LK 1070, 2658840/1258945 (Mittelpunktkoordinate). Höhe 359.50-362.00 m (max. Stärke der Kulturschichten).
Datum der Grabung: Januar-Februar 2018.
Bibliografie zur Fundstelle: JbAS 101, 2018, 218f
Geplante Notgrabung (3. Etappe; Hausbau). Gesamtgröße der Grabung: 450 m².
Römische Zivilsiedlung (canabae legionis und nachfolgender vicus) südlich vor dem Legionslager Vindonissa.

Die im Spätsommer 2017 begonnene Notgrabung südlich der Windischer Zürcherstrasse wurde ohne größere Winterpause fortgesetzt und Ende Februar 2018 planmässig abgeschlossen. Die komplexe römerzeitliche Stratigrafie setzte, wie bereits im Vorjahr konstatiert, unmittelbar unter den modernen Hartbelägen ein und war in Resten auch noch unter der unterkellerten Liegenschaft aus dem frühen 19. Jh. vorhanden. Als wichtigstes Gliederungselement der Siedlungsstruktur wurde erneut eine Kiesstrasse erfasst, die von der "Umgehungsstrasse" entlang der südlichen Lagerfront nach Südwesten abzweigte.
Das Studium der Profile sowie eine erste sedimentologische Analyse lässt vermuten, dass diese Straße bereits ganz zu Beginn der römerzeitlichen Siedlungsaktivitäten, also bereits im frühen 1. Jh. n.Chr., angelegt worden war - möglicherweise in unmittelbarem Zusammenhang mit einem ersten großen Truppenlager in Vindonissa. Ein Spitzgraben der postulierten südwestlichen Lagerfront wurde im 2018 dokumentierten Grabungsfeld aber nicht festgestellt. Die gesuchte Umwehrung des frühen Lagers dürfte also noch weiter östlich als bislang vermutet verlaufen sein.
Bereits 2017 erfasste Holzbaubefunde wurden gegen Norden weiter untersucht. Dazu gehören mehrere große Abfallgruben von bis 1.5 m Tiefe, die mit viel Keramik verfüllt waren. Einen großen Teil der entsorgten Reste machen Amphorenscherben aus. Besonders hervorzuheben ist eine fast komplett vorhandene Amphore des Typs Dressel 20, die in zwei Teile zerlegt neben einem regelrechten Teppich aus Amphorenfragmenten entsorgt worden war und mit einem zweizeiligen Graffito versehen ist. In der ersten Zeile ist eine centuria des Licinius erwähnt - die erstmalige Nennung eines Zenturionen dieses Namens in Vindonissa.
Quer über die Grabungsfläche verlief eine Terrassierungsmauer, die im Norden in einem Gebäude endete, das nur an der Baugrubenkante baubegleitend untersucht wurde. Die unterste Verfüllungsstrate eines kleinen Raumes in der Ecke des Gebäudes enthielt u.a. einen vollständigen Knickwandtopf, drei Melonenperlen und zwei Bronzemünzen. Aufgrund erster mikromorphologischer Untersuchungsergebnisse ist eine Nutzung des Raumes als Latrine denkbar.
Ferner wurde der bereits 2017 freigelegte rechteckige Töpferofen längs geschnitten und die Konstruktionsweise dokumentiert. Die Aussenwände der Heizkammer bestanden aus ungebrannten Lehmziegeln, die zur Heizkammer hin zusätzlich mit Lehm verstrichen waren. Entlang der Längsachse der Heizkammer war eine Zungenmauer eingebaut. Auf ihr standen mehrere Bögen, welche als Stützen für die Lochtenne dienten.

Archäologische Funde: umfangreiches Siedlungsmaterial (Keramik, 60 Münzen, 8 Fibeln, Gemme, Amphore mit Graffito).
Faunistisches Material: bearbeitete Tierknochen.
Probenentnahmen: Schlämmproben; Sedimentproben; mikromorphologische Proben.
Datierung: archäologisch. frühes 1.-4. Jh. n.Chr.
K A A G, S. Streit und J. Trumm.