LK 1192, 2691 940/1 192 900. Höhe 461 m
Datum der Baubegleitung: 19.1.-14.4.2022.
Bibliografie zur Fundstelle: Gasser, H. (2004) Die Kunstdenkmäler des Kantons Uri. Bd I.II, Altdorf 2. Teil. Öffentliche und private Bauten. Kunstdenkmäler der Schweiz 104, 296. Bern.
Geplante Baubegleitung (Fernwärmeleitung). Grösse der Baubegleitung ca. 260 m². Siedlung.

Die Verlegung von Fernwärmeleitungen im Bereich des östlichen Dorfkerns von Altdorf erforderte eine archäologische Baubegleitung. Im Schlossergässli kam eine vollständig erhaltene Schichtabfolge innerhalb des spätmittelalterlichen Siedlungsareals zum Vorschein. Auf kolluvialen Ablagerungen sind anthropogen überprägte, mittelalterliche(?) Ablagerungen festzustellen. Der früheste, konkrete Hinweis auf Siedlungsaktivität ist ein Bauhorizont, der eine älteste Bebauung anstelle des heutigen Hauses Schlossergässli 2 andeutet. Ob erste mit Kies befestigte Gehniveaus dazugehören, bleibt unklar. Ein daraus stammender Tierknochen datiert gemäß C14 Analyse ins 14. Jh. Darüber folgt eine erste Pflästerung aus Geröll und Lesesteinen, die zu einer ebenerdigen Feuerstelle mit hitzegerötetem Lehmbelag auf steiniger Rollierung gehörte. Im Sediment der Pflästerung lagen vereinzelte Fragmente von Eisenschlacken sowie zahlreiche Tierknochen. Je ein Tierknochenfragment aus Pflästerung und Feuerstelle ergaben eine übereinstimmende C14-Datierung ins 15. Jh. Es ist anzunehmen, dass sie Teil des Handwerkplatzes einer spätmittelalterlichen Schmiede sind. Eine solche wird im späten 16. Jh. erstmals schriftlich erwähnt und ist für das Jahr 1607 im Bereich des Schlossergässli 2 zu lokalisieren. Die Auflassung der Feuerstelle wird durch den Bau des Vorgängerbaus von Schlossergässli 2 eingeleitet, der zudem die älteste Bebauung ersetzt haben dürfte. Eine die Feuerstelle überdeckende zweite Pflästerung stößt an den Fundamentabsatz und ist demnach nutzungszeitlich zum Vorgängerbau. Eine jüngere, massive Brandschuttschicht überdeckt diese Pflästerung. In Frage kommt der Dorfbrand entweder von 1693 oder von 1799. Auf den Brandschutt folgt eine dritte Pflästerung mit flachen Steinköpfen, die vom aktuellen Asphaltbelag bedeckt wird.

Älteres, sehr wahrscheinlich vor 1799 zurückreichendes Mauerwerk ließ sich im Fundamentbereich des heutigen Gebäudes Lehnplatz 1 beobachten. Im den Lehnplatz querenden Leitungsgraben wurden hingegen keine Befunde angetroffen. Im Bereich der Einmündung zum Oberen Lehngässli fand sich das Fundament wohl der ehemaligen östlichen Hofmauer des Lehnhofs. Eine solche ist für die 1570er-Jahre schriftlich nachgewiesen. Im oberen Bereich der Gasse bei der Einmündung zur Hellgasse kam der Rest einer weiteren Feuerstelle mit hitzegerötetem Lehm und Rollierung zum Vorschein. Eine Verbindung mit handwerklichen Tätigkeiten auf dem Areal des Lehnhofs ist denkbar. Die Feuerstelle weist ein ähnliches Nutzungsniveau auf wie ein südlich davon im Fundamentmauerwerk von Lehnplatz 16 vorgefundener, zugemauerter Türdurchgang. Beide lagen gut 1 m unter dem heutigen Bodenniveau. Als ältester Befund in diesem Areal gilt die in Richtung Hellgasse absinkende, grabenartige Struktur, womöglich Teil des mittelalterlichen, heute unterirdisch kanalisierten Dorfbaches.

Erwähnenswerte Funde stellen der Genovino d'oro (Genua, Simone Boccanegra IV, 1356-1363) und die Wandscherbe einer römischen Reliefschüssel des 1./2. Jh. n. Chr. dar. Ersterer stammt aus im Schlossergässli vorgefundenen Aufschüttungsschichten, welche womöglich im Zusammenhang mit Brandereignissen der Jahre 1400 bzw. 1488 stehen. Letzterer lag vermutlich in den kolluvialen Ablagerungen im Einmündungsbereich Lehnplatz/Oberes Lehngässli. Mit diesem Siedlungsfund lässt sich die Frage nach römischen Siedlungen im unteren Reusstal mit einem neuen, hypothetischen Standort östlich des Fleckens Altdorf ergänzen.

Archäologische Funde: Keramik, Glas, Münzen, Eisen, Buntmetall, Schlacken, Holzkohleproben.
Faunistisches Material: Tierknochen.
Datierung: archäologisch. Römische Zeit; Mittelalter; Neuzeit. C14. ETH-122631, 428+/-22 BP, 1430-1485 AD, cal. 2 sigma; ETH 122632, 416+/-23 BP, 1435-1500 AD, 1600-1615 AD, cal. 2 sigma; ETH-122633, 617+/-22 BP, 1300-1399 AD, cal. 2 sigma.
Im Auftrag der Fachstelle Denkmalpflege und Archäologie UR, ProSpect GmbH, Ch. Auf der Maur.