LK 1195, 753482 / 189225. Höhe 581 m
Datum der Grabung: 15.6.-18.9.2012.
Bibliografie zur Fundstelle: E. Poeschel, Die Kunstdenkmäler der Schweiz. Graubünden, Band III, 36. Basel 1940; Gemeinde Domat/Ems (Hrsg.) Dorfbuch Domat/Ems, 22-31. Chur 2005; M. Seifert, Domat/Ems, Crestas. Ur- und frühgeschichtliche Siedlungsreste. Jahresbericht des Archäologischen Dienstes Graubünden und der Kantonalen Denkmalpflege 1998, 28-35; J. Rageth, Spätbronzezeitliche Siedlungsreste aus Domat/Ems. Bündner Monatsblatt 9/10, 1985, 269-304.
Geplante Notgrabung (Abbruch Bauernhaus mit Stall, Neubau Mehrfamilienhaus). Grösse der Grabung 300 m².
Siedlung. Friedhof.

Am Südfuss des Kirchhügels von St. Johann fanden in den vergangenen 30 Jahren im Zusammenhang mit Bauvorhaben auf verschiedenen Grundstücken Ausgrabungen statt. Dabei wurden auf einem Areal von ca. 4 ha Siedlungsreste der Spätbronze-, der Eisenzeit und der römischen Epoche nachgewiesen. Der jüngeren Vergangenheit waren Mauerzüge von Gebäuden zuzuordnen, die für die Zeit vor dem 19. Jahrhundert ein anderes Überbauungsmuster als heute zeigten und die in den meisten Fällen Dorfbränden zum Opfer gefallen waren. Westlich der Hauptstraße Via Nova wurden 1984 im Haus Nr. 69 drei beigabenlose Gräber aufgedeckt. Sie werden mit dem Friedhof der Kapelle St. Maria Magdalena in Verbindung gebracht, die urkundlich im karolingischen Urbar von 831 erstmals erwähnt ist und 1734 während des Baus der neuen Pfarrkirche niedergelegt wurde. Die Lokalisierung der Kapelle jedoch ist bisher nicht gelungen. Im Frühjahr 2012 erhielt der AD GR Kenntnis vom geplanten Bauprojekt auf der nördlich anschließenden Parzelle 218, auf der nach dem Abbruch des bestehenden Wohnbaus und dem dazugehörenden Stall ein Mehrfamilienhaus errichtet werden sollte. Nachdem in den Sondagen im Hofareal Gräber angeschnitten worden waren, wurde mit der Bauherrschaft eine Frist von dreieinhalb Monaten für die vollständige Ausgrabung der auf einer Fläche von ca. 80 m² vermuteten Bestattungen und des Innern des Wohnbaus ausgehandelt. In dieser Zeit wurden im südlichen Teil der Parzelle gegen 200 Gräber freigelegt und dokumentiert. Das Areal diente über einen längeren Zeitraum als Friedhof. Die Toten, es handelt sich um Neugeborene, Kinder und Erwachsene, verteilten sich auf mehrere Lagen, tiefer liegende Bestattungen waren oft durch später angelegte Gräber gestört. Der Großteil der Beigesetzten war mit Blick nach Osten begraben worden, ein geringerer Anteil mit der Blickrichtung nach Norden. In der oberen Gräberschicht sind Särge anhand von Eisennägeln und fast vollständig vergangenen Holzresten belegt. In den unteren Lagen fehlen solche. Die ältesten Gräber weisen Einfassungen mit Steinen auf. C14-Datierungen von zwei Bestattungen der untersten und mittleren Gräberschicht geben mit Daten im 11. und 12. Jahrhundert erste Zeitmarken für die Belegung des Friedhofes. Dessen nördliche Begrenzung deckt sich mit der südlichen Mauerflucht des später erbauten Wohnbaus, eine Friedhofsmauer war jedoch nicht nachzuweisen. Im Westen und Osten war eine Begrenzung nicht ersichtlich. Nach der Aufgabe des Friedhofes kam es dort beim Bau von Ställen und Wohnhäusern zu Bodeneingriffen, welche die älteren Reste störten. In südlicher Richtung erschließt sich mit den auf der angrenzenden Parzelle aufgedeckten Gräbern ein Friedhof, der sich vermutlich bis zur angrenzenden Gebäudegruppe ausdehnt, wo auch der Standort der abgegangenen Kapelle angenommen wird. Obwohl die untersten Gräber bis in den anstehenden Rheinkies eingetieft waren, blieben zwischen und unter einzelnen Grabgruben Strukturen der römischen und spätbronzezeitlichen Besiedlung erhalten. Im Inneren des nördlichen Wohnbaus wurde die spätbronzezeitliche Kulturschicht festgestellt, die an mehreren Orten durch hochmittelalterliche oder neuzeitliche Gruben gestört war. Aus Zeitgründen war eine vollständige Untersuchung nicht möglich. Nach dem Abbruch der Bauten wurde im westlichen Teil das Kellergeschoss eines durch Brand zerstörten Hauses dokumentiert, das aufgrund der Mauertechnik ins Spätmittelalter oder in die frühe Neuzeit zu datieren ist.

Archäologische Funde: Keramik, Lavez, Metall, Münzen.
Anthropologisches Material: Skelette von ca. 200 Individuen.
Faunistisches Material: wenig.
Probenentnahmen: Holzkohle für C14-Datierung, Schlämmproben.
Datierung: archäologisch; C14. Hoch- und Spätmittelalter; Neuzeit.
AD GR, M. Seifert.