonstruktion, die aufgrund der Beschreibung und nach Aussagen von Frau H. Urner-Astholz sehr einer 1938 etwa 200 m weiter östlich im Bereich «Nili» am Ufer aufgefundenen Konstruktion gleicht. Einiges lässt vermuten, dass die Pfähle als Fundierung – allenfalls für eine Uferbebauung – dienten. Eine sehr auffällige, dichte Fundierung aus Weichholzpfählen war dagegen wohl als Mauerfundament bestimmt und konnte stratigraphisch und mit einer C14-Datierung in die römische Zeit datiert werden. Leider konnte die Grabung in die südlich anschließenden Zonen nicht ausgeweitet werden, obwohl sich hier Befunde abzeichneten, wie sie etwa vom unteren Bühl in Oberwinterthur bekannt sind (mehrphasige Holzbaukonstruktionen). 1998 sind im Zuge der Bauarbeiten noch weitere, kleinere Abklärungen vorgesehen.

Archäologische Kleinfunde: Münzen, Fibeln (Abb. 22), Keramik, zahlreiche Holzfunde (Schreibtafeln, Fassbestandteile, Kämme, Bürsten), Korbgeflecht, Leder u.a.m.
Probenentnahmen: ca. 100 dendrochronologische Proben, C14-Probe, botanische Proben (Universität Basel).
Faunistisches Material: Tierknochen.
Datierung: dendrochronologisch (14–62 n. Chr., Datierungen noch nicht abgeschlossen); archäologisch: ca. 20 n. Chr.–70/80 n. Chr., vereinzelt spätere Funde (Ende 1./Anfang 2. Jh.).
Amt für Archäologie TG.