LK 1207, 2619 063/1 170 932. Höhe 574 m.
Datum der Grabung: 22.1.-22.3.2019.
Bibliografie zur Fundstelle: Schweizer, J. /Hüssy, A. (2015) Schloss und Schlosskirche Spiez. Schweizerische Kunstführer. Bern; Baeriswyl, A. (2021) Der Turm von Schloss Spiez - Wohnturm oder Bergfried? MMMT, 1 (in Vorbereitung).
Geplante Bauuntersuchung (Fassadensanierung). Größe der Untersuchung ca. 2000 m². Siedlung.

Der Turm mit einem Grundriss von 11 × 11 m ist bis zu den Zinnenabschlüssen 33 m hoch. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Turm, der merkwürdigerweise auf der Sohle des Schlossgrabens fußt, nirgends in seiner vollen Höhe sichtbar ist. So stecken seine untersten 4 m im Schlosshof im Erdreich. Die Mauerstärke beträgt im Sockelbereich ungefähr 3 m und verjüngt sich bis zur Wehrplattform auf 1 m. Der Turm ist fünf Geschosse hoch. Sämtliche Geschossbalkenlagen wurden bei der Sanierung 1938/39 entfernt, aber durch neue Balken an gleicher Stelle ersetzt.
Die Fassaden zeigen unterschiedliche Mauerzonen, was immer wieder zu Mutmaßungen geführt hat, der Turm sei mehrfach aufgestockt worden. Das Sockelgeschoss besteht aus großen Bruchsteinen und Findlingen. Ein Mauerrücksprung markiert den Wechsel zum ersten Obergeschoss. Der Übergang von diesem zum zweiten Obergeschoss wird durch einen Wechsel des verbauten Steinmaterials betont. Dieses besteht von hier bis zu den Zinnenansätzen aus bossierten Quadern aus Rauhwacke. Den Übergang vom zweiten zum dritten Obergeschoss markiert ein weiterer Rücksprung.
Auf der Ostseite liegt der rundbogige Hocheingang im ersten Obergeschoss. Die Balkenlöcher des Treppenpodestes wurden 1939 zur Veranschaulichung mit Balken versehen. In der Westmauer findet sich eine zweite Tür. Sie führte über einen Laubengang, dessen Balkenlöcher erhalten sind, in einen verschwundenen Latrinenanbau. Während die beiden darüberliegenden Geschosse mit je zwei Schlitzöffnungen nur spärlich erhellt wurden, war das vierte Obergeschoss mit drei symmetrisch angeordneten, rundbogigen Nischenfenstern mit Sitzbänken auf allen vier Turmseiten lichtdurchflutet. Zu vermuten ist, dass das jeweils mittlere größere Fenster mit einer Mittelstütze in eine Bifore unterteilt war.
Bei genauerer Analyse des Mauerwerks wird deutlich, dass alle vier Ecken des Turms von unten bis oben aus einem durchgehenden, gleich gestalteten Eckverband bestehen. Zusammen mit dem Mauergefüge, den beiden Rücksprüngen, die den Turm in drei ungefähr gleich hohe Abschnitte unterteilen, sowie den gleich gestalteten rundbogigen Öffnungen ergibt dies ein stimmiges Gesamtkonzept. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Turm in einer einzigen Bauphase entstand und nicht mehrfach aufgestockt wurde.
Es handelte sich um einen Wohnturm. Das erste Obergeschoss diente nicht nur als Eingangsgeschoss, sondern mit einer großen Koch- und Kaminnische mit integriertem Rauchkanal, Sitznischen mit Rundbogenöffnungen, Lichtnischen, verschließbaren Einbauschränken und der Latrine zudem als Wohnküche. Die beiden Geschosse darüber dürften als Vorrats- und Schlafkammern genutzt worden sein. Das helle vierte Obergeschoss hingegen war ein repräsentatives Wohngeschoss. Allerdings fehlen Spuren einer wohnlichen Wandverkleidung oder von anderen Innenausbauten. Möglicherweise verblieb der Raum im Rohbauzustand und wurde gar nie im geplanten Sinn bewohnt.
Die Wehrplattform trug ursprünglich entweder gar kein Dach oder eines, das hinter den Zinnen ansetzte. Beleg dafür sind die auf Bodenhöhe angelegten, querrechteckigen Ausgussöffnungen für das Ableiten von Regenwasser.
Der Turm lässt sich dank dendrochronologischen Analysen datieren: Sechs Hölzer aus dem originalen Mauerwerk, Gerüsthölzer sowie Verkleidungen von Wandnischen, teilweise mit Splint, konnten in die Zeit kurz nach 1241 datiert werden. Er ist damit ein halbes Jahrhundert jünger als von einem Großteil der Forschung vermutet.

Probenentnahmen: Dendroproben, Mörtelproben.
Datierung: typologisch; dendrochronologisch. Mittelalter
ADB, A. Baeriswyl.