LK 1090, 656.300 / 252.205. Höhe 400 m.
Datum der Grabung: 11.4.-16.7.2003.
Bibliografie zur Fundstelle: JbSGU 30, 1938, 113; 32, 1940/41, 139.
Geplante Notgrabung (Neubau Einfamilienhaus). Grösse der Grabung ca. 450 m².
Siedlung.
Bei Bodeneingriffen im Gebiet Lehmgrube/Römerweg in Möriken kamen in den vergangenen Jahrzehnten verschiedentlich Mauern, Ziegel und andere römerzeitliche Funde zum Vorschein, die auf einen hier befindlichen römischen Gutshof hinweisen. Es fand jedoch noch nie eine archäologische Ausgrabung statt.
Im Frühling 2003 machte der geplante Bau eines Einfamilienhauses eine archäologische Intervention notwendig. Am 11. April führte die Kantonsarchäologie zur Abklärung der Situation eine Sondierung durch. Bereits in geringer Tiefe stiess man auf Mauer- und Dachschutt und eine massive Mauer sowie einen gut erhaltenen Mörtelboden eines zweifellos römischen Gebäudes.
In der Folge wurde eine dreimonatige Ausgrabung durchgeführt und ein Teil des Herrenhauses eines Gutshofes und Spuren eines Vorgängerbaus freigelegt. Insgesamt wurden mehrere, nicht immer ganz einfach zu identifizierende, Bauphasen festgestellt (Abb. 31). Der erste Bau datiert anhand der Keramik (u.a. TS Drag. 29, Drag. 27, Drag. 24/25, TSI Drack 21) in die Mitte des 1. Jh. n. Chr. In die gleiche Zeit weisen ein Fragment einer Millefiori-Rippenschale.
Vom ersten Gebäude waren nur noch wenige Mauerfundamente, Mauergräbchen, Spuren einer Feuerstelle sowie ein unerwartet mächtiger Balkengraben, möglicherweise ein Element einer Terrassierung, vorhanden. Eine Rekonstruktion des ältesten Baus ist vorderhand nur bedingt möglich.
Vermutlich stellt der freigelegte Grundriss von mind. 11 x 6.5 m nur einen Teil des gesamten Gebäudes dar. Im späten 1. oder frühen 2. Jh. musste der erste Bau einem grösseren Haus weichen. Dabei wurde das alte Gebäude offensichtlich sorgfältig abgebrochen und das Baumaterial inklusive Dachziegel grösstenteils für den Neubau wiederverwendet. Der Neubau nahm die alten Baulinien nicht mehr auf, sondern wurde um 15° gedreht und mit der Front perfekt nach Süden ausgerichtet.
Während der Vorgängerbau direkt auf dem terrassierten anstehenden Boden stand, wurde für den Neubau eine massive, bis zu 50 cm mächtige Lehmplanie eingebracht, die das Gelände ausebnete und so die Errichtung eines grösseren Gebäudes ermöglichte. In dieser Planie befand sich eine mit Hohl- und Leistenziegeln gedeckte Drainageleitung zum Abführen des Hangwassers. In der Frontmauer des neuen Gebäudes wurde eine kleine Aussparung gelassen, durch die das Wasser abfliessen konnte.
Das neue Gebäude war deutlich grösser als sein Vorgänger. Da aber die Ausgrabungsfläche nur einen Ausschnitt von 19 x 9 m erfasste, können seine Gesamtmasse vorerst nur geschätzt werden: Aufgrund von früheren (nicht dokumentierten) Funden in den benachbarten Parzellen ist ein 40-50 m langer Bau zu vermuten. Zwei Pfostenlöcher 2 m vor der Frontmauer deuten auf eine hölzerne Porticus hin, denn für Standspuren des Baugerüsts sind sie zu weit von der Mauer entfernt.
Im Gebäudeinnern waren nur geringe Reste der Innenunterteilung fassbar, namentlich eine mit sterilem eingeschwemmtem Silt verfüllte Störung, die als Mauerraubgraben zu interpretieren ist. Wohl ebenfalls in Verbindung mit einer Innenunterteilung zu sehen sind mehrere kleine Mulden im Gebäudeinneren; sie zeugen von einer Pfostenstellung.
In der NW-Ecke der freigelegten Fläche wurden zwei aus massiven Tonplatten bestehende, ebenerdige Feuerstellen freigelegt. Die kleinere, rund 1.5 x 1.5 m messende wurde nach einigem Gebrauch teilweise abgebrochen und durch eine grössere von 4 m² Fläche ersetzt. Ebenfalls erwähnenswert sind die Reste eines kleinen Ofens (Backofen?). In der Kohle- und Ascheschicht unmittelbar neben den Feuerstellen fand sich neben Keramikfragmenten und Tierknochen (teilweise mit Schnittspuren) auch ein Sesterz der Lucilla (161-169 n. Chr.).
Das grosse Gebäude wurde mehrfach umgebaut. So wurde vor der Frontmauer ein Anbau oder eine Porticus errichtet und im Gebäudeinnern ein 3.5 x 3.6 m grosser Raum mit dem TerrazzoMörtelboden eingebaut, der offenbar mindestens einmal erneuert wurde. Sicher gleichzeitig mit dem Einbau des Raumes mit dem Terrazzo-Boden ist die Einrichtung eines kleinen, ursprünglich wohl mit Holz verkleideten Kellers nördlich davon. Interessant sind mehrere grosse behauene Kalksteinquader in der Frontmauer des Gebäudes. Ob es sich dabei um Reste einer Schwelle (einer mit dem Einbau des Raumes mit Mörtelboden verschlossenen Türe) oder eines Eckverbandes handelt, konnte nicht eindeutig geklärt werden, da der Befund unmittelbar an der Grabungsgrenze lag.
Ein 70-80 cm breiter Streifen unmittelbar nördlich der Südmauer innerhalb des Gebäudes lässt sich nur schwer interpretieren: Wurde hier die Gebäudefront zurückversetzt und durch eine leichtere (Holz/Fachwerk) Konstruktion ersetzt? Einige Pfostenlöcher im Gebäudeinnern, parallel zur Frontmauer, sowie entsprechende Steinkonzentrationen weisen vielleicht auf einen solchen Umbau hin.
Wie, weshalb und wann dies geschah, war nicht zu ergründen. Dem (finalen) Brand fiel offenbar das von dieser neuen Front begrenzte Gebäude zum Opfer. Einzig der Raum mit TerrazzoMörtelboden scheint entweder nicht gebrannt zu haben, oder er wurde nach dem Brand wieder in Stand gestellt und weiter bewohnt. Woher und aus welcher Bau- bzw. Umbauphase die im Brandschutt gefundenen Fragmente von Tubuli und Sockelsteinen stammen, ist unklar. Befunde, die auf eine Hypokaustanlage hinweisen, waren im untersuchten Gebäudeteil keine festzustellen.
Der Brandschutt sowie die Brandschicht lieferten in erster Linie Keramik des 3. Jh., darunter zahlreiche Becher mit Ratterband-Dekor (Niederbieber-Typen), TS-Becher mit Glasschliff-Imitation, 1 Fragment einer Schüssel Niederbieber 19 und einige wenige Fragmente von Sigillata mit Rädchenmuster (Chenet 324).
Erwähnenswert unter den übrigen Funden aus dem Dachschutt sind die abgebrochene Spitze eines Gladius, mehrere eiserne Schlüssel, Fragmente zweier Fibeln (davon 1 Spiralfibel) und mehrere Fragmente von Fensterglas. Ebenfalls aus dem Brandschutt stammt ein Denar von Caracalla (211-217) und ein unlesbares As (am ehesten 2. Jh.). Das Fundmaterial lässt den Brand des Gebäudes grob in die Mitte des 3. Jh. n. Chr. datieren. Für die Benutzung des Raumes mit Mörtelboden bis ins 4. Jh. spricht eine direkt auf dem Mörtelboden gefundene Münze Constantins I (Prägezeit um 320 n. Chr.).
Ebenfalls in die Spätantike weist die erwähnte Spiralfibel. In der Lehmplanie und im anstehenden Lehm unter den römischen Gebäuderesten kamen verschiedentlich Fragmente von spätbronzezeitlicher Keramik zum Vorschein. Dazu gehörende Befunde fehlen.
Archäologische Kleinfunde: römische Keramik, Eisen- und Bronzeobjekte, Glas (Gefässe und Fensterglas), Münzen, prähistorische Keramik. Probenentnahmen: Sediment aus diversen Befunden und Bauphasen, Holzkohle. Datierung: archäologisch. Erster Bauzustand Mitte 1. Jh.; zweiter Bauzustand 2.-4. Jh. KA AG, A. Schaer und R. Widmer.
Möriken-Wildegg AG, Möriken, Römerweg 1
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Details of the chronicle
Municipality
Möriken-Wildegg
Canton
AG
Location
Möriken, Römerweg 1
Coordinates
E 2656300, N 1252205
Elevation
400 m
Site reference number
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Cantonal intervention number
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New site
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Sampling
wood/charcoal, geoarchaeological sediment sample
analyses
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Institution
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Discovery date
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Surface (m2)
450 m2
Start date
11 April 2003
End date
16 July 2003
Dating method
archaeological
Author
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Publication year
2004
Period
Roman Empire, Bronze Age
Site type
settlement
Type of intervention
excavation (rescue excavation)
Archaeological finds
ceramic (container), metal, glass (container), metal (coins/medals)
bones
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Botanical material
wood/charcoal
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