LK 1068, 2621 170/1 265 424. Höhe 269 m.
Datum der Grabung: 3.4.-21.4.2023.
Bibliografie zur Fundstelle: JbAK 41, 2020, 102-110; 43, 2022, 103-114; 45, 2024 (im Druck).
Sondierungen im Vorfeld eines Bauprojekts. Grösse der Grabung 82 m². Siedlung.

In Kaiseraugst ist in der Flur „Schürmatt“ auf den Parzellen 185, 186 und 758 der Neubau von drei Mehrfamilienhäusern mit gemeinsamer Tiefgarage und Unterkellerung geplant. Vom Bauprojekt werden grosse Teile der drei genannten Grundstücke tangiert. Die beiden grossen, unbebauten Parzellen 185 und 758 sind im Hinblick auf dieses Bauvorhaben bereits mehrfach archäologisch untersucht worden.
So wurde hier erstmals im Sommer 2019 mittels Geoelektrik, Magnetik und Radar geophysikalisch prospektiert. Dabei wurde auf der Parzelle 758 nordöstlich der Ärztestrasse eine Nordwest-Südost verlaufende Anomalie detektiert, die als Mauerbefund angesprochen worden ist. Daneben wurden im Bereich der Ärztestrasse auch strassenparallel verlaufende Anomalien festgestellt, die als mögliche antike Kanäle interpretiert worden sind. Im Frühjahr 2021 schliesslich wurden die geologischen Baugrundsondierungen auf beiden Parzellen archäologisch begleitet. Eine dabei im Norden der Parzelle 185 aufgedeckte, spätrömische Körperbestattung löste daraufhin eine Sondiergrabung zur Abklärung der Ausdehnung und Belegungsdichte dieses Bestattungsplatzes aus.
Im Frühjahr des Berichtsjahres wurde nun auch noch auf der Parzelle 758 sondiert. Dabei wurden zwei Schnitte angelegt: Einer rechtwinklig zur sogenannten Ärztestrasse und ein weiterer parallel zur Strasse. Mit ersterem sollte die Breite und Erhaltung der Strasse, mit letzterem die daran im Nordosten anstossende Bebauung untersucht werden. Zudem sind die beiden Schnitte so platziert worden, dass damit auch die geophysikalisch detektierten Anomalien überprüft werden konnten.
Die Ärztestrasse hat hier eine Breite von 7.8 m. Sie war ohne erkennbaren Unterbau auf einem sandigen Silt aufgekoffert worden. Dieser erste Strassenkoffer bestand aus verdichtetem Grobbis Mittelkies. Darauf hatte sich stellenweise noch ein jüngerer Kieskoffer erhalten. Mancherorts fehlte der Strassenbelag, was mit rezenten Störungen zu erklären ist. Im Südwesten wurde die Strasse durch eine Mauer begrenzt, von der sich lediglich noch das Fundament aus Muschelkalksteinen erhalten hatte. Diese Mauer liegt exakt in der Flucht eines 2018 weiter nördlich erfassten Mauerzugs. Dieser dürfte den strassenseitigen Abschluss der Portikus eines grösseren, in der Kreuzung der Ärzte- und Navalisstrasse errichteten Gebäudes gebildet haben.
An die Mauer angebaut, aber bereits im Strassenbereich gelegen, kam eine rechteckige 1.6 × 2.2 m grosse, aus trocken gesetzten Kalksteinen gebildete, schachtartige Struktur zum Vorschein. Sie war mit Kalk- und Buntsandsteinen, Ziegel- sowie Amphorenfragmenten verfüllt. Ihre Funktion muss offen bleiben. Denkbar wäre eine Interpretation als Sickerschacht zur Strassenentwässerung.
Im Nordosten wurde die Ärztestrasse durch eine Nordwest-Südost verlaufende Mauer begrenzt. Die Mauer war zweihäuptig, ihre Krone aufgewittert und durch jüngere Eingriffe gestört. Sie wurde anfänglich als einfache Portikusmauer angesprochen. Erst im weiteren Verlauf der Untersuchung stellte sich heraus, dass es eine noch 1.2 m hoch erhaltene Kellermauer war. Dieser Keller befand sich wohl einst in einem nordöstlich der Ärztestrasse gelegenen Gebäude. Im Nordwest-Südost orientierten, parallel zur Ärztestrasse angelegten Schnitt konnten spätantike und darunter kaiserzeitliche Horizonte dokumentiert werden.
Darunter wurde an einer Stelle der anstehende Fels erfasst. Darauf waren deutliche Abbauspuren zu erkennen. Offenbar wurde hier vor der Überbauung der anstehende Muschelkalk abgebaut, möglicherweise um Baumaterial für die Nordwestunterstadt zu gewinnen.

Archäologische Funde: Bronze, Eisen, Keramik, Knochen; im Römermuseum Augst.
Faunistisches Material: unbestimmt; im Römermuseum Augst.
Datierung: archäologisch. Frühe bis mittlere Kaiserzeit, Spätantike.
KAAG, J. Baerlocher.