LK 1069, 645 570/265 425. Höhe 335 m.
Datum der Grabung: 22.5.-25.6.2014.
Ungeplante Notgrabung (Neubau).
Grösse der Grabung 500 m².
Siedlung.

Die Tonböden im Fricktal erweisen sich immer mehr als archäologische Fundgrube. Insbesondere in Hangfußlagen und auf den Schuttfächern kleinerer Bäche herrschten Sedimentationsbedingungen, die für die Entstehung und Erhaltung archäologischer Schichten günstig waren. An einer solchen Stelle wurden 2014 in Kaisten fünf Mehrfamilienhäuser erstellt. Der Bauperimeter betrug rund 2600 m², etwa 500 m² davon wurden archäologisch untersucht. Im übrigen Bereich wurden einige Flächen begleitend zu den Baggerarbeiten dokumentiert.
Die Stratigrafie übertraf die Erwartungen bei weitem. In Profilen von bis zu 5 m Höhe waren 18 Schichten erkennbar. Teils handelt es sich um Kolluvien, teils um Kalkschotter, der herbeigeschafft worden war, damit sich der Siedlungsboden bei Regenwetter nicht in einen Morast verwandelte. Mindestens sechs archäologische Schichten liegen im Wechsel mit den natürlichen Straten.
Im Mittelalter hatten sich auf dem Areal 1-1.5 m Sediment abgelagert. An der Unterkante dieser Schicht lagen vereinzelt frühmittelalterliche Funde. Darunter kam der Grundriss eines 9 × 12 m großen römischen Holzhauses zum Vorschein. Es handelte sich um einen Pfostenbau mit einem Kalkschotter-Boden. Er wurde durch einen geschotterten Weg erschlossen. Das spärliche Fundmaterial datiert in die 2. Hälfte des 1. Jh. Die Funktion des Baus ist noch unklar. Es handelt sich aber sicher um ein einzeln stehendes Haus, nicht um ein Nebengebäude auf dem Areal eines römischen Gutshofs.
Unter dem römischen Horizont lag ein 60-70 cm mächtiges, weitgehend natürliches Kolluvium, das nur durch einen schwach erkennbaren Siedlungshorizont unterteilt wurde. Einige Pfostengruben zeigen, dass hier auch damals ein Haus stand. An Funden liegen frühe Drehscheibenware der Zeit um 450 v. Chr. sowie eine Handvoll Schlacken vor; letztere belegen die Eisenverarbeitung vor Ort.
Die nächsttiefere Schicht war eine ca. 20 cm starke großflächige Schotterpackung mit einzelnen Pfostengruben. Im Ausgrabungsbereich wurde eine geschotterte Fläche freigelegt, vermutlich ein Hausstandort, der bogenförmig von einem Gräbchen eingefasst wurde. Im östlich anschließenden Profil sind zwei weitere geschotterte Flächen erkennbar, bei denen es sich ebenfalls um Haus- oder Hofplätze gehandelt haben könnte. Die erfassten Strukturen stammen vom Ende der späten Bronzezeit um 900/800 v. Chr.
Die massive spätbronzezeitliche Schotterung liegt direkt auf einer mittelbronzezeitlichen Kulturschicht. Einige Feuerstellen und Pfostenlöcher sowie geschotterte Teilflächen markieren den eigentlichen Siedlungsbereich. Hier fand sich vor allem kleinfragmentierte Keramik, aber auch eine Lochhalsnadel der Stufe BzB2. Weiter im Osten, d.h. talwärts, kam im Verlauf der Bauarbeiten überraschend ein Graben zum Vorschein. Er war mindestens teilweise künstlich angelegt worden und führte höchstens zeitweise Wasser, wie eine Feuerstelle auf der Sohle zeigt. Seine Verfüllung enthielt unter anderem zahlreiche Scherben von Vorratsgefäßen sowie zahlreiche Tierknochen, die dank der Einbettung in kalkhaltigen Lehm hervorragend erhalten sind.
Zwei noch ältere anthropogene Schichten mit Holzkohle und gebranntem Lehm liegen bis zu 4 m unter dem heutigen Terrain. Ihr Alter konnte aber bisher nicht bestimmt werden. Jungsteinzeitliche Steinbeile, die in der mittelbronzezeitlichen Schicht entdeckt wurden, zeigen aber, dass hier oder ganz in der Nähe ab etwa 4000 v. Chr. Menschen gesiedelt haben müssen.

Archäologische Funde: Keramik (Frühmittelalter, Römische Zeit, Frühlatènezeit, Spätbronzezeit, Mittelbronzezeit); Steinbeile (Jungsteinzeit); Bronzenadel (Mittelbronzezeit); Eisenschlacke (Frühlatènezeit).
Probenentnahmen: Holzkohle, Sedimentproben.
Datierung: archäologisch. Neolithikum; Mittel- und Spätbronzezeit; Frühlatènezeit; Römische Zeit; Frühmittelalter.
KA AG, Ch. Maise und D. Wälchli.