LK1208, 631 400/170 660. Höhe 567 m.
Datum der Grabung: 19.9.1994-24.3.1995.
Datum der Fundmeldung: April 1994.
Bibliographie zur Fundstelle: S. Ulrich-Bochsler und D. Gutscher, Die früh- bis hochmittelalterlichen Gräber von Unterseen, Obere Gasse 42. In: S. Ulrich-Bochsler, Büetigen-Köniz-Unterseen, Anthropologische Untersuchungen an früh- und hochmittelalterlichen Skeletten, 95-124 (mit Bibliographie). Bern 1994.
Geplante Notgrabung (Bauprojekt).
Grösse der Grabung ca. 800 m².
Siedlung. Grab.
Ein geplanter Hotelneubau mit Tiefgarage bedingte den Abbruch des 1862 erbauten Schulhauses, welches direkt neben dem 1855 abgebrochenen westlichen Stadteingang lag. Das projektierte Bauvolumen bezog auch den Bereich nördlich des Schulhauses mit ein, unter welchem sich im Frühmittelalter ein Gräberfeld befand. 9 Bestattungen aus dem oberen Bereich dieses Gräberfeldes wurden bereits 1986/87 bei der Grabung und Bauuntersuchung des Hauses Obere Gasse 42 freigelegt und sind mittels C14 zwischen 780-1187 (kalibriert) datiert. Danach war der Platz mit einer spätmittelalterlichen Häuserzeile, die 1903 durch einen Brand abging, überbaut.
Zusammenfassung der Grabungsbefunde (Abb. 36):
I Vorstädtische Strukturen (9.-12. Jh.) umfassen ein Gräberfeld mit 29 Bestattungen und zwei Brandgruben. Die Siedlung zur Nekropole wurde nicht erfasst. Eine Schwemmschicht deckte die Gräber vollständig zu. Die sattbraune Oberfläche weist darauf hin, dass sie später bewachsen war bzw. benutzt wurde. Eigentliche Siedlungsspuren fehlen.
II Stadtgründung (3. Viertel des 13. Jh.). Mit dem ausgehobenen Material des Stadt(mauer)grabens wurde der Bauplatz der Stadt planiert. Anschließend Bau der Stadtmauer, die auf einer Länge von 40 m erfasst wurde. In die noch offene Stadtmauergrube wurden Haus 1 und 2 an die Stadtmauer angebaut. Haus 1 besitzt ein Untergeschoss mit zwei Zugängen. Auffüllung der Stadtmauergrube.
III Stadtbauten (14. Jh.). Ebenfalls direkt an die Stadtmauer wurden die Häuser 3 und 4 gebaut. Ihre Fundamente sind jedoch in die aufgefüllte Stadtmauergrube eingetieft. Im Bereich gegen den Stadtplatz dürften sich holzgedeckte Werkplätze befunden haben. Dazwischen lag vermutlich ein Hofbereich.
IV Erb- und Parzellenteilungen (15./16. Jh.). Wohl im Zusammenhang mit Erbteilungen und darauf folgenden Umparzellierungen wurden in Haus 2 und 3 Trennmauern eingebaut (2 a / b, 3 a / b). Gegen den Stadtplatz hin «versteinerten» die ehemaligen Werkplätze und es entstanden die teilweise unterkellerten Vorderhäuser 2 c, 3 c, 3 d und 4 d.
V Umbauten (16./17. Jh.) brachten die Verlegung des Kellereinganges von Haus 3 c in den Osten. Errichtung eines Halbkellers in Haus 2b. Einbau der Schartenfenster (1600, dendrodatiert) in die Stadtmauer im Bereich des Kellergeschosses von Haus 1.
VI Schulhausbau (1862). Spätestens damit mussten Haus 1 und Haus 2a dem Schulhaus weichen.
VII Nach dem Brand der Häuserzeile von 1903 wurden die Häuser 2 b-4 b abgebrochen und deren Keller mit Schutt verfüllt.
Anthropologisches Material: 29 Bestattungen. Die derzeit laufenden anthropologischen Untersuchungen lassen bereits jetzt erkennen, dass sich die Verstorbenen problemlos ins Merkmalsbild der bereits publizierten eingliedern lassen. Darüber hinaus geben die Befunde und Beobachtungen nun tiefere Einblicke in die Bevölkerung von Unterseen und ihr Bestattungsbrauchtum. Das relativ ausgeglichene Verhältnis von Männern und Frauen sowie ein nahezu der Erwartung entsprechender Kinderanteil weisen auf eine normale Siedlungsgemeinschaft hin. Neugeborene und kleine Säuglinge fehlen allerdings; sie wurden offensichtlich anderswo begraben. Die ungünstige demographische Struktur und die hohe Krankheitsbelastung (erkennbar an verschiedenen Mangelerscheinungen und einer hohen Zahl von Frakturen) bestätigen, dass diese Menschen schwierigen Lebensbedingungen unterworfen waren. Das Gräberfeld von Unterseen nimmt im Hinblick auf Fragen der Subsistenzgrundlagen zur Zeit des ausgehenden Frühmittelalters wie auch in der Besiedlungsgeschichte des Berner Oberlandes einen wichtigen Stellenwert ein. Faunistisches Material: wenig.
Probenentnahmen: C14-, Dendro-, Mörtel- und Erdproben.
Archäologische Kleinfunde: Keramik, Glas, Münzen, Metall.
Datierung: archäologisch und naturwissenschaftlich.
ADB, R. Glatz und S. Ulrich-Bochsler.
Unterseen BE, Westabschluss
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Details of the chronicle
Municipality
Unterseen
Canton
BE
Location
Westabschluss
Coordinates
E 2631400, N 1170660
Elevation
567 m
Site reference number
--
Cantonal intervention number
--
New site
--
Sampling
wood/charcoal, geoarchaeological sediment sample
analyses
14C, dendrochronology
Institution
--
Discovery date
01 April 1994
Surface (m2)
800 m2
Start date
19 September 1994
End date
24 March 1995
Dating method
14C, dendrochronological
Author
--
Publication year
1996
Period
Middle Ages
Site type
settlement, funerary (tomb)
Type of intervention
--
Archaeological finds
ceramic, glass, metal (coins/medals), metal
bones
human skeletons
Botanical material
--
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