LK1195, 2753462 / 1189325. Höhe 610 m.
Datum der Grabung: 2.10.-29.11.2019
Bibliografie zur Fundstelle: E. Poeschel, Die Kunstdenkmäler des Kantons Graubünden III, 14-30. Basel 1940; O. P. Clavadetscher/W. Meyer, Das Burgenbuch von Graubünden, 178. Zürich 1984.
Geplante Notgrabung (Restaurierung Kirche und Friedhof). Grösse der Grabung ca. 40 m².
Kirche. Siedlung. Friedhof.
Das Siedlungsgebiet der Gemeinde Domat/Ems, unweit von Chur und nahe am Zusammenfluss des Vorder- und Hinterrheins gelegen, wird von mehreren Tumas («Hügel») genannten Erhebungen geprägt, die allesamt Reste des frühholozänen Flimser Bergsturzes darstellen und in der Vergangenheit mit verschiedenen Baulichkeiten ausgestattet wurden. Auf der sog. Tuma Turera am nördlichen Dorfrand findet sich heute eine mehrgliedrige Gruppe von Sakralbauten mit einem Friedhof: Im Zentrum des ummauerten Hügelplateaus steht die spätgotisch erneuerte, urkundlich im 12. Jh. ersterwähnte Johanneskirche (Baselga da Sogn Gion Battista) samt Vorhof bzw. östlich angegliederter Kapelle der Schmerzhaften Muttergottes (17./18. Jh.), ergänzt durch das im Nordosten in die Kirchhofmauer integrierte Beinhaus aus dem späten 17. Jh. sowie eine mittlerweile entfernte Kapelle des Heiligen Grabes. Im Norden wird die markante, hier steiler abfallende Erhebung heute von der Autobahn A13 bzw. vom Rheinfluss begrenzt.
In der Literatur wird die Tuma Turera wiederholt auch als Wehranlage angesprochen und deren strategische Position bzw. kontrollierende Funktion mit der besonderen Lage am Zubringer zu den Bündner Alpenpässen (Lukmanier, Oberalp bzw. Splügen, S. Bernardino) begründet. Dementsprechend ist im Volksmund ein bereits bei früheren Arbeiten archäologisch partiell freigelegtes, zwischen der Kirche und dem Beinhaus liegendes Mauergeviert als «Römerturm» bekannt. Das Wissen um diesen im Boden verborgenen Turm sowie die hier für die nächsten Jahre geplanten Restaurierungen haben im Herbst 2019 die Möglichkeit geboten, in einer kleinflächigen Grabung nähere Informationen zu Ausmass, Alter und Zustand dieser Anlage zu erarbeiten. Bei den Untersuchungen zeigte sich tatsächlich ein 12 × 13 m messendes, turmartiges Gebäude von annähernd quadratischem Grundriss, dessen wehrhaftes Wesen die ca. 1.9 m starken und zweischalig ausgeführten Mauern unterstreichen (Abb. 47). Etwa zur Hälfte ist der Bau heute in das jüngere, nördlich anschliessende Beinhaus integriert, wobei die originalen Mauern hier bis zu 1.6 m hoch erhalten sind. Die Unterkante des Gebäudes konnte aus Sicherheitsgründen nicht erreicht werden, doch war im südlichen Aussenbereich ein gut verstrichener Mauermörtel und innen eine Art Vorfundament sichtbar. Es ist davon auszugehen, dass das freigelegte Innere den ursprünglich vielleicht mit einem Bretterboden ausgestatteten Keller darstellt; Hinweise auf eine Binnengliederung waren auf der kleinen Fläche nicht festzustellen.
In einer jüngeren Phase wurde der Zugang zum Turm offenbar verkleinert und ein dreistufiger Treppenabgang eingebaut. Datierende Funde fanden sich bedauerlicherweise keine, sodass die zeitliche Einordnung des Baus erst mit naturwissenschaftlichen Datierungen von im Mauermörtel eingeschlossenen Holzpartikeln möglich sein wird. Charakter, Material und Ausmass der Mauern sprechen derzeit aber am ehesten für eine Errichtung des turmartigen Bauwerks zwischen dem 9./10. und 12./13. Jh. Nach dessen Abgang wurde der vordere Bereich als Friedhof genutzt, auf und über der nördlichen Hälfte steht das heutige Beinhaus. Unter dem Dach dieses Beinhauses wurden, wahrscheinlich seit dem 17./18. Jahrhundert, tote Frühgeburten beigesetzt. Dieser aussergewöhnliche, im Volksglauben als Limbo/Limbus bekannte Aufenthaltsort und damit verbunden der Zustand der ohne Taufe verstorbenen Kinder sind Gegenstand weiterer archäologischer bzw. anthropologischer Untersuchungen.
Archäologische Funde: Eisenfunde, Spinnwirtel.
Anthropologisches Material: Menschliche Skelette.
Probenentnahmen: Holzkohle und Mörtelproben.
Datierung: archäologisch. Hochmittelalter (?).
AD GR, T. Reitmaier
Domat/Ems GR, Kirche Sogn Gion (Tuma Turera
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Détail de la chronique
Commune
Domat/Ems
Canton
GR
Lieu-dit
Kirche Sogn Gion (Tuma Turera
Coordonnées
E 2753462, N 1189325
Altitude
610 m
Numéro de site cantonal
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Numéro d'intervention cantonal
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Nouveau site
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Prélèvements
bois/charbon de bois, échantillons de sédiments géoarchéologiques
Analyses
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Institution
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Date de la découverte
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Surface (m2)
40 m2
Date de début
02 octobre 2019
Date de fin
29 novembre 2019
Méthode de datation
archéologique
Auteur.e
--
Année de publication
2020
Époques
Moyen Âge
Type de site
habitat, cultuel/religieux (édifice réligieux), cultuel/religieux (sanctuaire), funéraire (cimetière)
Type d'intervention
fouille (fouille de sauvetage/préventive)
Mobilier archéologique
métal
Os
squelettes humains
Matériel botanique
bois/charbon de bois
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