LK 1091, 2683 270/1247 170. Höhe 408 m.
Datum der Grabung: 23.2.-13.11.2015.
Bibliografie zur Fundstelle: E. Vogt, Zur Baugeschichte des Fraumünsters in Zürich. ZAK 19, 1959, 133-163; J. Schneider/D. Gutscher/H. Etter et al., Der Münsterhof in Zürich. Bericht über die Stadtkernforschungen 1977/78. SBKAM 9/10. Olten 1982; D. Wild, Bühne für Äbtissin und König. Der Zürcher Münsterhof um 1300. In: P. Niederhäuser/D. Wild (Hrsg.) Das Fraumünster in Zürich. Von der Königsabtei zur Stadtkirche. MAGZ 80, 2012, 105-119.
Geplante Notgrabung (Neubau/Sanierung Werkleitungen, neue Platzgestaltung). Grösse der Grabung 900 m².
Siedlung. Kirche/Kapelle. Gräber/Friedhof.
Seit den Grabungen von 1977-83 kennt man das archäologische Potential des Münsterhofs. Moderne Untersuchungen warfen neue Fragen auf, die es bei der Neugestaltung des Münsterhofs abzuklären galt. Der Bereich des heutigen Münsterhofs liegt erst seit dem 9. Jh. n. Chr. endgültig trocken. Zuvor stand er phasenweise unter Wasser und wurde dabei vom See, von der Limmat oder der Sihl geprägt. Während den Trockenphasen wurde das Gelände unterschiedlich genutzt. Die ältesten archäologischen Schichten auf dem Münsterhof sind Schotterablagerungen eines Nebenarms der Sihl. Kleinste Keramikfragmente daraus sind neolithisch oder bronzezeitlich zu datieren, zeitgleiche Befunde waren jedoch nicht zu beobachten. In ein Bodenniveau aus frührömischer Zeit wurde ein Brandschüttungsgrab des 1./2. Jh. n. Chr. eingetieft. Östlich davon verlief eine zweiphasige Strasse mit Karrengeleisen. Eine Grube mit viel Geschirrkeramik bezeugt eine Nutzung des Areals im 2./3. Jh. Die nächstjüngeren Siedlungsphasen datieren ins Frühmittelalter: Im zentralen Bereich des Münsterhofs fand sich ein Reduktionshorizont von ehemaligen Kulturschichten. Zahlreiche Glasfunde daraus lassen für das 7./8. Jh. auf einen Import aus fränkischem Gebiet schliessen. Gleichzeitig belegen eine Arbeitsgrube, Reste von Schmelztiegeln und Produktionsabfälle eine lokale Glasperlenherstellung. Funde aus der Verfüllung eines Grubenhauses mit Eckpfosten datieren ebenfalls ins 7./8. Jh. Darauf folgt mindestens eine jüngere Phase mit Pfostenbauten. Auch die frühesten gefassten Gräber datieren ins Frühmittelalter. Ein Mauergrab des späten 7. bis frühen 9. Jh. dürfte einem Angehörigen der Oberschicht vorbehalten gewesen sein. Die Kombination von hochgestellten Steinplatten und gemörteltem Mauerkranz stellt eine grabarchitektonische Eigenheit dar. Eine Schicht mit Abfall aus der Bearbeitung von Tuffsteinen, die das Mauergrab abdeckte, könnte vom Bau der ersten Steinkirche am Ort des heutigen Fraumünsters zeugen. Die Errichtung dieser ersten Steinkirche ist auf die königliche Stiftung durch Ludwig den Deutschen im Jahr 853 zurückzuführen. Die Kontinuität des Friedhofs ist spätestens ab diesem Zeitpunkt mit dem Kloster verknüpft. Zu letzterem gehört auch eine im 9. oder 10. Jh. auf einem Pfahlfundament erstellte Rundkapelle. Einzelne Gräber nehmen mit ihrer Ausrichtung Bezug auf diesen Bau. Spätestens seit dem Hochmittelalter wurde der Friedhof von einer Mauer eingefasst. Im späten 13. Jh. oder 14. Jh. erfolgte ein grösserer Bodenabtrag und der Teilabbruch der Umfassungsmauer. Die jüngere Umfassungsmauer wurde näher und parallel zur Nordfassade des Fraumünsters erstellt. Während auf der einen Seite bis ins frühe 17. Jh. bestattet wurde, zeugen Platzniveaus und Werkbuden auf der anderen Seite vom Wandel des Münsterhofs hin zu einer profanen Nutzung. Insgesamt wurden im Verlaufe der Grabungen rund 260 Körpergräber mit mindestens 285 Individuen sowie diverse Knochendepots dokumentiert. Im westlichen Bereich des Münsterhofs belegen Siedlungsreste eine Bebauung in Schwellbauweise, die vor die Wende zum 2. Jahrtausend zurückreicht und bis ins 13. Jh. Bestand hatte. Mehrere Strassenkoffer belegen Verkehrsachsen westlich der älteren Umfassungsmauer. Unklar ist noch, wie die Reste einer Bebauung im nordöstlichen Bereich des Münsterhofs zu deuten sind, vielleicht gehörten sie zu einer Toranlage in der älteren Umfassungsmauer des Friedhofs.
Archäologische Funde: Geschirr-, Ofen- und Baukeramik, Stein (Bauplastik, Lavezgefässe), Glas (Hohlglas, Perlen, Produktionsabfall), Bein, Metall (Münzen, Nägel, Hufeisen, Hufnägel), Schlacke, Holz (Särge), Leder, Textil.
Anthropologisches Material: Knochen von mehr als 285 Individuen.
Faunistisches Material: grosse Mengen Tierknochen u.a. aus hochmittelalterlichen Schichten.
Probenentnahmen: Holzproben; mikromorphologisch; archäobotanisch.
Datierung: archäologisch; dendrochronologisch; historisch; C14. Römische Zeit; Früh- bis Spätmittelalter; Neuzeit.
Amt für Städtebau der Stadt Zürich, Archäologie; ProSpect GmbH, Ch. Auf der Maur und P. Ohnsorg.
Zürich ZH, Münsterhof
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Detail des Fundberichts
Gemeinde
Zürich
Kanton
ZH
Ort
Münsterhof
Koordinaten
E 2683270, N 1247170
Höhe
408 m
Signatur Fundstelle Kanton
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Signatur Ereignis Kanton
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Neue Fundstelle
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Probenentnahmen
Holz/Holzkohle, Botanische Reste
Analysen
14C, Dendrochronologie, Mikromorphologie
Institution
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Datum der Fundmeldung
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Oberfläche (m2)
900 m2
Datum Beginn
23 Februar 2015
Datum Ende
13 November 2015
Datierungsmethoden
14C, Dendrochronologisch, Historisch, Archäologisch
Autor*in
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Publikationsjahr
2016
Epoche
Mittelalter, Römisches Reich, (Frühe) Neuzeit, Zeitgenössisch
Art der Fundstelle
Siedlung, Kult/religiös (religiöses Gebäude), Kult/religiös (Heiligtum), Bestattung (Begräbnisplatz), Bestattung (Gräbergruppe, unbestimmt), Bestattung (Grab)
Art der Untersuchung
Ausgrabung (Rettungsgrabung)
Archäologische Funde
Keramik (Gefäss), Stein (Gefäss), Glas (Gefäss), Metall (Münze(n)/Medaillen), Metall (Werkzeug), organisches Material (Holzobjekt), organisches Material (Kleidungsbestandteil), organisches Material (Textilien)
Knochen
vereinzelte tierische Knochen
Botanische Funde
Holz/Holzkohle, Andere