LK 1075, 746 200/254 220. Höhe 675 m. Datum der Grabung: September-Dezember 2010.
Bibliografie zur Fundstelle: JbAS 92, 2009, 334; 93, 2010, 284. St. Galler Tagblatt 20.7.2010 und 30.9.2010. A. Hardegger/S. Schlatter/T. Schiess, Baudenkmäler der Stadt St. Gallen, 125. St. Gallen 1922.
Geplante Notgrabungen und Baubegleitung (Ersatz Betonmauer, Trasse neue Strasse, Neugestaltung südliche Altstadt). Baubegleitung: 450 m², Maschinen- und Handabtrag bis Projekttiefe.
Kloster. Stadt. Nahe dem Westeingang der Kathedrale wurde der letzte Abschnitt der 1567 erstellten und im Fundament ca. 2.2 m breiten Schiedmauer (Grenzmauer zwischen Kloster und Stadt nach der Reformation) freigelegt. Auf Höhe Nordteil Stiftsbibliothek muss sie an die damals bereits bestehende Klostermauer, erbaut von Ab Eglolf Blarer 1427-1442, stoßen. Dieser Anschluss ist zwar nicht erhalten, doch wurde die Fortsetzung der Klostermauer gefasst. Letztere verfügt über eine geringere Stärke von maximal 1.1 m. Aus den schriftlichen Quellen ist bekannt, dass hier die bestehende Klostermauer bei der Festlegung der Grenze von Kloster und Stadt nur auf 31 Fuß erhöht werden musste. Fortan wurden sowohl die neu erstellten Mauerabschnitte wie auch die aufgestockte Klostermauer gesamthaft «Schiedmauer» genannt. Im oberen Teil an der St. Georgenstraße ließen sich tatsächlich ein zweiphasiges Mauerstück nachweisen.
Ebenfalls nahe dem Westeingang der Kathedrale fand sich eine rechteckige Grube mit flacher Sohle von 7.5 m Durchmesser und 0.5 m Tiefe. Sie diente beim Neubau des barocken Klosters dem Löschen von Kalk (Sumpfkalk). Diverse frühmittelalterliche schmale (Wand?)Gräben, Streifenfundamente aus gesetzten Steinen, Mauern und Pfostengrubben sowie ein mit Brandschutt aufgefüllter Keller mit Bollensteinboden zeugen vom Klosterausbau zur Zeit der Hochblüte im 8./9.Jh. (C14).
Ferner fand sich eine Latrine mit quadratischem Grundriss, 3 m Seitenlänge und einer Tiefe von 3 m (unterhalb Projekttiefe mit Bohrgestänge erfasst). Im ausgegrabenen, oberen Teil lagen die Reste von Brettern, wohl einer Wandverschalung, überdeckt mit Brand- und Ofenschutt mit Becherkacheln des 13.Jh. Der obere Rand der Latrine wurde beim Brand eines Gebäudes, von welchem sich keine weiteren Spuren erhalten haben, verziegelt. So sind Brand- und Ofenschutt letzte Indizien für den hier abgegangenen Bau, welcher über beheizbare Räume verfügte. Welche Funktion dieses zum Kloster gehörige, doch wohl außerhalb der Klausur befindliche Haus hatte, lässt sich nicht ermitteln.
Herausragend ist die neue Erkenntnis, dass die Mehrzahl der bisher festgestellten Mauern und Wandfundamente von Bauten aus der Blütezeit des Klosters mit leichter Abweichung entweder Nord-Süd oder Ost-West ausgerichtet sind. Dasselbe gilt für die meisten zeitgleichen Befunde in den Gassen des Klosterviertels. Selbst die Gräber folgen dem festgestellten Schema. Vermutlich fassen wir darin ein vordefiniertes Raster, so wie es auf dem Klosterplan von 825 gezeigt wird. Analoges ist von anderen Benediktinerklöstern, z. B. Reichenau, bekannt. Offenbar wurde im Verlauf des Spätmittelalters dieses Bebauungsmuster aufgegeben. Vielleicht wurden in der Folge der Stadtbrände des 13.-15.Jh. die Neubauten den städtischen Bedürfnissen angepasst. Die frühneuzeitlichen Stadtansichten zeigen die neue Situation. Erst die barocken Klosterneubauten wurden wieder nach einem einheitlichen System errichtet, das aber nicht über die in der Reformationszeit verkleinerte Klosteranlage hinausgreift.
Nach der Auflösung des Klosters 1805 und dem Niederlegen der Schiedmauer zu Beginn des 19.Jh. markierten im Boden verlegte Sandsteinplatten und im südlichen Abschnitt ein schwaches Mäuerchen den Verlauf der neuen Grenze zwischen Stadt und Stiftsbezirk. Beide Grenzmarkierungen sind archäologisch nachgewiesen.
Probenentnahmen: Proben von verkohltem Material für C14-Datierung. Datierung: archäologisch; C14. Mittelalter; Neuzeit.
KA SG, E. Rigert, I. Ebneter, R. Meyer, A. Fässler und M.P. Schindler.
St. Gallen SG, Ostseite Gallusplatz, St. Georgenstrasse
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Detail des Fundberichts
Gemeinde
St. Gallen
Kanton
SG
Ort
Ostseite Gallusplatz, St. Georgenstrasse
Koordinaten
E 2746200, N 1254220
Höhe
675 m
Signatur Fundstelle Kanton
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Signatur Ereignis Kanton
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Neue Fundstelle
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Probenentnahmen
Holz/Holzkohle
Analysen
14C
Institution
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Datum der Fundmeldung
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Oberfläche (m2)
450 m2
Datum Beginn
01 September 2010
Datum Ende
31 Dezember 2010
Datierungsmethoden
14C, Archäologisch
Autor*in
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Publikationsjahr
2011
Epoche
Mittelalter
Art der Fundstelle
Siedlung (Stadt), Kult/religiös (Kloster)
Art der Untersuchung
Ausgrabung (Rettungsgrabung)
Archäologische Funde
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Knochen
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Botanische Funde
Holz/Holzkohle
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