LK 1239bis, 2830 513/1 168 670. Höhe 1245 m.
Datum der Grabung: 27.5.-14.8.2020
Bibliografie zur Fundstelle: Goll, J./Exner, M./Hirsch, S. (2007) Müstair. Die mittelalterlichen Wandbilder. Zürich; Müller, I. (1978) Geschichte des Klosters Müstair. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Disentis; Rutishauser, H./Sennhauser, H. R./SennhauserGirard, M. (2003) Das Benediktinerinnenkloster St. Johann in Müstair. Schweizerischer Kunstführer, Band 733/734, Serie 74. Bern; Sennhauser, H. R. (Hrsg., 1996) Müstair, Kloster St. Johann, 1. Vorklösterliche Befunde. Veröffentlichungen des Instituts für Denkmalpflege an der ETH Zürich 16/1. Zürich; Neukom, H. (2019) Der Westhof im Kloster St. Johann in Müstair. Archäologische Befunde im Wirtschaftshof bis 1500. Müstair Studien Band 1. Regensburg; Goll, J. (Hrsg.)/Tscholl, E. (2019) Der Wirtschaftshof im Kloster St. Johann in Müstair. Der Baubestand des Westhofs bis heute. Müstair Studien Band 2. Regensburg.
Geplante Grabung (Strassenbau/Sanierung Werkleitungen). Grösse der Grabung ca. 880 m². Siedlung/Gräber.
Zwischen dem 27.5. und dem 14.8.2020 bot der Ausbau der H28c Ofenbergstrasse im Bereich der Via Prövis die Möglichkeit, in einer mehrwöchigen, baubegleitenden Untersuchung einen 6 m breiten und 130 m langen Streifen unmittelbar südlich ausserhalb des Klosters Müstair zu dokumentieren (Abb. 80). Dank verschiedener Hinweise von älteren archäologischen Massnahmen war in diesem wenig bekannten Gebiet mit der Aufdeckung vorklosterzeitlicher Strukturen zu rechnen.
Westlich der Heiligkreuzkapelle war durch die langjährigen Forschungen im Inneren des Klosters der Verlauf eines in der Frühzeit des Klosters errichteten Abwasserkanals bekannt. Die Fortsetzung dieses Kanals konnte unter der Kantonsstrasse freigelegt werden. Reste von Rundhölzern an den Seitenwänden und von Bohlen an der Basis des Wassergrabens zeugen von ehemaligen Holzeinbauten; Reparaturphasen sowie eine Aufhöhung der Grabensohle sprechen für eine lange, mehrphasige Nutzungsdauer. Die C14-Analyse von Resten der Holzverschalung datiert den Abwassergraben, der derzeit lediglich stratigraphisch der karolingischen Klosterphase zugewiesen wird, in die Zeit zwischen 650 und 875 n. Chr.
Am ältesten Bohlenboden aufliegend fand sich das Fragment eines Rohglasbarrens. Die frühmittelalterliche Glasverarbeitung ist für Müstair bereits bekannt. Das nun entdeckte Rohglas verdeutlicht, dass bereits in der Gründungsphase Glas vor Ort verarbeitet wurde.
Unweit des Grabens konnte eine seichte, 5 m breite Grube freigelegt werden, die im Westen von einer Steinsetzung begrenzt wurde. Diese sowie mehrere Pfostenlöcher und eine Holzkohleschicht an der Grubensohle, die zahlreiche Tierknochen - wohl Schlachtabfälle - barg, deuten auf einen Siedlungsbefund hin, der nach Analyse der Holzkohlereste zwischen 1023 und 1156 n. Chr. datiert.
Rätsel hinsichtlich ihrer Deutung gibt hingegen eine im Grundriss runde, 1 m tiefe und 2 m breite Grube auf. Ihre senkrecht abgestochenen Wände waren mit einem Mauerkranz aus Rollsteinen in Lehmbindung verkleidet, der Boden mit grossen Bruchsteinen ausgelegt. Das Grubeninnere war hohen Temperaturen ausgesetzt, davon zeugen rote Verfärbungen an Steinen und Lehmbinder; Brandschutt fand sich nicht. Unförmige Fragmente stark verziegelten Lehms aus der Grubenverfüllung sowie unweit davon einplanierte Bronzegussabfälle könnten auf eine Glockengussgrube hindeuten. Die Untersuchung von Holzkohlen vom Grubenboden ergaben eine Datierung von 888 bis 990 n. Chr.
Die Fundamente von zwei älteren, am Ostende des Klosters partiell erfassten Friedhofsmauern belegen eine Kontinuität der Ostgrenze des Klosters über die Jahrhunderte hinweg, wohingegen sich die Südgrenze offensichtlich wiederholt änderte.
Östlich dieses Bereichs konnten mächtige Aufschüttungen erfasst werden, die Brand- und Bauschutt enthielten. Das Fundmaterial datiert diese Planierschichten an das Ende des 15. bzw. in das frühe 16. Jh. Die Straten dürften in Folge des Schwabenkriegs von 1499 entstanden sein, als das Kloster teilweise niedergebrannt wurde. Schliesslich sei noch auf ein Holzkohleniveau hingewiesen, das im gesamten, dem Kloster und Friedhof unmittelbar vorgelagerten Grabungsbereich angetroffen wurde und das stratigrafisch älteste erfasste Niveau darstellt. Hierfür lieferte die C14-Datierung einen Zeitraum zwischen 3349 und 3100 v. Chr. Für dieses bislang älteste datierte Niveau in Müstair liegen jedoch keine Funde und Befunde vor.
Archäologische Funde: Holzkohle, Keramikfragmente (neuzeitlich), Ziegelfragmente, Metallfragmente.
Anthropologisches Material: Überreste von mehreren Bestattungen.
Faunistisches Material: Tierknochen.
Probenentnahmen: C14-Proben, Sedimentproben, Sedimentsäulen.
Datierung: archäologisch. Frühmittelalter bis Neuzeit - C14. BE-14762.1.1, 1296 ± 50 BP, 650-875 AD, cal. 2 sigma; BE-14763.1.1, 4725 ± 70 BP, 3635-3371 BC, cal. 2 sigma; BE-14764.1.1, 4505 ± 24 BP, 3349-3100 BC, cal. 2 sigma; BE-14765.1.1, 973 ± 22 BP, 1023-1156 AD, cal. 2 sigma; BE-14767.1.1, 1121 ± 22 BP, 888-990 AD, cal. 2 sigma; BE-14768.1.1, 675 ± 23 BP, 1279-1387 AD, cal. 2 sigma;
AD GR, Ch. Baur.
Val Müstair GR, Müstair, Kloster
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Detail des Fundberichts
Gemeinde
Val Müstair
Kanton
GR
Ort
Müstair, Kloster
Koordinaten
E 2830513, N 1168670
Höhe
1245 m
Signatur Fundstelle Kanton
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Signatur Ereignis Kanton
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Neue Fundstelle
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Probenentnahmen
Geoarchäologische Sedimentproben
Analysen
14C
Institution
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Datum der Fundmeldung
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Oberfläche (m2)
880 m2
Datum Beginn
27 Mai 2020
Datum Ende
14 August 2020
Datierungsmethoden
14C, Archäologisch
Autor*in
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Publikationsjahr
2021
Epoche
Mittelalter, Jungsteinzeit/Neolithikum
Art der Fundstelle
Siedlung, Bestattung (Gräbergruppe, unbestimmt), Bestattung (Grab)
Art der Untersuchung
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Archäologische Funde
organisches Material, Keramik, Keramik (architektonisches Element), Metall
Knochen
menschliche Skelette, vereinzelte tierische Knochen
Botanische Funde
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