LK 1090, 2657 970/1 242 255. Höhe 476m.
Datum der Grabung: 22.2.-2.6.2021.
Bekannte Fundstelle.
Geplante Notgrabung (7 Mehrfamilienhäuser mit 2 Tiefgaragen). Größe der Ausgrabung: Kontrollierte Fläche 6000 m², ausgegraben 1200 m².
Bronzezeitliche Siedlung, römische Straße.

An der Hinterdorfstrasse in Seengen wurden 2021 rund 6000 m² überbaut. Bei der Erschließung des Areals waren 2015 entlang der Parzellengrenze spätbronzezeitliche Befunde und frühmittelalterliche Gräber zum Vorschein gekommen (Grabung See.015.1).
Bei der Grabung See.020.3 (Oberdorfstrasse) war zudem in 100 m Entfernung unter bronzezeitlichen Baubefunden eine frühmesolithische, rund 9600 Jahre alte Feuerstelle zutage getreten.
Eine flächige Ausgrabung war an der Hinterdorfstrasse nicht möglich, es wurden aber alle Aushubarbeiten überwacht und die relevanten Befunde dokumentiert.
Das Gelände bildet heute einen flachen Südwesthang mit einem Gefälle von ca. 5 m auf 75 m Länge. Es wurden spätbronzezeitliche Befunde und eine römische Straße entdeckt.
Die römische Straße bezog sich schon fast auf das heutige Relief, dagegen war das Gelände in der Bronzezeit offenbar flacher.
Hangseitig liegen die bronzezeitlichen Befunde in 2-2.5 m Tiefe, talseitig dagegen direkt unter dem modernen Humus. Die römische Straße zeichnete sich als sieben Meter breite Steinpackung ab. Die Straße war einmal erneuert worden.
Es handelte sich um eine Nord-Süd orientierte, überregionale Verbindungsstraße vom Vicus Lenzburg in Richtung Innerschweiz. Auf der Grabungsfläche war ein Abzweig zu erkennen, der zur römischen Villa in Seengen führte.
Die Straße wurde talseitig von einem bis zu 1.5 m tiefen Graben begleitet. Dieser Graben diente auch zur Entwässerung des Geländes und als Bett für den Dorfbach, der parallel zur Straße nach Nordwesten floss.
Bei den bronzezeitlichen Befunden können zwei Bereiche unterschieden werden. Ganz im Osten wurde hangseitig ein Bereich mit einer Kulturschicht und einer Reihe von Pfostenlöchern dokumentiert. Dabei dürfte es sich um den Rand der Siedlung handeln, die bereits bei der Grabung See.020.3 im Oberdorf gefasst wurde. Auf dem größten Teil der Bauparzelle waren aber keine Schichten, sondern nur eingetiefte Befunde erhalten. Dazu gehörten drei rechteckige Feuergruben, wie sie für die Randbereiche spätbronzezeitlicher Siedlungen typisch sind.
Der Tätschbach, der heute entlang der nordwestlichen Parzellengrenze fließt, war in der Bronzezeit offenbar kanalisiert. Dafür sprechen die unnatürlich steilen Wände des Bachbetts, dessen Verfüllung auch bronzezeitliche Scherben enthielt.
Auch der von Süden über das Gelände fließende Dorfbach scheint vor der Römerzeit kanalisiert worden zu sein. Über 0,5 m hohe, fast senkrechte Wände zeigen, dass er künstlich übertieft wurde.
Zusammenfassend lassen sich die Befunde wie folgt interpretieren. Während der Bronzezeit lag hier der Randbereich einer Siedlung mit den typischen Befunden, wie sie aus niedrig gelegenen, peripheren Siedlungszonen der Bronzezeit vielfach bekannt sind. Die Funde sind noch nicht abschließend bewertet, es deutet sich aber an, dass es sich bei Seengen-Hinterdorf um eine Vorgängerin der Moorsiedlung auf der Halbinsel Riesi im Hallwilersee handeln könnte.
In der römischen Zeit verlief über die Parzelle eine bisher nicht bekannte Fernstraße Lenzburg-Innerschweiz mit einem Abzweig in Richtung Westen (Abb. 19).
Sowohl in der Bronzezeit als auch in der römischen Zeit scheint die Entwässerung des Geländes wichtig gewesen zu sein.
Während Drainagen und Entwässerungskanäle in der römischen Epoche geläufig sind, stellen die beiden vorrömischen Kanäle etwas Besonderes dar.

Archäologische Funde: Keramik, Eisen.
Faunistisches Material: Tierknochen, unbestimmt.
Probenentnahmen: C14-Proben, mikromorphologische Proben.
Datierung: archäologisch. Spätbronzezeit (HaA) und römische Epoche.
KAAG, D. Wälchli, M. Flück und Ch. Maise.