LK 1192, 692'645/191'035. Höhe 480 m.
Datum der Grabung: November/Dezember 2006.
Neue Fundstelle.
Ungeplante Notgrabung (Wohnhausbau). Grösse der Grabung ca. 400 m².
Burg.

Wegen älterer Hinweise (s.u.) erfolgte der Aushub für zwei Mehrfamilienhäuser unter archäologischer Begleitung. Die dabei entdeckten Mauerreste stellten sich als Reste eines Wohnturms vermutlich des 11. oder 12. Jh. heraus. Am Fuss der Mauern wurden zudem prähistorische Kulturschichten entdeckt. Da das Bauvorhaben eine Erhaltung der Mauern an Ort praktisch ausschliesst, hat der Urner Regierungsrat beschlossen, die Fundstelle sorgfältig aufnehmen und dokumentieren zu lassen.
Dass in Schattdorf im 13.Jh. mindestens ein Wohnturm gestanden haben muss, ist urkundlich belegt. Nach mündlichen, erst im 18 Jh. schriftlich festgehaltenen Überlieferungen hat schon im 11.Jh. ein solcher bestanden und als einziges Gebäude einen Bergsturz oder einen grossen Murgang überstanden. Allerdings konnte auch der von der Gemeinde Schattdorf bestellte Historiker Peter Moser bisher dieses Ereignis nicht belegen. Der Urner naturkundige Historiker Karl Franz Lusser hat den Turm 1836 als Turm Halbenstein noch beschrieben und in einer Zeichnung festgehalten. Nachdem 1885 die Überreste abgetragen worden waren, ist das Wissen über dessen Standort aber verloren gegangen.
Wegen Bauvorhaben im (untern) Hof an der Dorfbachstrasse hatte Thomas Bitterli 1986 dort Grabungen durchgeführt, ohne aber gesicherte Kenntnisse zu gewinnen. Unter anderem vermutete er, dass der Turm im (oberen) Hof, im Bereich der Schulhausstrasse gestanden haben könnte.
Die Abteilung Kulturpflege beantragte deshalb im September 2006 bei der Stellungnahme zum Bauvorhaben im Areal Mühlehof, die Aushubarbeiten durch einen/eine Archäologen/Archäologin begleiten zu lassen. Bereits in einem Sondierschnitt kam knapp unter dem Terrain eine Mauer zum Vorschein. Im Rahmen der Untersuchung wurde ein ganzes Mauergeviert von ca. 10 × 10 m und rund 1.6 m Stärke abgedeckt und teilweise freigelegt.
Da die Mauern grossteils in den Kellerbereich des einen Mehrfamilienhauses zu liegen kommen, können sie kaum erhalten werden. Deshalb beschloss der Urner Regierungsrat Anfang November, die Mauerreste sorgfältig freilegen und dokumentieren zu lassen. Unter- und innerhalb von Bauresten aus dem 19.Jh. (Haus oder Stall) wurden bis 2 m hoch erhaltene aufgehende Mauern eines Wohnturms freigelegt. Das aussen und innen sorgfältig aus behauenen Natursteinen aufgeführte Mauerwerk dürfte nach Ausweis seiner Machart älter sein als die bekannten Wohntürme in Bürglen, Seedorf oder Silenen. Es wird vorläufig in die Wende vom 11. zum 12.Jh. datiert. Funde sind sehr rar und bisher noch nicht ausgewertet; Steinraub ist offensichtlich.
Am Fuss des Turms und in Sondierschnitten kamen Reste älterer Kulturschichten zum Vorschein: Brandspuren, kleine Keramikresten, Fragment einer vermutlich eisenzeitlichen Metallfibel und einzelne Pfostengruben; die genaue Zeitstellung ist noch nicht gesichert.
Wer weiss, vielleicht helfen die Ergebnisse der weiteren Untersuchungen, mehr Licht in die Frühgeschichte von Uri zu bringen.

Faunistisches Material: Diverse Knochenfunde z. T. aus Feuerstellen.
Probenentnahmen: Holzkohle für C14-Datierung; Auswertung und Dokumentation folgt.
Datierung: archäologisch. Wende vom 11. zum 12.Jh.; prähistorisch (noch nicht datiert).
Amt für Kultur UR, Abt. Kulturpflege, J. Blunschi.