LK 1068, 2621 776/1 265 550. Höhe 272 m.
Datum der Grabung: 28.6.-3.9.2021.
Bibliografie zur Fundstelle: JbAK 40, 2019, 91-94; 43, 2022 (im Druck).
Geplante Notgrabung (Neubauprojekt). Grösse der Grabung 1270 m².
Siedlung. Grab.

Die Stiftung Rinau Park baut in Kaiseraugst ein neues Altersheim. Der Neubau wird südlich des bestehenden Altersheims auf dem Areal der 1929 abgerissenen Zellulosefabrik errichtet. Bezogen auf die antike Topografie liegen die betroffenen Parzellen 306, 903, 904 und 1487 östlich des spätantiken Castrum Rauracense. Aufgrund der Aufschlüsse der Sondierung im Jahr 2018 (KA 2018.004) war bekannt, dass der Grossteil des projektierten Bauperimeters durch das ehemalige Fabrikareal gestört ist. Lediglich im Westen der Baugrube und im Bereich eines projektierten Sickerschachtes waren überhaupt römische Siedlungsbefunde zu erwarten. Deshalb ist dieser Bereich vorgängig zum Neubau während einer dreimonatigen Grabung archäologisch untersucht worden.
Im Norden der Grabungsfläche konnten zahlreiche Pfostenstellungen und ein Nord-Süd verlaufender Graben dokumentiert werden. Die Pfostenstellungen bilden mindestens eine Ost-West und eine Nord-Süd verlaufende Pfostenreihe. Es lassen sich zudem mehrere, parallel zueinander liegende Pfostenreihen ausmachen, so dass von einer Mehrphasigkeit auszugehen ist. Die Pfostengruppen waren bis zu einem halben Meter tief. Die Pfosten gehörten wahrscheinlich zu einem Zaun oder einer Art Palisade. Nördlich der Ost-West verlaufenden Reihen und somit bereits ausserhalb des umzäunten Areals sind drei Säuglinge bestattet worden. Während einer in einer einfachen Erdgrube vergraben worden war, waren die anderen beiden Neonaten in Hohlziegeln beigesetzt worden (Abb. 42).
Im Süden der Grabungsfläche konnte erneut ein bereits während der Sondierung im Jahr 2018 dokumentiertes Mauerfundament aus Geröll freigelegt werden. Da das Mauerfundament grösstenteils ausserhalb der Grabungsfläche lag und sein weiterer Verlauf deshalb nicht im Rahmen der Ausgrabung geklärt werden konnte, hat ein Team der Universität Brno (Tschechien) die Fläche geophysikalisch prospektiert. Dabei konnte die Fortsetzung der Mauer detektiert werden. Sie verläuft weiter gegen Norden und bildet dort zusammen mit einer Ost-West verlaufenden Mauer einen rechten Winkel. Die beiden Mauern gehören somit zu einem grossen Steinbau am Siedlungsrand.
Östlich dieses Gebäudes ist ein Nord-Süd verlaufender seichter Graben angeschnitten worden. Der Graben ist identisch orientiert wie das Gebäude und der Zaun. Möglicherweise diente er zur Entwässerung des Areals. Da das Gebäude, die Pfostenreihen und der Entwässerungsgraben identisch orientiert sind, ist zu vermuten, dass die Strukturen zusammengehören. Der Steinbau war offenbar von einem ausgedehnten Hofareal umgeben, das durch einen Zaun begrenzt wurde. Etwa 60 m weiter westlich ist in den 90er-Jahren eine ausgedehnte Hofanlage, das sogenannte Gehöft, ausgegraben worden. Die nun im Berichtsjahr aufgedeckten Strukturen könnten ebenfalls zu dieser Anlage gehören. Die Orientierungen der jeweiligen Mauerzüge stimmen zumindest überein.
Am Rand von römischen Siedlungen finden sich oft grosse Hofanlagen, die als Wechselstationen (mansio oder mutatio) interpretiert werden. Es ist durchaus vorstellbar, dass dieses «Gehöft» eine vergleichbare Funktion hatte. Ebenfalls diskutiert worden ist eine landwirtschaftliche Nutzung dieser Hofstadt. Das noch nicht bearbeitete Fundmaterial datiert vom 1. bis ins 2. Jh. n. Chr. Wenige spätrömische Münzen aus den Abbruch- bzw. Auflassungsschichten belegen eine Begehung des Areals noch bis in die Spätantike hinein.

Archäologische Funde: Bronze, Eisen, Keramik; im Römermuseum Augst.
Faunistisches Material: Tierknochen, unbestimmt; im Römermuseum Augst.
Anthropologisches Material: 3 Säuglingsbestattungen, noch unbestimmt.
Faunistisches Material: unbestimmt; im Römermuseum Augst.
Datierung: archäologisch. Frühe- bis mittlere Kaiserzeit; Spätantike.
KAAG, J. Baerlocher.