LK 1195, 2759 783/1 190 837. Höhe 597 m.
Datum der Grabung: 3.5.-9.9.2021.
Bibliografie zur Fundstelle: Nielsen, E. (2002) Chur, Marsöl: eine spätpaläolithische Fundstelle im Bündner Rheintal, Jahresberichte des Archäologischen Dienstes Graubünden und der Denkmalpflege Graubünden 2002, 48-72; Heinzle, B./Casaulta, M. (2021) Chur GR, Sennhof. JbAS 104, 2021, 208-209; Janosa, M. (1992) Vom Holzhaus zur Weinschenke - Bauforschung am Hegisplatz in Chur. In: Archäologischer Dienst Graubünden (Hrsg.) Archäologie in Graubünden. Funde und Befunde. Festschrift zum 25jährigen Bestehen des Archäologischen Dienstes Graubünden, 365-370. Chur. Gaudenz, G. (1992) Spätbronzezeitliche Siedlungsreste in Chur, Sennhof und Karlihof. In: Archäologischer Dienst Graubünden (Hrsg.) Archäologie in Graubünden. Funde und Befunde. Festschrift zum 25jährigen Bestehen des Archäologischen Dienstes Graubünden, 71-75. Chur; Gaudenz, G. (1992) Die eisenzeitlichen Siedlungsreste in Chur, Sennhof/Karlihof. In: Archäologischer Dienst Graubünden (Hrsg.) Archäologie in Graubünden. Funde und Befunde. Festschrift zum 25jährigen Bestehen des Archäologischen Dienstes Graubünden, 114-117. Chur; Gaudenz, G. (1992) Das Gräberfeld auf dem Areal Karlihof/Sennhof in Chur. In: Archäologischer Dienst Graubünden (Hrsg.) Archäologie in Graubünden. Funde und Befunde. Festschrift zum 25jährigen Bestehen des Archäologischen Dienstes Graubünden, 196-200. Chur.
Geplante Notgrabung (Sanierung Werkleitungen). Grösse der Grabung ca. 620 m².
Siedlung. Grab.

Von Mai bis Oktober 2021 wurden in der Sennhofstrasse am Nordrand der Churer Altstadt Sanierungsarbeiten an der Kanalisation durchgeführt. Die Vielzahl an archäologischen Ereignissen im Umfeld der Sennhofstrasse machte eine archäologische Begleitung der Arbeiten notwendig.
Der Untersuchungsbereich erstreckte sich vom Karlihofplatz im Norden die Sennhofstrasse hangaufwärts in Richtung Südosten bis an den Fuss des Hofhügels. Der maschinelle Aushub erfolgte bis auf Bauniveau, das Hauptaugenmerk der archäologischen Dokumentationsarbeiten lag auf den Kanalisationsprofilen.
Im tiefer liegenden Norden und Westen des Untersuchungsbereiches stand unter dem bestehenden Pflaster bereits der Plessur Schotter an. Erste, durch moderne Eingriffe arg gestörte Befunde wurden im ansteigenden Strassenraum zwischen den Häusern Nr. 9-12 angetroffen. So konnten die Reste eines mehrphasigen mittelalterlichen Kellerabganges in das Haus Nr. 10 freigelegt werden. Auch zeigte sich, dass Haus Nr. 11 strassenseitig die mittelalterliche Stadtmauer als Fundament nutzt. Daran wurde im Zuge der Sanierung des Wehrwerkes im 16. Jh. ein in den Strassenraum ragendes Mauergeviert angesetzt. Die bis zu 1.1 m breiten Fundamentreste sprechen dafür, hierin den in historischen Stadtplänen abgebildeten Hegisturm zu identifizieren. Zudem konnte ein Mauerzug dokumentiert werden, der die Sennhofstrasse zwischen dem Sennhof und Haus Nr. 14 nordseitig begleitet und bis an die Nordostecke von Haus Nr. 12 reicht. Hierdurch ergibt sich die Situation, dass der Zugang zum Sennhof einst weiter westlich als heute zwischen den Häusern Nr. 11 und 12 lag und vermutlich vom Hegisturm gesichert wurde. Der untere Teil der heutigen Sennhofstrasse wäre demnach nur als Zufahrt für den Sennhof nutzbar, der obere, auf den Hofhügel führende Strassenteil hingegen nur über den Hegisplatz erreichbar gewesen.
Weitere, aufgrund des Mauerbildes (Bollensteine im Ährenverband) als hochmittelalterlich einzuschätzende Baubefunde waren im Fundamentbereich des Hauses Nr. 14 erhalten. Es handelt sich dabei um die Reste von zwei unterschiedlichen Gebäuden. Die auf Sicht gesetzten Mauern sprechen dafür, dass das zugehörige Ausseniveau rund 1.5 m unter der rezenten Oberfläche lag. Für eine Datierung ins Hochmittelalter spricht zudem, dass bei ihrer Errichtung zumindest ein Grab im Bereich der Nordostecke von Haus Nr. 14 teilweise gestört wurde. Eine C14-Datierung des Skelettes ergab eine Datierung von 702-885 n. Chr., die Grundmauern müssen entsprechend jünger sein.
Die mittelalterlichen Mauern reichen bis auf eine mehrphasige Schwemmschicht, die reichlich Ziegelfragmente enthielt. Darunter fanden sich auch zwei Bruchstücke römischer Leistenziegel sowie der Standring einer Terra Sigillata-Schüssel. Die Schicht mit den teilweise stark verschliffenen Funden dürfte im Zuge von Schwemmereignissen vom Hof hangabwärts transportiert worden sein. Jedenfalls überlagern sie ein durch prähistorische Funde, namentlich handgeformte Keramik und Hüttenlehmfragmente eines Blockbaus, gekennzeichnetes Schichtpaket. Mehrere im Profil erfasste Gruben, ein Spitzgraben sowie eine Feuerstelle bzw. ein Ofen legen eine Verbindung mit eisenzeitlichen Siedlungsbefunden in den Arealen Sennhof und Karlihof weiter nördlich nahe. Während die Radiokarbonanalyse für das Schichtpaket eine allgemeine Datierung in die ältere Eisenzeit ergab (733-394 v. Chr.), datiert zumindest eine der darin eingetieften Grubenstrukturen in die mittlere Latènezeit (388-206 v. Chr.)

Archäologische Funde: Gefässkeramik, Ziegelware.
Anthropologisches Material: eine Körperbestattung.
Faunistisches Material: Tierknochen.
Probenentnahmen: Sedimentproben, C14-Proben.
Datierung: archäologisch. Neuzeit; Mittelalter, Frühmittelalter; römisch/spätantik; Eisenzeit. - C14. BE-17133.1.1, 2392 ± 33 BP, 733-394 BC, cal. 2 sigma; BE-17133.1.1, 2244 ± 25 BP, 388-206 BC, cal. 2 sigma; BE-17133.1.1, 1223 ± 24 BP, 702-885 AD, cal. 2 sigma.
AD GR, Ch. Baur.