LK 1155, 757090/214390. Höhe 472 m.
Datum der Grabung: 2.1.-6.3.1996.
Bibliographie der Fundstelle: JbHVFL 87, 1987, 172-221; 89, 1991, 182-185; U. Mayr, Archäologische Grabungen beim Amtshaus Balzers. In: Die Gemeinde Balzers orientiert, Juni 1996, 1721; U. Mayr, Das Areal Amtshaus in Balzers im Spiegel seiner Münzfunde. Grabung 1995/96; Liechtensteinischer Numismatischer Zirkel, Herbst 1996; JbSGUF 79, 1996, 249.
Geplante Notgrabung (Umbau des Amtshauses zu Bankfiliale). Grösse der Grabung ca. 550 m².
Siedlung.
1996 wurde die Grabung des letzten Jahres im Areal Amtshaus fortgeführt und Anfang März abgeschlossen. In den letzten Wochen der Grabungskampagne wurden zwei Räume eines römerzeitlichen Gebäudes fast vollständig und zwei weitere wegen der vorgegebenen Grabungsgrenzen nur partiell freigelegt werden. Die römischen Mauern weisen im Durchschnitt eine Mauerstärke von ca. 0.70 m auf und sind zumeist auf beiden Seiten mit einem sehr sorgfältig ausgeführten Pietra-rasa-Verputz mit horizontalem und vertikalem Fugenstrich versehen. Die erhaltene Höhe betrug 0.40-0.90 m. Aufgrund der Baufugen sind zumindest zwei Bauphasen unterscheidbar, wobei in der jüngeren ein Raum durch zwei eingestellte, ca. 0.50 m breite Mauern vom übrigen Komplex abgetrennt worden ist. Ausser den z. T. schon im Vorjahr freigelegten Mauerteilen wurde ein Stück eines massiven Mörtelbodens aufgedeckt. Hypokausten und Wandheizung sind nur indirekt durch die vorhandenen Ziegel zu erschliessen. Im Gebäudeinneren zeigt die Schichtabfolge, dass der römische Komplex nach dem Verlassen lange Zeit leer Stand dabei langsam verfiel und sich darüber eine Humusschicht anlagerte, bis diese im 12./13. Jh. von einer Rüfe verschüttet wurde.
Der Zeitdruck durch die Bauarbeiten und die zeitweilig sehr schlechten Grabungsbedingungen aufgrund des hohen Grundwasserspiegels erforderten als besondere Massnahme eine vollständige Schlämmung der römerzeitlichen Schichten und des nachrömerzeitlichen Humushorizontes, insgesamt ca. 3000 Säcke mit je 40 Litern Inhalt.
Archäologische Funde: Sowohl auf der regulären Grabung wie bei den Schlämmarbeiten konnte eine Vielzahl von Funden geborgen werden. Unter den zahlreichen TS-Fragmenten (Bearbeitung: V. Hasenbach) befindet sich eine fast vollständig erhaltene, helvetische Bildschüssel vom Typ Drag. 37 und ein Teller Drag. 32 mit dem Stempel des Töpfers Pompeianus, der möglicherweise in den Werkstätten von Lavoy in der 2. Hälfte des 2. Jh. gearbeitet hat. Auf der Unterseite des Tellers ist als Graffito der Name Silvinus eingeritzt. Der zeitliche Rahmen der TS bewegt sich vom Ende des 1. bis zum 4. Jh. Der Schwerpunkt liegt bei den ostgallisch-obergermanischen Werkstätten der 2. Hälfte des 2. und des 3. Jh.
Als besonders interessant erwiesen sich die Bruchstücke einer groben Keramik mit grau-braunem bis schwärzlichem Ton, der z. T. stark mit Quarz oder Feldspat gemagert ist. Die Fragmente weisen sehr unterschiedliche Randausbildungen auf. Sie kommen sowohl aus den römerzeitlichen Schichten wie aus dem nachrömerzeitlichen Humushorizont. Zwei Stücke zeigen einen deutlichen Bauchknick und erinnern in ihrer Form an frühmittelalterliche Keramik des fränkisch-bajuwarischen Raumes. Andere Exemplare könnten sowohl zu einer lokalen Ausprägung römischer wie auch hochmittelalterlicher Gebrauchskeramik gehören.
Insgesamt fanden sich 99 Münzen im Fundmaterial (Bestimmung: Hj. Brem). Sie datieren vom frühen 2. bis ins 4. Jh. (Schwerpunkt 260-360 n. Chr.). Einmalig ist die hybride Prägung einer Münze mit dem Bildnis der Faustina Maior an der Vorderseite und einer Reverslegende des Commodus (Bestimmung: M. Peter). Auch die Metallanalyse (A. Burkhardt) weist auf eine antike Fälschung hin, da die Legierung nur aus Kupfer, Zinn und Zink besteht.
Als herausragender Einzelfund ist ein goldener Fingerring mit einer weissen Chalzedon-Kamee zu nennen (Abb. 13). Der Stein ist als Medusenkopf geschnitten. Die Kamee in Form eines pausbäckigen Kopfes eines bronzenen Kinderfingerringes besteht aus blauer, opaker Glaspaste, die einen ungewöhnlich hohen Anteil von 30 % an Antimon enthält.
Ein Fussfragment einer Zwiebelknopffibel des Typs Keller 3B enthielt letzte Reste von farbigen Einlagen in den Kreisgruben. Als weitere Fibelformen kamen ein Exemplar einer Knie- und einer kräftig profilierten Fibel zum Vorschein.
Faunistisches Material: Die Mollusken werden von U. Schneppat bestimmt. Eine der gefundenen Flussmuschelarten (Unio crassus ssp.) zeigt, dass diese nicht, wie bisher angenommen, durch Fischbesatz in neuerer Zeit eingeschleppt wurde, sondern schon in der Römerzeit in den liechtensteinischen Gewässern heimisch war. Die zahlreichen Schneckensorten weisen darauf hin, das zur Römerzeit fast ähnliche Umweltbedingungen wie heute in Balzers herrschten, mit feuchten bis nassen Wiesen, Waldrändern und Hecken.
Die Tierknochen sind noch unbearbeitet.
Probenentnahmen: Die erste Durchsicht des botanischen Materials (M. Betrucci-Bauvaud) erbrachte eine Vielfalt an Getreidesorten wie Emmer, Dinkel, Nacktweizen, Gerste, Roggen, Hirse und möglicherweise auch Hafer. Weiters befanden sich Ackerbohnen, Linsen, Dill, Koriander sowie Wal- und Haselnüsse in den Proben.
Datierung: archäologisch; numismatisch. Streufunde des 2./1. Jh. v. Chr., römische Besiedlung vom Ende 1.-4.Jh., Streufunde des 5.-12. Jh., neuzeitliche Besiedlung vom 17.-19. Jh.
Liechtensteinische Landesverwaltung/Archäologie, U. Mayr.
Balzers FL, Areal Amtshaus, Parzellen 1382-1384
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Detail des Fundberichts
Gemeinde
Balzers
Kanton
fl
Ort
Areal Amtshaus, Parzellen 1382-1384
Koordinaten
E 2757090, N 1214390
Höhe
472 m
Signatur Fundstelle Kanton
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Signatur Ereignis Kanton
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Neue Fundstelle
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Probenentnahmen
Botanische Reste
Analysen
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Institution
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Datum der Fundmeldung
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Oberfläche (m2)
550 m2
Datum Beginn
02 Januar 1996
Datum Ende
06 März 1996
Datierungsmethoden
Numismatisch, Archäologisch
Autor*in
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Publikationsjahr
1997
Epoche
Römisches Reich
Art der Fundstelle
Siedlung
Art der Untersuchung
Ausgrabung (Rettungsgrabung)
Archäologische Funde
Keramik
Knochen
Andere
Botanische Funde
Samen, Früchte, Andere
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