LK 1047, 2611 342/1 267 368. Höhe 255 m
Datum der Grabung: Januar 2020 bis Dezember 2022 (wird voraussichtlich bis 2024 fortgesetzt)
Bibliografie zur Fundstelle: Matt, Ch. (1998) «mit maneger burc vil schone» - Turmbau in Basel? In: R. Ebersbach/A. R. Furger/K. Kob K. et al. (Hrsg.) Mille Fiori. Festschrift für Ludwig Berger zu seinem 65. Geburtstag. Forschungen in Augst 25, 303-311. Augst; Schmidig, R. (2021) 2020/22 Freie Strasse (A), Etappe 1. JberABBS 2020, 53-54; Schmidi, R./Savary, J. (2022) 2021/1 Freie Strasse (A), Etappe 2. JberABBS 2021, 54-56.
Geplante Notgrabung (Erneuerung von Werkleitungen und der Oberflächengestaltung, neue Fernwärme mit Hausanschlüssen). Grösse der Grabung ca. 3375 m² (bisher).
Siedlung. Gräber. Sonstiges.

Umfangreiche Bauarbeiten in der Freien Strasse und ihren Seitengassen haben eine enge Begleitung durch die Bodenforschung veranlasst. Während die Erneuerung der Elektro-, Gas- und Wasserleitungen in bestehenden Gräben stattfanden, wurden das 200 m lange Fernwärmetrassee sowie die dazugehörigen Schächte in unberührten Boden gelegt. In diesen meist 1.1 m breiten Gräben konnten über weite Strecken Abfolgen von Strassen, Gehniveaus und Nutzungshorizonten dokumentiert werden. Die ältesten davon datieren in die Spätantike, wobei stellenweise eine Kontinuität bis mindestens ins Spätmittelalter vorliegt. Hinweise auf den Verlauf der Strassen geben an einzelnen Stellen Reihen von Pfostenlöchern sowie ein zylinderförmiger Sandstein, der eine Abzweigung markieren könnte. Durch alle Phasen hinweg konnte intensive Aktivitäten von Gerberei (u. a. Hornzapfen, Glaskuchen) und Metallverarbeitung (Schlacke, Ofen mit Fliessschlacke) nachgewiesen werden.
Die hochmittelalterliche Bebauung ist durch mehrere Lehmböden und Staketenlöcher nachgewiesen, die sich teilweise zu Gebäude rekonstruieren lassen. Diese Holzbauten lagen alle in der unteren Hälfte der Freien Strasse und im Bereich des heutigen Marktplatzes. Bisher liess sich eines der Gebäude sicher ins 13. Jh. datieren. An der Freien Strasse 34 wurde zudem eine hochmittelalterliche Herdstelle in Zusammenhang mit einer Grube identifiziert.
In der Region Barfüssergasse/Kaufhausgasse kamen eine grosse Zahl an Mauerteilen und Tonplattenböden des Spitals «an den Schwellen» zum Vorschein. Das Gebäude wurde im 13. Jh. errichtet und 1843/44 abgerissen. Die entdeckten Aussenmauern entsprechen den auf der Grundlage des Plans von Matthäus Merian (1617) vermuteten Verläufen. Zwei Skelette, die an der Ecke Barfüssergasse/Freie Strasse lagen, stehen vermutlich mit dem nahegelegenen Spitalfriedhof in Zusammenhang. Ein spätmittelalterlich/neuzeitliches Dolensystem wurde auf der ganzen Strassenlänge aufgedeckt.
Da die Freie Strasse vor 1900 weniger breit war als heute, stiessen wir auf der ganzen Länge auf Keller und Fundamente der alten Bebauung. Die Mauerteile decken sich weitgehend mit dem 1862 angefertigten Katasterplan von Rudolf Falkner. Dabei trat häufig der Fall auf, dass auf einer ersten (wohl spätmittelalterlichen) Steinbauphase der Bau eines (wohl neuzeitlichen) Fensterschachts folgte. Manche Kellerböden waren aufwendig gestaltet: So wurden an der Freien Strasse 13 sorgfältig platzierte Gerölle mit einem Ziegelschrotmörtel übergossen, der später erneuert und zuletzt wohl im 19. Jh. mit einem gewöhnlichen Mörtelgussboden erhöht wurde.
Besonders hervorzuheben ist ein Gebäude am Marktplatz, das im 14. Jh. abgebrannt ist (Abb. 56). Dank der nachfolgenden Ausplanierung des Brandschuttes hat sich ein umfangreiches Fundinventar erhalten. Eine Gussform mit münzähnlichen Formen, ein Kettengeflecht sowie viele Metallbleche und -abfälle lassen vermuten, dass im Erdgeschoss des Gebäudes eine Metallwerkstatt angesiedelt war, die Verzierungsteile für Kleidung oder Rüstung produzierte. Während ein ganzes Geschirrset sowie verkohlte Bohnen Aspekte des Alltags der Bewohnerinnen und Bewohner rekonstruieren lassen, weisen zusätzlich ein Ofen mit glasierten Napfkacheln sowie ein Aquamanile in Form eines Raubtieres auf deren gehobenen Lebensstandard hin.
Zwei massive Fundamente bei der Einmündung des Münsterbergs und vor der Freien Strasse 2 könnten vom «Roten Türmlein» und vom «Weissen Turm» stammen, die nur schriftlich überliefert sind.

Archäologische Funde: Münzen, Buntmetall- und Eisenobjekte, Schlacke, Gussform (Knopfproduktion?), Glaskuchen, Lederfunde, Holzfunde, Geschirr- (u. a. Aquamanile), Ofen- und Baukeramik, Architekturfragmente.
Anthropologisches Material: 2 menschliche Skelette.
Faunistisches Material: Aufgelesene Tierknochen und Schlämmproben, Analyse noch ausstehend.
Probenentnahmen: 69 Holzkohle für C14-Datierungen, 6 verkohlte Holzbalken für Dendrochronologie, 43 Mikromorphologie, 1 Pollen-, 47 Botanik-, 26 Sediment-, 34 Mörtel-, 2 Steinbestimmungen.
Datierung: archäologisch; historisch. Spätrömisch, Früh-, Hochund Spätmittelalter; Neuzeit.
ABBS, R. Schmidig und J. Savary.