LK 1074, 735 865/261 805.
Höhe 505 m.
Datum der Bauuntersuchung: Februar bis Juni 2000.
Bibliographie zum Gebäude: A. Knoepfli/B. Sendner-Rieger, Bischofszell. Kunst - Kultur - Geschichte. Schweizer Kunstführer. Bern 1994; A. Knoepfli, Die Kunstdenkmäler des Kantons Thurgau 3. Bezirk Bischofszell, 70f.337f. Basel 1962.
Geplante Bauuntersuchung (Gebäudesanierung).
Städtische Siedlung, Wohnhaus.

Im Februar 2000 dokumentierten wir vor einer Sanierung den Dachstock einer Liegenschaft in der auf der südlichen Stadtmauer aufsitzenden Häuserzeile. Das Gebäude ist als eines der wenigen Häuser der Vorstadt von Bischofszell in einem modern wenig veränderten Bauzustand. Die im Tiefparterre sichtbaren Mauern - einen Keller besitzt das Haus nicht - stellen nach erster Beurteilung spätmittelalterlichen Bestand dar. Von den drei Wohngeschossen ist nur das Mittlere bewohnt; sie wurden bisher nicht untersucht. Das zum grösseren Teil mit Hohlziegeln gedeckte Dach überspannt einen langschmalen Grundriss von 21 × 8 m. Es ist als Satteldach mit stehendem Dachstuhl ausgebildet. Der First verläuft parallel zur Häuserzeile und zur Stadtmauer in OstWestrichtung. Die grosse Ausladung von mehr als 20 m bedingt eine beträchtliche Firsthöhe von rund 6 m über dem Dachboden sowie insgesamt fünf Ständerreihen. Dieser stehende Dachstuhl wurde im Jahr 1564 errichtet, was durch mehrere Dendrodaten belegt ist. Sämtliche ursprünglichen Elemente sind, besonders im oberen Bereich, russgeschwärzt und tragen teilweise Pechkrusten. Zu einer früheren Bauphase gehört eine durch das Dach von 1564 ersetzte Giebelwand an der Westseite des Dachstockes. Davon ist das ganze Gebälk mit Schwelle, beiden Sparren, den Wandständern sowie zwei Kehlbalken erhalten. Die Ausfachungen bestehen aus lehmverstrichenem Flechtwerk mit Haselruten. Diese ältere Wand ist ebenfalls russgeschwärzt und um rund 10° aus der Vertikalen nach Norden abgekippt, was entweder auf bauliche Mängel oder auf gassenseitige Setzungen des Untergrunds hindeutet. Unsicher ist, ob die Flechtwand ursprünglich zum westlichen Nachbarhaus gehörte oder zum hier untersuchten Gebäude. Auch am Fuss der Ostwand unseres Dachgeschosses fanden sich Reste einer identisch gearbeiteten Flechtwand, die hier allerdings später abgebrochen worden ist. Die dendrochronologischen Daten ergaben für die Westwand mit dem Jahr 1437 und für die Ostwand mit 1435 (ohne Waldkante) eine Entstehung im Zuge der gleichen Baumassnahmen im Bereich der Vorstadt. Die Länge der Flechtwände in der Nord-Süd-Richtung deuten auf ein weniger tiefes Gebäude hin, welches wohl 1564 in Fachwerktechnik nach Norden (in die Gerbergasse hinein) erweitert worden ist. Diese unvollständige Bauuntersuchung belegt in Bischofszell erstmals archäologisch das urkundlich überlieferte Datum von 1437 für den Wiederaufbau der zuvor nicht ummauerten und in den Appenzeller Kriegen abgebrochenen Vorstadt. Auch die Erweiterung des Gebäudes nach der Mitte des 16. Jh., bereits von Knoepfli festgestellt, lässt sich nun datieren.

Probenentnahme: Bohrkerne für Dendrodatierung (BfA Zürich, F. Walder).
Datierung: Dendrochronologisch; historisch. 1437; 1564.
Amt für Archäologie TG.