LK 1134, 725 420/221 560. Höhe 427 m. Datum der Grabung: 18.4.-23.5.2008.
Bibliografie zur Fundstelle: M.P. Schindler, Das 1388 zerstörte Alt-Weesen: eine archäologische Fundgrube. Mittelalter - Moyen Age - Medioevo - Temp medieval 6, 2001, 1, 19-25; JbSGUF 87, 2004, 428f.; JbAS 90, 2007, 200; 91, 2008, 235f.
Geplante Notgrabung (Leitungsbau). Größe der Grabung ca. 120 m². Siedlung.

Für einen teilweise unterirdisch vorgetriebenen Regenwasserkanal wurde eine rund 9 × 13 m große Presswerkgrube erstellt. Dabei zeigte sich, dass unter der Teeroberfläche noch mit etlichen Resten des 1388 zerstörten Städtchens Alt-Weesen zu rechnen ist. Entgegen der anfangs gehegten Befürchtungen, dass die mittelalterlichen Befunde beim Bau des Parkplatzes zu stark beschädigt worden waren, ließ sich eine stellenweise noch bis zu 1 m intakte Stratigrafie nachweisen. Insgesamt wurden zwei aneinander gebaute Gebäude angeschnitten. Beide waren Nord-Süd ausgerichtet und standen damit rechtwinklig zur mittelalterlichen Stadtmauer, die 1994 in der westlichen Nachbarparzelle «Wismet» und nochmals 2008 (s. Mittelalter, Weesen SG, Höfenstrasse/Wismetstrasse) in der Fortsetzung des Meteorwasserkanals nach Norden gefasst wurde. Vom östlichen Gebäude wurden zwei Räume (SE- und NE-Raum) angeschnitten. Der südöstliche war aus fest vermörteltem Mauerwerk mit einem augenfälligen Zuschlag von rotem Fein- und Mittelkies (Verrucano) errichtet. Dieselbe Mauertechnik war 2006/07 an einem Gebäude in der östlichen Nachbarparzelle Rosengärten festgestellt worden. Hier wie dort dürfte es sich um mehrgeschossige Steinhäuser gehandelt haben. Der Raum wurde in seiner gesamten Ausdehnung erfasst (im Licht rund 11 × 8 m), auch wenn nicht der ganze Innenraum freigelegt werden konnte. Dieser war dreischiffig aufgebaut: ein Mittelgang, der im Süden mit einer großflächigen, stark verbrannten Feuerplatte (Herd?) ausgestattet war, wurde flankiert von zwei mittels auf Steinreihen aufsitzenden Fachwerk- oder Holzwänden abgetrennten Seitenräumen. Letztere wurden in der jüngsten Phase teilweise mit Mörtelböden ausgestattet. Bei einem älteren Umbau hatte man bereits der Westmauer innenseitig eine schmalere Mauer vorgeblendet. Der Grund für die Maßnahme bleibt einstweilen unklar (Stabilisierung, Einbau eines Zwischenbodens?). In der Verlängerung des Mittelgangs befand sich der Durchlass in den nördlich anschließenden NE-Raum, von welchem allerdings nur ein kleiner Ausschnitt untersucht werden konnte, so dass keine weiteren Aussagen zu seiner Ausgestaltung möglich sind. Der Durchgang selbst war von zwei rund 3 m frei in den SE-Raum hineinragenden Mauerwangen flankiert, die gleichartig auch in der Grabung Rosengärten aufgetreten waren. Ihre Funktion ist nicht geklärt. Sind diese Konstruktionen im Gebäudeinnern gleich zu deuten wie die mehrfach belegten, ähnlich vorgelagerten Türwangen an der Außenseite von mittelalterlichen Gebäuden, die als Unterbau für Treppe und Hocheingang dienten? Von dem westlichen Gebäude wurden ebenfalls zwei Räume (NW- und SW-Raum) angeschnitten, die gleichsam durch eine Tür mit vorgelagerten Mauerwangen verbunden waren. Der NW-Raum sowie der Durchgangsbereich zwischen den Mauerwangen waren mit einem gut erhaltenen Mörtelboden ausgestattet. Beim SW-Raum handelt es sich wohl (zumindest in einer ersten Phase) um einen Außenbereich (Hof). Zurzeit laufende mikromorphologische Untersuchungen sollen genauere Aussagen ermöglichen. Beim Aushub bis auf die Tiefe des geplanten Presswerks wurden rund 4 m mächtige Bachschüttungen festgestellt. Am untersten Punkt (423.20 m ü.M.) wurde der prähistorische Murgangschutt mit eingelagertem Baumstamm erreicht. Bereits nach Abschluss der Grabung brach beim weiteren Vortrieb der Leitungsrohre die südliche, unbefestigte Profilwand ein, was auf rund 1 m Breite archäologische Schichten unbeobachtet zerstörte.

Faunistisches Material: Tierknochen. Bearbeitung geplant. Probenentnahmen: Mörtel-, Holzkohleproben (Dendrochronologie, Holzarten; Labor für Dendrochronologie der Stadt Zürich), Archäobotanikproben, Mikromorphologieproben.
Datierung: archäologisch; historisch, Mittelalter 13./14. Jh. (vor 1388).
KA SG, V. Homberger und M.P. Schindler.