LK 1070, 658 300/259 150. Höhe 349 m.
Datum der Grabung: 3.4.-30.11.2006.
Bibliographie zur Fundstelle: Jber.GPV 1909/10, 4f.; 1911/12, 1; 2002, 44-46; ASA N.F. IX, 1907, 313; XII, 1910, 105-107; 215; XIV, 1912, 101-120: JbSGU 1, 1908, 83; 2, 1909, 102; 5, 1912, 181-183.
Geplante Notgrabung (Überbauung Vision Mitte). Grösse der Grabung ca. 2000 m².
Siedlung (vicus/canabae).

Das Grabungsgelände liegt im Westquartier der Zivilsiedlung zum Legionslager Vindonissa, ca. 40-90 m südlich der Ausfallstrasse nach Aventicum. Am Fuss des Windischer Plateaus, in einer bezogen auf das römische Gehniveau im Norden über 2 m tiefen Senke kamen neben wenigen Resten aus der mittleren Bronzezeit ein grosser Kalkbrennofen, sieben Töpferöfen, Reste von Schmiedehandwerk, mehrere Gruben, Pfosten- und Balkenspuren von Holzbauten sowie mindestens zwei Brandgräber zum Vorschein. Das römische Schichtpaket war z. T. nahezu vollständig erhalten, da sich im Mittelalter die Senke langsam mit eingeschwemmtem Lehm aufgefüllt hatte.
Die z. T. recht grossen, wohl mittelbronzezeitlichen Scherben lagen in einer länglichen Mulde unmittelbar unter den römischen Schichtresten. Die Vertiefung könnte als Balken- oder Pfostengräbchen zu interpretieren sein, denn in ihrer Verlängerung kam ein vielleicht dazugehörendes Pfostenloch zum Vorschein. In der weiteren Umgebung fanden sich Silexabsplisse sowie drei mit zersprungenen Hitzesteinen verfüllte Gruben.
Die Zeitstellung des Kalkbrennofens muss vorerst offen bleiben, eine Datierung mittels C14 ist indes in Arbeit.
Die Töpferöfen und die Schmiedeabfälle sind ins mittlere 1.Jh. n. Chr. zu datieren. Produziert wurden u.a. Krüge mit einfachem Kragenrand (Vind. 431), Schulterbecher und Töpfe (Vind. 73), Kochtöpfe (Vind. 27), Kochschüsseln (Vind. 39) und Kochplatten (Vind. 37). Vor allem die Kochschüsseln (caccabus) und Kochplatten sprechen dafür, dass die Töpfereien in erster Linie das Legionslager belieferten. Einige wenige Fehlbrände (Teller Drack 3, Schüsseln Drack 20 und Drack 21) sowie Tonscheiben mit zentralem Loch und Fragmente von gelochten Tonröhren weisen auf die Produktion von TS-Imitation in unmittelbarer Nähe hin. Von Unterständen oder Schuppen zum Schutz der Öfen fanden sich so gut wie keine Spuren, hingegen lassen sich im Gelände südlich der Öfen zahlreiche Pfostenlöcher und Wandgräbchen zu leichten Bauten ergänzen, deren zeitliche Stellung indes vorläufig offen bleibt. Das Gelände war offensichtlich durch Pfostenreihen und Gräbchen in verschiedene Bereiche oder Parzellen gegliedert.
Nach Auflassung des Töpferbezirks im späten 1.Jh. blieb das Gelände unüberbaut. Es kam allmählich ausserhalb des Siedlungsperimeters zu liegen, denn im Westteil, gut 60 m südlich der Ausfallstrasse nach Aventicum, kamen zwei Brandgräber - ein Urnengrab und ein Brandschüttungsgrab - zum Vorschein. Verbrannte Scherben aus dem Scheiterhaufenrückstand datieren diese frühestens ins mittlere 2.Jh.
Zahlreiche Münzen des 4.Jh. und eine Zwiebelknopffibel aus dem obersten Teil des römischen Schichtpakets belegen, dass das Gelände bis in diese Zeit regelmässig begangen wurde.
Die römischen Schichten wurden im Laufe der Zeit von eingeschwemmtem Lehm bis zu einem halben Meter hoch überdeckt. Darin lag ein Stachelsporn aus dem 8./9. Jh. Später, vielleicht in der frühen Neuzeit, scheint man die Hangkante mit Geröllen nach Norden vorverschoben und trocken gelegt zu haben.

Archäologische Kleinfunde: u.a. Ausschussware, Hammerschlag und Schmiedeschlacken, Münzen
Anthropologisches Material: Leichenbrand.
Faunistisches Material: Tierknochen, Mollusken.
Probenentnahmen: Erdproben; Sedimentproben; Proben für geomagnetische Messungen, Holzkohle für C14-Messung.
Datierung: archäologisch. Um 1500 v. Chr.; 1.-4. Jh. n. Chr.; 8./9. Jh.
KA AG, C. Schucany und H. Flück.