LK 1051, 687 637/277 927. Höhe 372 m.
Datum der Grabung: Beginn 5.7.2004, Untersuchung noch im Gang.
Bekannte Fundstelle.
Bibliografie zur Fundstelle: P. Nagy/St. Schreyer/A. Tiziani, Rheinau - eine Siedlungsgeschichte über 2000 Jahre. AS 27, 2004, 6-15 (weitere Literatur siehe dort).
Geplante Notgrabung (Einfamilienhausbau). Grösse der Grabung ca. 7000 m².
Spätkeltische und mittelalterliche Siedlung.

Die bisher grösste Grabungsfläche in Rheinau bietet die Gelegenheit, einen ausgedehnten und noch unbekannten Bereich des spätkeltischen Oppidums in der Unterstadt zu untersuchen, für den die geophysikalischen Messungen und die Luftbildprospektionen zahlreiche Strukturen andeuteten. Die spätkeltischen und mittelalterlichen Benutzungsschichten wurden zwar bei einer Geländeausebnung und Planierung abgetragen. Es fanden sich aber nebst einer reichhaltigen Abfallgrube mit Schlacht- und Hausratsabfällen drei weitere Gruben, deren Primärfunktion noch nicht gesichert ist. Verfüllt wurden sie mit Feuerstellenmaterial, einer riesigen Menge an Eisenschlacken und fragmentierten Düsenziegeln. Mindestens in zwei der drei Strukturen fand sich praktisch kein Knochenmaterial und nur wenig Keramik. Es handelt sich hier eindeutig um Abfallprodukte des Eisen bearbeitenden Handwerks. Im Weiteren wurde eine rund 3.5 × 3.5 m messende und noch rund 0.8 m tief erhaltene Grube ausgegraben, die entweder als Grubenhaus oder aber als Keller eines grösseren Gebäudekomplexes zu interpretieren ist. Als eigentliche Sensation der aktuellen Grabung darf ein schon im Luftbild erkanntes Grabenviereck mit Toranlage gelten (Abb. 14). Der Graben schliesst eine Fläche von mindestens 25 × 25 m ein, wobei die Ostseite ausserhalb der Grabungsfläche liegt und somit unbekannt bleibt. Trotz spärlicher Funde gelang es, den Graben und die im Südwesten liegende Toranlage ins 1. Jh. v.Chr. zu datieren. Die Datierung wird mit drei C14-Daten ergänzt, die jedoch weit auseinander liegen (ETH-29870: 2155 ± 50 BP; ETH29871: 2340 ± 50 BP; ETH-29872: 2260 ± 50 BP ). In der Innenfläche des Grabenvierecks wurden bisher keine gleichzeitigen Strukturen gefasst.
Dafür befindet sich in der Osthälfte der bis heute bekannten Innenfläche des Grabenvierecks ein mächtiger Pfostenbau. Das Gebäude ist ca. 19 m lang, die Breite bleibt offen. Zunächst waren die Ausgräber davon überzeugt, den ersten keltischen Pfostenbau in Rheinau gefasst zu haben. Drei C14-Daten weisen den Holzbau jedoch eindeutig ins frühe Hochmittelalter (ETH-
Im Weitern wurden betreffend der mittelalterlichen Stadtanlage bisher mindestens drei Keller dokumentiert, die im Verlauf des 12. und 13. Jh. aufgegeben wurden. Der kleinste Keller (2.2 × 2.8 m) war nicht mehr sehr tief erhalten, er enthielt jedoch den Rest einer Trockenmauer. Eine andere, 1.7 m tief erhaltene Vertiefung (3.2 × 3.6 m) ist eindeutig als Webkeller zu identifizieren: Es fanden sich in der Sohle die Standspuren eines horizontalen Webstuhls und die dazugehörige Trittgrube. Der Webkeller wurde im Verlauf des 13. Jh., als die Bevölkerung grösstenteils von der Unterstadt in die Rheinauer Oberstadt umgesiedelt wurde, mit Latrinen-, viel Schlacht- und Hausratabfall verfüllt. Die Primärfunktion des dritten und grössten Kellers (3.6 × 5 m) - wohl eher als Grubenhaus zu bezeichnen - ist noch ungewiss, da die Arbeiten noch im Gang sind. In der Verfüllung finden sich jedenfalls ganze Abschnitte von Fachwerkwänden (Fachwerklehm und verkohlte Ruten) noch in situ. Verschiedene weitere kleinere Gruben desselben Zeitraums sind bereits ausgegraben. Ob es sich nur um Abfallgruben handelt, ist zurzeit noch nicht klar.
Für das Bezirksgesangsfest in Rheinau 1897 wurde ein massiver Pfostenbau mit Ziegeldach auf der Heerenwis errichtet. Laut Protokoll des damaligen Baukomitees war die Festhütte 73 m lang und 28 m breit. Während der laufenden Grabung sind bereits diverse Pfostengruben zum Vorschein gekommen, die eine Rekonstruktion des Gebäudes ermöglichen werden. Weitere Pfostengruben eines zweiten ähnlich dimensionierten Pfostenbaus, könnten von einem Gebäude des Gesangsfests von 1921 stammen, das ebenfalls auf der Heerenwis gestanden haben soll.

Archäologische Kleinfunde: Gefässkeramik, Glas, Münzen, Metall, Schlacke, Bein, Bernstein, Baukeramik, Düsenziegel.
Faunistisches Material: Tierknochen.
Probenentnahmen: Holzkohle (C14), Erdmaterial (Botanik und Kleintiere).
Datierung: C14 (vgl. oben); archäologisch 1. Jh. v.Chr. und 12./13. Jh. n.Chr.
KA ZH, M. Roth.