LK 1145, 2576 250/1 212 000. Höhe 428 m.
Datum der Grabung: Mitte Mai bis Ende November 2022.
Bibliografie zur Fundstelle: Hafner, A./Fischer, J./Francuz, J. (2009) Sutz-Lattrigen, Neue Station. Rettungsgrabungen 2008 in der von Erosion bedrohten Pfahlbausiedlung. ArchBE 2009, 110-113; Hafner, A./Fischer, J./Francuz, J. (2010) Abschluss der Rettungsgrabungen Neue Station und kommende Aufgaben. ArchBE 2010, 132-135; Suter, P. J. (2017) Um 2700 v. Chr. - Wandel und Kontinuität in den Ufersiedlungen am Bielersee. Band 1, 17-19 Bern; Winiger, J. (1989) Bestandesaufnahme der Bielerseestationen als Grundlage demographischer Theoriebildung. Band 1. Ufersiedlungen am Bielersee, 61-64. Bern.
Geplante Notgrabung (Gefährdung durch Erosion). Größe der Grabung ca. 1200 m².
Siedlung.

Die neolithische Ufersiedlung Sutz-Lattrigen, Neue Station wurde verhältnismässig spät Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckt. Seit der ersten Juragewässerkorrektion (1868-1892) und der damit verbundenen Seespiegelsenkung befindet sich der seeseitige Teil im Flachwasser und wird durch Windwellen sukzessive zerstört. Deshalb wurden zwischen 2006 und 2009 auf einer Fläche von knapp 6000 m² umfassende Rettungsgrabungen durchgeführt. Erste Analysen der Pfahlverteilung, Datierungen und Holzartenbestimmungen zeigten ein komplexes Gefüge zahlreicher, teilweise übereinanderliegender Siedlungen und Palisaden, die zwischen 3400 und 2700 v. Chr. datieren. Damals konnten eine größere Fläche inmitten des Pfahlfeldes sowie das nördliche Ende vor einem Kleinboothafen nicht abschliessend dokumentiert werden. Um diese Lücken zu vervollständigen wurden 2022 erneut taucharchäologische Ausgrabungen durchgeführt. Anlass dazu bot ein vom Schweizerischen Nationalfond gefördertes Forschungsprojekt, «MOVE: Mobility, Vulnerability and Resilience of Middle European Neolithic Societies at the end of the 4th millennium BC», das zurzeit am IAW der Universität Bern unter der Leitung von Prof. Dr. A. Hafner stattfindet und bei dem der Archäologische Dienst als Projektpartner fungiert. Die Erkenntnisse der aktuellen taucharchäologischen Ausgrabung fließen im Rahmen dieses Forschungsprojekts somit direkt in die Auswertung zu den neolithischen Siedlungsresten am Bielersee ein.
In den untersuchten 1200 m² blieben nur wenige solide Funde aus Keramik, Stein, Silex oder Knochen in einer Reduktionsschicht am Seegrund erhalten, selten zudem Artefakte aus Geweih, Knochen, pflanzlichen Textilien oder Rinde. Bei den knapp 650 beprobten Hölzern handelt es sich um Häuserpfähle sowie Palisadenelemente, die zwischen 2850 und 2842 v. Chr. datieren. Zwei über fünf Meter lange Konstruktionshölzer, die auf einer Seite in einer Gabel enden und deren andere Enden erodiert waren, wurden vor Ort fotogrammetrisch dokumentiert. Das besser erhaltene Stück wird in einer Chromstahlkiste unter der Tauchbasis in Sutz-Lattrigen zwischengelagert. Aus der Fundstelle sind nunmehr fünf Langhölzer mit Gabelende bekannt, die alle Schlagdaten um 2850 v. Chr. aufweisen.

Archäologische Funde: Stein- und Silexartefakte, Keramik, Knochen- und Geweihartefakte, organische Objekte.
Faunistisches Material: Knochen.
Probenentnahmen: Holz (Dendrochronologie), Kies und Steine (Petrologie), Sedimentproben (Botanik).
Datierung: archäologisch; dendrochronologisch. Neolithikum, 2850-2842 v. Chr.
A D B, L. Schärer.