LK 1207, 2594 870/1 155 620. Höhe 960 m. Datum der Untersuchung: mehrere Einzeletappen 2019 und 2020. Bibliografie zur Fundstelle: Moser, A./Rothen, B./Bieri, W. (1987) Kirche Zweisimmen BE. Schweizerische Kunstführer GSK. Bern; Baeriswyl, A./Leibundgut, M. (2006) Fundbericht Zweisimmen BE, ehemaliges Beinhaus und Friedhofskapelle. JbAS 89, 291-292.

Geplante Bauuntersuchung (Fassadensanierung) Sakralbau. Die Sanierung der Nord- und Ostfassade wegen Feuchtigkeitsschäden war Anlass für eine bauarchäologische Untersuchung an dieser bisher nicht erforschten Kirche. Der Kirchenbezirk liegt erhöht am Südrand des Dorfes. Zum Gotteshaus gehören der ummauerte Kirchhof, das ehemalige Beinhaus, dendrochronologisch auf 1481 datiert, und das wohl ebenfalls aus dem späten 15. Jh. stammende Pfarrhaus. Die der Muttergottes geweihte Kirche, Zentrum einer großen Pfarrei, wird 1228 erstmals erwähnt. Bei der Entfernung des modernen Putzes an der Nordwand des Bauwerks von spätgotischem Gepräge zeigte sich, dass diese die noch komplett erhaltene Nordmauer einer älteren Kirche enthielt. Dieses Gotteshaus war weniger hoch und erstreckte sich weniger weit nach Westen als das heutige. Wenn man anlässlich einer Sanierung 1956/57 freigelegte Mauerfundamente als West- und Südmauern dieser ältesten gefassten Kirche interpretiert, kann man diese im Grundriss als langgestreckte Saalkirche rekonstruieren, deren rechteckiges Altarhaus außen Schiffbreite aufweist und im Inneren wenig eingezogen ist. In der Länge misst das Schiff rund 17 m und in der Breite 8 m, das Altarhaus ist 7 m lang und verjüngt sich gegen Osten auf eine Breite von rund 6 m. Dieses Altarhaus wies wahrscheinlich ein Tonnengewölbe auf, zumindest lassen sich wulstartige Vorsprünge auf der Innenseite der nördlichen Chormauer als zurückgearbeitete Gewölbeansätze deuten. Im Mauermörtel befand sich ein Stückchen Holzkohle - vermutlich von einem Balkengerüst -, das mit der Radiokarbonmethode in die Zeit zwischen 886 und 981 datiert werden konnte (BE-10585, 1123 ± 20 BP, cal. 2 sigma). Diese Kirche aus dem 9./10. Jh. wurde im 12. Jh. nach Westen verlängert und mit neuen Fenstern versehen. Zudem errichtete man an der Nordseite des Chors einen gut 6 × 2.5 m großen Raum, der als Grabkapelle oder Sakristei gedient haben dürfte. Die C14-Datierung von Gerüsthölzern im Mauerwerk der Westerweiterung verweist diesen in die Zeit zwischen 1039 und 1160 (BE-10584, 921 ± 20 BP, cal. 2 sigma). Gemäß dendrochronologischen Daten wurde der untere Teil des heutigen Glockenturms 1365 errichtet. Möglicherweise wurde damals auch das Kirchenschiff auf die heutige Breite erweitert. Ein Hinweis darauf liefert die C14-Datierung eines Hölzchens aus dem Mauermörtel der südlichen Schiffmauer, das in die Zeit zwischen 1307 und 1405 datiert wurde (BE-13397, 593 ± 17 BP, cal. 2 sigma). Weitere Umbauten erfuhr die Kirche im Laufe des 15. Jahrhunderts. Damals entstand der heutige Dachstuhl über dem Langhaus. Er konnte dendrochronologisch auf 1439 datiert werden. Ebenfalls in diese Zeit dürfte die Aufstockung des Glockenturms auf die heutige Höhe fallen. Gut fünfzig Jahre später wurde der Chor mit seinem merkwürdigen Polygonalabschluss gegen Süden in seiner heutigen Form errichtet und mit einem neuen Dachwerk versehen. Dies belegt die am südwestlichen Maßwerkfenster eingehauene Jahrzahl 1491. Die jüngeren Umbauten, weitgehend Fensterausbrüche, entstanden nach der Reformation. Probenentnahmen: Dendroproben, Mörtelproben, Holz- und Holzkohleproben für C14. Datierung: bauarchäologisch; typologisch; dendrochronologisch; C14; inschriftlich.

Mittelalter; Neuzeit. A D B, A. Baeriswyl.