LK 1067, 2611398/1260139. Höhe 304 m.
Datum der Grabung: Oktober 2022 - März 2023.
Datum der Fundmeldung: 11.10.2022.
Bibliografie zur Fundstelle: JbAS 104, 2021, 222 f. (mit weiterführender Literatur); JbAS 105, 2022, 310. Archäologie Baselland, Jahresbericht 2021, 50-53.
Geplante Notgrabung (Bau von zwei Mehrfamilienhäusern mit Einstellhalle). Grösse der Grabung 1047 m².
Siedlung.

Die Archäologie Baselland führte im Herbst/Winter 2022/2023 eine weitere Notgrabung im Zentrum von Reinach BL durch, ausgelöst durch den Neubau von zwei Mehrfamilienhäusern mit Einstellhalle. Auf den umliegenden Parzellen sind aus Untersuchungen der letzten drei Jahrzehnte bereits umfangreiche Siedlungsreste vom Frühmittelalter bis in die Neuzeit bekannt. In den ungestörten Bereichen der zu überbauenden Parzelle setzten sich diese Befunde wie erwartet fort. Nebst Pfostengruben, die teilweise ebenerdigen Bauten zuzuordnen sind, kamen Spuren von 11 Grubenhäusern zum Vorschein, von denen fünf ungestört waren.
Eine erste Durchsicht des Fundmaterials datiert diese ins 10. bis beginnende 13. Jh. Funde der Merowinger- und Karolingerzeit sind selten (u. a. ein in geringen Resten erhaltenes Grubenhaus, evtl. 9. Jh.), trotz der zentralen Lage knapp 100 m südwestlich der Kirche St. Nikolaus, die vermutlich ebenfalls erst aus dem Hochmittelalter stammt. Nebst diversen neuzeitlichen Gruben markieren einige Fundamentreste Vorgängergebäude des nun abgebrochenen Bauernhauses an der Hauptstrasse 43.
Die Grubenhäuser konzentrierten sich auf einen 200 m² grossen Bereich im Westen der Parzelle, rund 50 m von der vermuteten Birstalstrasse entfernt, die durch das mittelalterliche Dorf führte. Es ist daher denkbar, dass sie ursprünglich in einem Hinterhofbereich hinter den grösseren ebenerdigen Wohnhäusern lagen. Aus den Verfüllungen barg das Grabungsteam neben umfangreichen Gefässkeramik- und Knochenfragmenten sowie Webgewichten zwei aussergewöhnliche Objekte: Eine Scheibenfibel aus Buntmetall mit im Grubenschmelzverfahren erzeugten Emaileinlagen aus der Zeit um 1000 n. Chr. (Abb. 65) und eine vollständige gelochte Jakobsmuschel, das Zeichen einer erfolgreich durchgeführten Pilgerreise nach Santiago de Compostela. Letztere stammt aus der Verfüllung des jüngsten Grubenhauses.
Vereinzelte römische Baukeramikfragmente in den Grubenhausverfüllungen deuten auf den Ursprung des mittelalterlichen Dorfes hin: Im Bereich vom westlichen Rand des Birstals bis hin zum modernen Ortskern lag der römische Gutshof Rinacum, der über die Römerzeit hinaus bewohnt blieb und dessen Name sich im heutigen Ortsnamen erhalten hat. Die genaue Lage und Ausdehnung dieser villa rustica bleiben allerdings bis auf weiteres noch im Dunkeln.

Archäologische Funde: Gefässkeramik, Metall, Glas (Hälfte eines «Glättglases»), Baukeramik, Schlacke, Stein, Hüttenlehm, Webgewichte. Faunistisches Material: Tierknochen (unbearbeitet), Muschel.
Probenentnahmen: C14, Erdproben, sedimentologische Proben; unbearbeitet.
Datierung: archäologisch. Mittelalter, hauptsächlich 10.-12. Jh.
Archäologie Baselland, R. Marti und J. von Wartburg.